Sportverletz Sportschaden 2010; 24(4): 179-183
DOI: 10.1055/s-0030-1270572
Sportphysiotherapie aktuell

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Auswirkung von Kompressionsstrümpfen auf die Ausdauerleistung während eines submaximalen Laufbandtests

Jan Cabri, Stephan Caldonazzi, Ron Clijsen
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Publication Date:
17 December 2010 (online)

 

Einleitung

In den vergangenen Jahren ist die Zahl an Sportlern stark gestiegen, die verschiedene Arten von Kompressionsbekleidungen zur Erholung im Training und im Wettkampf verwenden. Sogar im absoluten Leistungsbereich verwenden bekannte Sportler und Sportlerinnen, wie bspw. Gete Wami und Paula Radcliff (New York Marathon 2007), Kompressionsstrümpfe zur Leistungssteigerung. Neben den Ausdauersportarten wie Marathon, Triathlon, Berglauf oder Rennradfahren, verwenden auch Sportler anderer Disziplinen Kompressionsbekleidung zur Verbesserung der individuellen Leistungsstärke. Dieser Boom an Interesse hat mittlerweile zahlreiche Ausstattungs- und Herstellungsunternehmen auf den Plan gerufen, ihre eigenen Kollektionen zu entwerfen und auf den Markt zu bringen. In Europa hauptsächlich verbreitet sind Ausstatter wie Nike, Adidas, Cep und Skins. Was, oder besser gesagt wie viel diese Kompressionsartikel tatsächlich zur Leistungssteigerung beitragen wird immer noch heiß diskutiert.

Generell sind kniehohe Kompres­sionsstrümpfe bei der Prophylaxe von tiefen Beinvenenthrombosen eingesetzt worden. Vorteil dieser Methode im Vergleich zu anderen mechanischen und pharmakologischen Methoden ist, dass sie einfach zu handhaben und billiger sind. Vergleichen wir Daten eines systematischen Review von Sajid et al. (2006), haben hospitalisierte Patienten nach einer Operation ein 6%-iges Risiko, eine tiefe Beinvenenthrombose (DVT-deep venous thrombosis) zu entwickeln, selbst wenn diese kniehohe Kompressionsstrümpfe tragen [1]. Dieses Risiko verringerte sich auf 4%, wenn die Patienten Kompressionsbekleidung von Fuß bis zum Oberschenkel trugen. Als Vergleich dazu dienen Risikoangaben für Langstreckenfluggäste, welches bei 0,08% liegt.

Einige neuere Studien erforschten die Auswirkungen von Kompressionsbekleidung auf die Herzfrequenz von Sportlern. Dabei gab es unterschiedliche Beobachtungen, wobei der Hauptteil der Untersuchungen keine signifikanten Änderungen für die Herzfrequenz beobachten konnte [2]-[6]. Diese Studien untersuchten die Herzfrequenz bei verschiedenen Sportarten, sowie unterschiedlichen Leistungsanforderungen und mehreren Kompressionsbekleidungen. So zeigten Kemmler et al. (2009) keine signifikanten Unterschiede bei einem Stufentest auf dem Laufband mit einer Arbeitsleistung über 30 Minuten bei Kompressionsstrümpfen verglichen mit gewöhnlichen Sportsocken [3]. Sprung- und Sprintaufgaben als Leistungsparameter in einem sportartspezifischen Testzirkel oder auch nur Sprungformen für Explosivsportler an sich zeigten ähnliche, nicht signifikante Ergebnisse bezogen auf die Veränderungen der Herzfrequenz [2], [4]-[6]. Einzig eine Studie berichtete von tendenziell erhöhten Herzfrequenzmessungen der Kontrollgruppe (ohne Kompressionsstrümpfe) bei einem 10 Kilometer Lauftest, diese waren jedoch nicht statistisch signifikant [7].

