Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2011; 46(5): 334-342
DOI: 10.1055/s-0031-1277977
Fachwissen
AINS-Topthema: Akutschmerztherapie in Pädiatrie und Geriatrie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Akutschmerztherapie in Pädiatrie und Geriatrie – Schmerzmessung: Welche Schmerzskala bei welchen Patienten?

Acute pain management in paediatrics and geriatrics – Pain assessment: Which scale for which patient?Heinz-Dieter Basler
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Publikationsdatum:
10. Mai 2011 (online)

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Zusammenfassung

Im perioperativen Bereich wird Akutschmerz durch eindimensionale Skalen gemessen, die sich auf die Schmerzintensität konzentrieren. Als Teil eines Qualitätsmanagements sollen Schmerzmessungen regelmäßig in Ruhe und bei Aktivitäten vorgenommen und dokumentiert werden. Schmerzerleben ist subjektiv. Daher gilt der Selbstbericht als Goldstandard der Messung. Erst wenn der Selbstbericht aufgrund entwicklungs-psychologischer oder kognitiver Bedingungen nicht möglich ist, wird auf eine Verhaltens-beobachtung, evtl. ergänzt durch physiologische Parameter, zurückgegriffen. Etablierte Messskalen sind die visuelle Analogskala (VAS), die verbale Rating-Skala (VRS) und die numerische Rating-Skala (NRS), wobei letztere wegen der geringen Fehleranfälligkeit vorzuziehen ist. Bei Kindern werden je nach Alter die Faces-Pain-Scale oder Verhaltensbeobachtungen eingesetzt. Die Schmerzmessung bei nicht verbalisierungs-fähigen erwachsenen Patienten ist ebenfalls auf Verhaltensbeobachtung angewiesen.

Abstract

In the perioperative period acute pain is measured by one-dimensional scales concentrating on pain intensity. As part of a quality assurance procedure pain assessment is to be exercised during periods of rest and activity. Pain is a subjective experience. That is why self-report is the golden standard of pain assessment. Only in case self-report is not available due to mental development or to cognitive restraints, it has to be replaced by behavioural observation. Established scales are the visual analogue scale (VAS), the verbal rating scale (VRS), and the numerical rating scale (NRS) with a preference for the NRS. Scales that measure pain in children are the Faces-Pain-Scale and behavioural observation scales. The assessment of non verbal adults also has to rely on behavioural observation.

Kernaussagen

  • Bestehende Leitlinien fordern, die Schmerzintensität perioperativ mit Hilfe eindimensionaler Skalen regelmäßig sowohl in Ruhe als auch bei Aktivitäten, wie z. B. dem Aufstehen, tiefem Einatmen oder Husten, zu messen und zu dokumentieren.

  • Schmerz kann durch den Selbstbericht, durch Verhaltensbeobachtung und durch physiologische Parameter bestimmt werden. Der Selbstbericht stellt den Goldstandard dar. Er sollte nur dann verlassen werden, wenn er aufgrund entwicklungspsychologischer oder kognitiver Bedingungen nicht möglich ist.

  • Skalen für den Selbstbericht sind die visuelle Analogskala (VAS), die verbale Ratingskala (VRS) und die numerische Ratingskala (NRS). Letztere weist die geringste Fehlerrate auf.

  • Kinder können ab dem 8. Lebensjahr im Regelfall für Erwachsene entwickelte Skalen anwenden. Vom 4. Lebensjahr an kann die Pain-Faces-Scale eingesetzt werden. Bei noch jüngeren Kindern ist eine Verhaltensbeobachtung erforderlich (z. B. mit Hilfe der KUSS-Skala).

  • In der Geriatrie sollte bei leichter kognitiver Einschränkung die verbale Ratingskala eingesetzt werden. Bei starker Einschränkung und Demenz sowie fehlender verbaler Kommunikationsfähigkeit wird auf Beobachtungsverfahren zurückgegriffen (z. B. BESD).

  • Bei beatmeten Intensivpatienten sollte zur Interpretation der Werte einer Beobachtungsskala (z. B. BPS) die Sedierungstiefe herangezogen werden.

  • Bei Messwiederholungen muss jeweils die gleiche Skala wie zuvor eingesetzt werden, da die Skalen zwar miteinander korrelieren, aber nicht identisch sind.

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Literaturverzeichnis

Prof. Dr. phil. Dr. med. habil. Heinz-Dieter Basler

eMail: Basler@staff. uni-marburg.de