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DOI: 10.1055/s-0030-1267866
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Arzneimittelinteraktion – Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und Interaktion mit dem Tamoxifen-Metabolismus
Publication History
Publication Date:
04 October 2010 (online)
Tamoxifen ist ein "Prodrug", welches durch hepatische Cytochrom P450 Enzyme zu den aktiven Metaboliten 4-Hydroxytamoxifen und 4-Hydroxy-N-desmethyltamoxifen (Endoxifen) verstoffwechselt wird, wobei Endoxifen der wichtigere Metabolit ist, da die Serumkonzentrationen um ein Mehrfaches höher liegen als für 4-Hydroxytamoxifen. Die Konversion von Tamoxifen in Endoxifen wird hauptsächlich durch das Enzym CYP2D6 bewerkstelligt. Verschiedene Studien hatten schon darauf hingewiesen, dass der klinische Benefit von Tamoxifen durch Interaktionen mit CYP2D6-Inhibitoren negativ beeinflusst werden könnte. H. Seeger
Ungefähr 25 % der Mammakarzinompatientinnen leiden unter Depressionen. Antidepressiva aus der Klasse der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) können bekanntermaßen CYP2D6 mit unterschiedlicher Wirkungsstärke hemmen. Ein besonders starker Hemmer ist dabei das Paroxetin, dessen Wirkung auf CYP2D6 irreversibel ist.
In einer Kohortenstudie (Catherine M Kelly et al. BMJ 2010; 349, c693) wurde jetzt die gleichzeitige Verordnung von Tamoxifen und SSRIs bei Mammakarzinompatientinnen untersucht.
Ausgewertet wurden Daten von 2430 Frauen (Alter ≥ 66 Jahre), die in den Jahren 1993 bis 2005 mit Tamoxifen behandelt worden waren. Etwa 30 % der Frauen bekamen gleichzeitig von ihren Ärzten ein SSRI verschrieben, da das Krebsleiden selbst, aber auch die "klimakterischen" Nebenwirkungen von Tamoxifen zu einer depressiven Verstimmung führten. Je länger Paroxetin eingenommen wurde, desto mehr Frauen starben an ihrem Mammakarzinom. Dieser Zusammenhang war für andere SSRIs (Fluoxetin, Sertralin, Fluvoxamin, Citalopram und den selektiven Serotoni-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin) nicht nachweisbar.
Die Autoren haben ausgerechnet, dass die Einnahme von Paroxetin für 41 % der Hormonbehandlung (Median in der Studie) im Verlauf von 5 Jahren zu einem zusätzlichen Brustkrebstodesfall unter 20 Frauen führt. Bei einer Paroxetineinnahme über die gesamte Dauer der Tamoxifenbehandlung von in der Regel 5 Jahren betrug diese "Number needed to treat to harm" sogar nur 6,9.
Die Autoren fordern daher auf, Paroxetin nicht zusammen mit Tamoxifen zu verordnen. In einem Editorial dehnt Prof. Willich (Leiter des Institutes für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie an der Berliner Charité) die Warnung sogar auf das SSRI Fluoxetin aus, für das ebenfalls Hinweise auf eine Wechselwirkung mit CYP2D6 bekannt seien.
Institutsangabe:
Institut für Frauengesundheit Baden-Württemberg gGmbH,
Universitäts-Frauenklinik Tübingen
Korresspondierender Autor:
Professor Dr. rer. nat. Harald Seeger
Schwerpunkt für Endokrinologie und Menopause und Institut für Frauengesundheit Baden-Württemberg gGmbH
Universitäts-Frauenklink
Calwerstr. 7, 72076 Tübingen
Email: harald.seeger@med.uni-tuebingen.de