Gesundheitswesen 2012; 74(1): 34-41
DOI: 10.1055/s-0030-1268510
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Personalschulung als Interventionsansatz auf Klinikebene zur Stillförderung: Evaluationsergebnisse der ersten Phase der STELLA-Studie

Breast-Feeding Training Programme as Intervention Approach at the Hospital Level: Results of Evaluation of the First Phase of the STELLA StudyN. Meyer1 , H. Spegel1 , L. Hendrowarsito1 , U. Schwegler1 , H. Fromme1 , G. Bolte1
  • 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachbereich Arbeits- und Umweltepidemiologie, München
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. Dezember 2010 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Stillen hat vielfältige gesundheitsfördernde kurz- und langfristige Effekte. WHO und UNICEF entwickelten daher Kriterien zur Stillförderung in Geburtskliniken („10 Schritte zum erfolgreichen Stillen“). Eine prospektive Kohortenstudie zum Stillverhalten in Bayern ergab 2005/2006 regional unterschiedliche Stillraten und dass ein Gesundheitsförderungspotenzial in der Verbesserung der qualifizierten Beratung von Müttern und insbesondere in der Vermeidung von und in dem Umgang mit Stillproblemen liegt. Die Interventionsstudie STELLA hat zum Ziel, in einer Modellregion durch Weiterbildung der in der Mutter-Kind-Betreuung tätigen Berufsgruppen die Rahmenbedingungen für das Stillen in Geburtskliniken zu verbessern und dadurch die Stillprävalenz zu erhöhen.

Studiendesign: Klinikbasierte und gemeindebezogene Interventionsstudie in Niederbayern als Modellregion mit unterdurchschnittlichen Stillraten. (1) Intervention: Weiterbildung des Personals von 10 Geburtskliniken und von Nachsorgehebammen in den Klinikregionen auf Basis der WHO/UNICEF-Kriterien zur Vertiefung des Stillwissens und zur Verbesserung des Stillmanagements von Mai bis Dezember 2008. (2) Evaluation: Einzeitige quantitative schriftliche Befragung der Schulungsteilnehmer/innen zur Beurteilung der Weiterbildung hinsichtlich Wissenszuwachs und Umsetzbarkeit im Berufsalltag der Mutter-Kind-Betreuung, 2-zeitige strukturierte Interviews zu strukturellen Veränderungen in den Kliniken (Erhebung vor/nach Intervention).

Ergebnisse: Rund 85% (n=378) des gesamten in der Mutter-Kind-Betreuung tätigen Personals der 10 Kliniken nahmen an der Schulung teil. Die Teilnehmer/innen-Befragung (Response 83%) ergab, dass über 80% der Meinung waren, durch die Schulung fachlich dazu gelernt zu haben und das Gelernte gut für die eigene praktische Tätigkeit verwenden zu können. Die Ergebnisse der Klinikbefragungen belegen eine Umsetzung der Schulungsinhalte in die Klinikarbeitsabläufe. Die deutlichsten Veränderungen zum Zeitpunkt der Befragung zeigten sich beim Bonding (alle 10 Kliniken), in der Zufütterungspraxis (8 Kliniken) sowie beim 24-Stunden-Rooming-in und der Informations- und Beratungspraxis der Mütter (jeweils 7 Kliniken).

Schlussfolgerung: Die Weiterbildung verschiedener Berufsgruppen trägt zu strukturellen Veränderungen hin zu einer stillfreundlicheren Krankenhausumgebung bei. Insbesondere hinsichtlich der Bindungsförderung zwischen Mutter und Kind sowie der Zufütterungspraxis zeigte sich in allen Kliniken die stärkste Veränderungsbereitschaft. Deutliche Unterschiede zwischen den Kliniken hingegen bestanden vor wie auch nach der Intervention in der Werbepraxis für Muttermilchersatzprodukte auf der Station.

Abstract

Background: The health-promoting short- and long-term effects of breast-feeding are supported by a vast scientific literature. The Bavarian prospective cohort study 2005/2006 showed regional variations of breast-feeding rates. Furthermore, improvement in counselling mothers, particularly with regard to prevention and handling of breast-feeding problems, has a great potential for health promotion. The objective of this study is to promote breast-feeding in maternity clinics by improving the surrounding conditions.

Study Design: A clinic-based and community-related intervention trial was carried out in Lower Bavaria as a model region with below average breast-feeding rates. (1) Intervention: an advanced training of maternity ward professionals of 10 hospitals and after-care midwives was performed from May until December 2008. The training programme was based on the WHO/UNICEF criteria of the “Ten Steps to Successful Breastfeeding” to deepen the breast-feeding knowledge and to improve the breast-feeding management. (2) Evaluation: A singular assessment of the advanced training programme was undertaken concerning an increase of knowledge and the practicability in clinical everyday life by participants; improvements of the maternity wards were assessed via structural interviews with maternity ward staff before and after intervention.

Results: Approximately 85% (n=378) of the staff of the 10 maternity clinics attended the training course. The survey after the training programme (response rate 83%) indicated that more than 80% of the participants stated to have learned something new and to be able to use the knowledge acquired for their own practice. Results of the clinic interviews showed a transfer of training contents into clinical work routines. Improvements at interview date were shown best for bonding (all 10 maternity clinics), for additional feeding (8 maternity clinics) as well as for 24-h rooming-in and mother counselling (7 maternal clinics each).

Conclusion: Training of maternity ward professionals accounts for baby-friendly conditions in maternity clinics. Most willingness for improvements was shown by maternity ward staff particularly for bonding between mother and child as well as for additional feeding. Considerable differences between the hospitals were observed for the promotion of infant formulas before and after the intervention.

Literatur

Korrespondenzadresse

Dr. N. Meyer

Bayerisches Landesamt für

Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Sachbereich Arbeits- und

Umweltepidemiologie

Pfarrstraße 3

80538 München

eMail: nicole.meyer@lgl.bayern.de