Andere Studien untersuchten die Veränderungen der Leistungsfähigkeit, der Blutwerte sowie des subjektiven Erschöpfungsgrades. Leistungssteigernde Effekte im Sinne von einer erhöhten Laufgeschwindigkeit bei der aeroben und anaeroben Schwelle, bei einem Stufentest auf dem Laufband, beobachteten Kemmler et al. (2009) [3]. Ähnliche Ergebnisse präsentierten Bringard et al. (2006) bezogen auf einen signifikant niedrigeren aeroben Energieaufwand bei elastischen Kompressionshosen im Vergleich zu normalen Trainingshosen [8]. Dabei scheint es, dass auch die komprimierende Oberfläche der Bekleidung eine wichtige Rolle spielen und dies in Zukunft vermehrt im Fokus der Untersuchungen liegen könnte [6, 9, 10]. Zusammengefasst zeigen andere Studien keine signifikanten Unterschiede in Sprint-, Sprung-, oder Wurfperformances [5], [6], [10]-[12]. Betrachten wir die Änderungen bezüglich der Fließgeschwindigkeit des Blutes aus einer technischen Sichtweise, so prüfte Lyons et al. (2002) Änderungen diesbezüglich [13]. Bei der Reizung der Wadenmuskulatur mittels elektrischer neuromuskulärer Stimulation (NMES) in Verbindung mit Kompressionstrümpfen erhöhte sich die Spitzengeschwindigkeit des Blutflusses bei jeder Stimulation sehr stark (p<0,01) [13]. Vergleichen wir die Steigerung mit der Ausgangssituation in Ruhe, erhöhte sich die Spitzenfließgeschwindigkeit mit Kompressionsstrümpfen um 502% bei jeder NMES (266% bei NMES ohne Kompres­sion) [13]. Ähnliche Ergebnisse mit erhöhtem Blutfluss zeigten Bochmann et al. (2005), wobei nach extern angelegtem Druck auf den Unterarm der Blutfluss in den nächsten 3 Minuten erhöht blieb (115% erhöht, im Vergleich zum Kontrollarm, der keine Veränderungen zeigte) [14]. Keine Veränderungen bezüglich der CK-Werte oder Blut-Laktatgehalt zeigten einige andere Studien [2], [3], [5], [6], [10], [15], [16]. Gegensätzliche Ergebnisse mit signifikant tieferen CK-Werten für die Kompressionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten Kraemer et al. (2001) [6], [9]. Weitere Studien zeigten interessante Ergebnisse bezüglich der Größenveränderungen von bestimmten Venen (V. poplitea, V. tibialis posterior) [11], [17]. In einer dieser Studien beobachtete man unter Verwendung von Kompressionsstrümpfen zusätzlich tendenziell erhöhte Scherkräfte der Innenauskleidung der Venen (wall shear stress – WSS) bei der Verbindung beider oben erwähnten Venen [17]. Wenden wir uns dem subjektiven Ermüdungsgrad und deren Veränderungen unter der Einwirkung von Kompressionsbekleidung zu, so sehen wir zwei geteilte Meinungen der Studien. Eine Vielzahl der Studien zeigt keine Unterschiede der Schmerzskala VAS (visual analog scale) oder der Skala für subjektive Ermüdung RPE (rating of perceived exertion) zwischen den Untersuchungsgruppen, während oder nach verschiedenen sportlichen Aktivitäten [2], [7], [10], [15], [16]. Dem entgegen zeigen andere Studien geringere Wertungen der RPE für die Kompressionsgruppe im Vergleich zur Kontrolle bei exzentrischer Muskelarbeit oder während der Erholungsphase nach körperlicher Aktivität [5], [6], [9].

Ziel dieser Studie war es, angesichts dieser Unterschiede in den erwähnten verschiedenen Bereichen herauszufinden und zu beobachten, ob es Veränderungen bezüglich der Herzfrequenz, dem Blut-Laktatspiegel und dem subjektiven Ermüdungsgrad bei einer gleichbleibenden Laufbelastung mit oder ohne Kompressionsstrümpfe gibt. Zusätzlich fragen wir uns, ob es unterschiedliche Ergebnisse zwischen zwei Herstellungsmarken für dieselben Parameter mit derselben Belastung geben kann.

Literatur

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Korrespodenzadresse:

Dr. Jan Cabri

Department of Physical Performance Norwegian School of Sport Sciences

PO box 4014 Ullevaal Stadion

N-0840 Oslo/Norwegen

Email: jan.cabri@nih.no

Phone: 0047/23262320