Dialyse aktuell 2010; 14(7): 410-412
DOI: 10.1055/s-0030-1267327
Forum der Industrie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

C.E.R.A.: Neue Ergebnisse zur ESA-Therapie – Effektive Korrektur und langfristige Stabilität der Hb-Werte

Further Information

Publication History

Publication Date:
20 September 2010 (online)

 
Table of Contents

Die chronische Niereninsuffizienz (CKD: "chronic kidney disease") hat weltweit eine hohe Prävalenz. Die renale Anämie tritt in der Regel erstmals bei Patienten im CKD-Stadium 3 auf, wenn die eGFR ("estimated glomerular filtration rate") unter 60 ml/min/1,73 m2 fällt. Sie ist mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität assoziiert [1], erklärte Prof. Michéle Kessler, Nancy (Frankreich), auf dem ERA-EDTA/DGfN-Kongress in München. Die Einführung von ESA ("Erythropoiesis Stimulating Agents") war für die Morbidität, die Mortalität und das Management der Anämie sehr hilfreich.

#

C.E.R.A. bietet zahlreiche Vorteile

Eines der dringendsten Probleme bleibt bei chronisch niereninsuffizienten Patienten, die noch nicht dialysepflichtig sind, die renale Anämie, betonte Kessler. Denn deren Hb-Wert (Hb: Hämoglobin) liegt oft unter dem empfohlenen Zielbereich von 11-12 g/dl [2], [3]. Der zurückhaltende Gebrauch von ESA bei diesen Patienten könnte mit der notwendigen häufigen Anwendung der kurzwirksamen Medikamente und deren Einfluss auf die Patientencompliance zusammenhängen. Methoxypolyethylenglykol-Epoetin beta (C.E.R.A.: "continuous erythropoetin receptor activator"; MIRCERA®) könnte das Anämiemanagement bei nicht dialysepflichtigen CKD-Patienten erleichtern und zu einem frühzeitigeren Therapiebeginn ermuntern: Das Medikament erlaubt monatliche Dosierungsintervalle, bereitet den Patienten weniger Schmerzen bei der Injektion und erfordert weniger Applikationen pro Jahr [2].

Wie die ARCTOS[1]-Studie [3] zeigen konnte, korrigiert C.E.R.A. die Anämie bei niereninsuffizienten Prädialysepatienten, die noch kein ESA erhalten haben, und erhöht den Hb-Wert gleichmäßig und stetig bei einer Dosis alle 2 Wochen, erläuterte Kessler. Die "ARCTOS-extension-study" demonstrierte die Langzeitsicherheit von C.E.R.A.: Eine 1-mal monatliche Gabe hält den Hb-Wert auch in der Erhaltungsphase im angestrebten Bereich [2].

#

CORDATUS-Studie: C.E.R.A. korrigiert effizient und sicher

Mit der Phase-III-Studie CORDATUS[2] wurde die Möglichkeit untersucht, die Anämie effektiv mit der 1-mal monatlichen s.c.-Gabe von C.E.R.A. zu korrigieren [4]. Die erwachsenen Studienteilnehmer im CKD-Stadium 3/4 hatten zu Beginn eine Hb-Konzentration von weniger als 10,5 g/dl (Abb. [1]). Insgesamt 307 Patienten wurden randomisiert und auf den primären Endpunkt "Hb-Response-Rate" überprüft. Wie die Studienergebnisse zeigen, korrigiert C.E.R.A. die Anämie effektiv: 94,1 % der C.E.R.A.-Gruppe und 93,5 % der Darbepoetin-alfa-Gruppe erfüllten das Response-Kriterium. Die Veränderung des Hb-Ausgangswerts war 1,62 g/dl bei C.E.R.A. und 1,66 g/dl bei Darbepoetin alfa. Der primäre Endpunkt wurde erreicht.

Zoom Image

Abb. 1 Hb-Werte über die Zeit bei der Applikation von C.E.R.A. (1-mal monatlich) im Vergleich zu Darbepoetin alfa (wöchentlich/alle 2 Wochen).

Die Analyse der sekundären Endpunkte ergab, dass C.E.R.A.-Patienten einen flachen und gleichmäßigen Hb-Anstieg hatten. In den ersten 8 Wochen der ESA-Gabe hatten bei C.E.R.A. signifikant weniger Patienten einen Hb-Wert von über 12 g/dl als bei Darbepoetin alfa (25,8 % versus 47,7 %; p < 0,0001) (Abb. [1]). Bei C.E.R.A. konnten die Patienten weitgehend mit derselben Dosis behandelt werden, während bei Darbepoetin-Patienten die Dosis stärker schwankte. Die Inzidenz der meist milden bis moderaten Nebenwirkungen war in beiden Gruppen ähnlich, wobei Bluthochdruck die häufigste war.

