Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45(7/08): 480-487
DOI: 10.1055/s-0030-1262477
Fachwissen Schmerztherapie
Topthema: Chronische Schmerzen nach Operationen
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Chronische Schmerzen nach Operationen – Pathophysiologie und prädisponierende Faktoren

Pathophysiology of chronic postoperative painCarla Nau
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 July 2010 (online)

Zusammenfassung

Chronische Schmerzen nach Operationen sind ein bedeutendes, aber weitgehend unerkanntes und unterschätztes Problem. Akuter postoperativer Schmerz kann als Initialphase einer durch Gewebe- und Nervenverletzung getriggerten extensiven nozizeptiven und psychologischen Kaskade angesehen werden. In deren Folge kommt es zu plastischen Veränderungen in allen Abschnitten des nozizeptiven Systems, die zu einer veränderten Schmerzwahrnehmung führen. Chronische postoperative Schmerzen ähneln häufig neuropathischen Schmerzen, gelegentlich sind sie allerdings auch auf chronisch-entzündliche Prozesse zurückzuführen. Die ätiologische Unterscheidung ist essenziell für die Behandlung. Sowohl das Ausmaß postoperativer Schmerzen als auch die Wahrscheinlichkeit für den Übergang in chronische Schmerzen wird durch präoperative, intraoperative und postoperative Faktoren beeinflusst. Um die Rolle aller potenziell relevanten Determinanten und Modulatoren der postoperativen Schmerzverarbeitung zu identifizieren und wirkungsvolle Strategien zur Prävention und Therapie chronischer postoperativer Schmerzen zu entwickeln, sind gut kontrollierte prospektive klinische Studien mit Erfassung aller Risikofaktoren und prozedurenspezifischen Aspekte dringend notwendig.

Abstract

Chronic postoperative pain is a most serious, unrecognized problem. Acute postoperative pain can be viewed as the initial step of an extensive, persistent nociceptive and behavioural cascade triggered by tissue and nerve injury. As a result, neuronal plasticity in all parts of the nociceptive system leads to an increase in pain perception. In most patients, chronic postoperative pain resembles neuropathic pain, occasionally however, pain is caused by continuous inflammatory responses. Identification of the etiology of pain is essential for its successful treatment. Both postoperative pain and the risk for the development of chronic postoperative pain are determined by preoperative, intraoperative, and postoperative factors. To identify the contribution of relevant determinants and modulators of postoperative pain, large prospective controlled clinical studies are urgently required that include measurement and documentation of all risk factors and procedure-specific aspects.

Kernaussagen

  • Chronische postoperative Schmerzen ähneln häufig neuropathischen Schmerzen, gelegentlich sind sie allerdings auch auf chronisch entzündliche Prozesse zurückzuführen.

  • Das nozizeptive System kann vereinfacht in die Stationen eingeteilt werden, in denen die Neurone der nozizeptiven Bahn liegen:

    1. Nozizeptoren

    2. Hinterhorn des Rückenmarks

    3. Thalamus

    4. somatosensorischer Kortex

  • In allen Abschnitten des nozizeptiven Systems kann es als Folge von Gewebe- und Nervenverletzungen zu plastischen Veränderungen kommen, die zu einer veränderten Schmerzwahrnehmung führen.

  • Der komplexe Sinneseindruck Schmerz ist multidimensional, aber auflösbar in 3 Teilaspekte:

    • sensorisch-diskriminativ

    • affektiv-motivational

    • kognitiv

  • Die Schmerzensibilisierung ist die Folge früher posttranslationaler Veränderungen und später transkriptionsabhängiger Veränderungen in Effektorgenen.

  • Nervenverletzungen können durch den Untergang von Neuronen zu irreversiblen Veränderungen führen.

Weiteres Material zum Artikel

Literaturverzeichnis

Prof. Dr. med. Carla Nau

Email: Carla.Nau@kfa.imed.uni-erlangen.de