#

Langfristige Hb-Stabilität ist wichtig

Bei terminal niereninsuffizienten Patienten, die ESA erhalten, ist eine große Variabilität des Hb-Werts mit einer schlechten Prognose, einer erhöhten Hospitalisationsrate und einer höheren Mortalität assoziiert [5], [6], [7], erklärte Dr. Aleix Cases, Barcelona (Spanien). Bei kurzwirksamen ESAs verursachen häufig veränderte ESA-Dosierungen Fluktuationen im Hb-Wert. Das Ziel einer optimalen ESA-Therapie ist es, Hb-Werte in den Zielbereich zu korrigieren, Hb-Werte langfristig im Zielbereich zu stabilisieren, die Dosis weniger häufig zu adjustieren und die Applikationsfrequenz zu reduzieren.

In den Erhaltungsstudien MAXIMA[3] [8] und PROTOS[4] [9] blieb der Hb-Wert von circa 70 % der Patienten, die 1-mal monatlich C.E.R.A. erhielten, innerhalb von ± 1 g/dl stabil. Dies war unabhängig vom Geschlecht, Alter und Diabetesstatus. Wie die beiden Studien außerdem zeigten, gab es nach der Umstellung von kurzwirksamen ESA auf C.E.R.A. keine Schwankungen des Hb-Wertes [8], [9]. Weiterhin sind weniger Dosierungsänderungen mit C.E.R.A. als mit einem Vergleichs-ESA nötig [10]. Die exklusiv in Deutschland durchgeführte MIRACEL[5]-Studie konnte belegen, dass nach einem Wechsel von kurzwirksamen ESA und Darbepoetin alfa auf 1-mal monatlich appliziertes C.E.R.A. die Hb-Werte stabil im Zielbereich blieben [11]. Schließlich konnten Locatelli et al. [12] zeigen, dass das Langzeitsicherheitsprofil mit dem anderer ESA übereinstimmt.

Das pharmaökonomische Potenzial von C.E.R.A. ist groß, wie eine Studie belegen konnte: In Großbritannien war die Zeitersparnis des Personals im Vergleich zu kurzwirksamen ESA 39 %, in Deutschland sogar 54 % [13]. Diese frei werdenden Ressourcen können im Endeffekt in eine verbesserte Patientenversorgung fließen, betonte Cases.

#

Wechsel auf C.E.R.A.: Beispiel aus der Praxis

Dr. Sean Fenwick, Sunderland (Großbritannien), erklärte in seinem Vortrag, wie in den City Hospitals, Sunderland, der Wechsel von Epoetin beta auf C.E.R.A. vonstatten ging. Ein großes Problem der Anämiebehandlung ist der geringe Anteil an Hämodialysepatienten, der während der Therapie mit ESA stabil im Hb-Bereich von 11-12 g/dl bleibt, wie die Studie mit Epoetin alfa von Collins et al. mit einer "Erfolgsquote" von nur 5 % bei über 10500 Patienten zeigt [14]. Die City Hospitals, Sunderland, versprachen sich mit dem Wechsel auf C.E.R.A. unter anderem positive Veränderungen in den folgenden Bereichen, erläuterte Fenwick:

  • Patient: Vor allem bei präterminalen Patienten spielt hinsichtlich der Compliance ein verlängertes Applikationsintervall eine große Rolle. Hier bietet C.E.R.A. mit der 1-mal monatlichen Gabe einen bedeutenden Vorteil. Patienten müssen nicht so oft in die Praxis kommen, die Zahl der Applikationen sinkt im Vergleich zu anderen ESA deutlich und diese sind zudem auch noch weniger schmerzhaft als die Gabe von Darbepoetin alfa [15].

  • Therapievereinfachung: Die 1-mal monatliche Applikation vereinfacht das Anämiemanagement im Hinblick auf die Dosierung und Verordnungen. Durch die spezifische Pharmakologie von C.E.R.A. steigt der Hb-Wert in der Korrekturphase deutlich sanfter an, was die Gefahr von Hb-Werten über dem Zielbereich minimiert und somit aufwendige Dosis- und Intervallanpassungen nahezu überflüssig macht. Zudem erzielt C.E.R.A. stabile Hb-Werte in der Erhaltungsphase mit deutlich weniger Applikationen als beispielsweise mit kürzer wirksamen ESA [8], [9].

  • Reduktion des Verwaltungsaufwands: Durch die 1-mal monatliche Applikation ergeben sich auch im gesamten Prozess rund um die Applikation deutliche zeitliche und monetäre Einsparungen. Durch den Wegfall von Dokumentations- oder aber auch Bestellprozessen im Rahmen einer monatlichen Anämietherapie entstehen zeitliche Freiräume für das Personal, durch eine Bündelung von Aktivitäten wird Geld gespart oder aber das Personal "einfach nur" von stupiden Routinearbeiten entlastet.

Die Umstellung auf C.E.R.A. war ein voller Erfolg, resümierte Fenwick. Die Ergebnisse der Umstellung waren ermutigend, denn die Therapie mit C.E.R.A war ...

  • ... effektiv und einfach: Mit dem Einsatz von C.E.R.A. in den City Hospitals, Sunderland, wurden die Patienten mit renaler Anämie effektiv therapiert. Die 1-mal monatliche Gabe hat in der täglichen Praxis das Potenzial für eine größere Hb-Stabilität und eine insgesamt einfachere Therapie (weniger Dosisanpassungen infolge von weniger Overshoots, stabiler Hb-Verlauf im Zielbereich).

  • ... ökonomisch vorteilhaft: Durch die Umstellung wurde der Prozess rund um die Anämietherapie deutlich verschlankt und optimiert. Die Anzahl der Therapieregime wurde von 26 auf 2 reduziert. Das führte nicht nur zu einer Reduktion der Kosten für die Anämietherapie um 4,5 %, sondern führte laut Fenwick auch zu einer Reduktion der Arbeitsbelastung bei Ärzten und dem Pflegepersonal.

Christian Schäfer, Stuttgart

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.

Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium "New developments in ESA therapy: reducing Hb variability and simplifying practice" im Rahmen des ERA-EDTA/DGfN-Kongresses in München, veranstaltet von der Hoffmann-La Roche Ltd, Basel (Schweiz).

Der Autor ist Mitarbeiter des Georg Thieme Verlags.

#

Ausblicke der ESA-Therapie

ESA werden bei chronischer Niereninsuffizienz gewöhnlich zur Korrektur des Hb-Wertes ab einem Hb von unter 11 g/dl eingesetzt, um den Hb in einen Zielbereich von 11–12 g/dl zu korrigieren, erklärte Prof. Danilo Fliser, Homburg/Saar. Die Studien CREATE[6] [16], CHOIR[7] [17] und TREAT[8] [18] zeigten, dass eine Korrektur des Hb in Bereiche von 13– 15 g/dl keine Verbesserung des kardiovaskulären Risikos der nierenkranken Patienten bringt. Es scheint, dass die Nierenerkrankung bereits zu weit vorangeschritten ist, um noch wesentlich das damit verbundene Risiko beeinflussen zu können. Eine Proteinurie kombiniert mit einer eGFR von unter 60 ml/min/1,73m2 erhöht das Risiko um ein Vielfaches, dass der Patient vom CKD-Stadium 3 ins CKD-Stadium 4 voranschreitet, erläuterte Fliser. Da 25 % der Patienten im CKD-Stadium 3 eine Mikro- oder Makroproteinurie haben, könnte eine Behandlung der Proteinurie ein effektiver Weg sein, um die Progression zu verlangsamen, so Fliser weiter.

Rekombinate Erythropoetine haben renoprotektive Effekte, indem sie zum Beispiel die Gefäßstrukturen schützen und das Podozytenüberleben verbessern. Studien der Arbeitsgruppe Fliser konnten zeigen, dass niedrig dosiertes C.E.R.A. in einem Mausmodell mit diabetischer Nierenerkrankung nierenschützendes Potenzial hat [19]. Daher soll in einer "Proof-of-Concept"-Studie untersucht werden, ob niedrig dosiertes C.E.R.A. bei Typ-2-Diabetikern und nierentransplantierten Patienten mit einer Niereninsuffizienz im CKD-Stadium 3 und einer Proteinurie bei einer Stabiliserung des Hämoglobinwertes die Progression der Nierenerkrankung verlangsamen kann.

#

Literatur

  • 01 McClellan W M, et al . Eur J Clin Invest. 2005;  35 (Suppl. 3) 58-65
  • 02 Kessler M , et al . Hemodial Int. 2009;  14 233-239
  • 03 Macdougall I C, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2008;  3 337-347
  • 04 Roger S D, et al . ERA-EDTA 2010 (poster number Sa535) . 
  • 05 Boudville N C, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2009;  4 1176-1182
  • 06 Ebben J P, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2006;  1 1205-1210
  • 07 Gilbertson D T, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2008;  3 133-138
  • 08 Levin N W, et al . Lancet. 2007;  370 1415-1421
  • 09 Sulowicz W , et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2007;  2 637-646
  • 10 Mann J , et al . ERA-EDTA 2008 (abstract SP369 and poster). 
  • 11 Iatrou, et al . ASN. 2009;  (abstract 553027 and poster)
  • 12 Locatelli F . Clin Nephrol. 2010;  73 94-103
  • 13 Saueressig, et al . Nephrol Dial Transplant. 2007;  22 (Suppl. 6) vi347-vi348
  • 14 Collins A J, et al . Am J Kidney Dis. 2005;  46 481-488
  • 15 Pannier A , et al . Curr Med Res Opin. 2007;  23 3025-3032
  • 16 Drüeke T T, et al . N Engl J Med. 2006;  355 2071-2084
  • 17 Sing A K, et al . N Engl J Med. 2006;  355 2085-2098
  • 18 Pfeffer M A, et al . N Engl J Med. 2009;  361 2019-2032
  • 19 Menne J , et al . J Am Soc Nephrol. 2007;  18 2046-2053

01 Administration of C.E.R.A. in CKD patients to treat anaemia with a twice monthly schedule

02 Correction of renal anaemia in CKD patients with subcutaneous therapy

03 Maintenance of haemoglobin excels with IV administration of C.E.R.A.

04 Patients receiving C.E.R.A. once a month for the maintenance of stable haemoglobin

05 Evaluation of maintenance of stable Hb levels in HD patients converting from epoetin or darbepoetin to monthly IV C.E.R.A.

06 Cardiovascular risk reduction by early anemia treatment with epoetin beta

07 Correction of hemoglobin and outcomes in renal insufficiency

08 Trial to reduce cardiovascular events with aranesp therapy

#

Literatur

  • 01 McClellan W M, et al . Eur J Clin Invest. 2005;  35 (Suppl. 3) 58-65
  • 02 Kessler M , et al . Hemodial Int. 2009;  14 233-239
  • 03 Macdougall I C, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2008;  3 337-347
  • 04 Roger S D, et al . ERA-EDTA 2010 (poster number Sa535) . 
  • 05 Boudville N C, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2009;  4 1176-1182
  • 06 Ebben J P, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2006;  1 1205-1210
  • 07 Gilbertson D T, et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2008;  3 133-138
  • 08 Levin N W, et al . Lancet. 2007;  370 1415-1421
  • 09 Sulowicz W , et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2007;  2 637-646
  • 10 Mann J , et al . ERA-EDTA 2008 (abstract SP369 and poster). 
  • 11 Iatrou, et al . ASN. 2009;  (abstract 553027 and poster)
  • 12 Locatelli F . Clin Nephrol. 2010;  73 94-103
  • 13 Saueressig, et al . Nephrol Dial Transplant. 2007;  22 (Suppl. 6) vi347-vi348
  • 14 Collins A J, et al . Am J Kidney Dis. 2005;  46 481-488
  • 15 Pannier A , et al . Curr Med Res Opin. 2007;  23 3025-3032
  • 16 Drüeke T T, et al . N Engl J Med. 2006;  355 2071-2084
  • 17 Sing A K, et al . N Engl J Med. 2006;  355 2085-2098
  • 18 Pfeffer M A, et al . N Engl J Med. 2009;  361 2019-2032
  • 19 Menne J , et al . J Am Soc Nephrol. 2007;  18 2046-2053

01 Administration of C.E.R.A. in CKD patients to treat anaemia with a twice monthly schedule

02 Correction of renal anaemia in CKD patients with subcutaneous therapy

03 Maintenance of haemoglobin excels with IV administration of C.E.R.A.

04 Patients receiving C.E.R.A. once a month for the maintenance of stable haemoglobin

05 Evaluation of maintenance of stable Hb levels in HD patients converting from epoetin or darbepoetin to monthly IV C.E.R.A.

06 Cardiovascular risk reduction by early anemia treatment with epoetin beta

07 Correction of hemoglobin and outcomes in renal insufficiency

08 Trial to reduce cardiovascular events with aranesp therapy

 
Zoom Image

Abb. 1 Hb-Werte über die Zeit bei der Applikation von C.E.R.A. (1-mal monatlich) im Vergleich zu Darbepoetin alfa (wöchentlich/alle 2 Wochen).