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DOI: 10.1055/s-0031-1284376
Innovative Therapien bei primären Leberkarzinomen und Lebermetastasen
Innovative Therapy of Primary Liver Carcinoma and of Liver MetastasisPublication History
Publication Date:
26 September 2011 (online)
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Das Ausmaß und die Kontrolle von tumorösen Veränderungen in der Leber sind häufig die entscheidenden Faktoren für die Lebensqualität und das Überleben der Patienten mit Krebserkrankungen. Deshalb wird bei Leberbefall mittlerweile eine interdisziplinäre, multimodale Therapie eingesetzt. Die Radioembolisation von Lebertumoren ist zwar schon seit mehr als 20 Jahren bekannt, aber erst in den letzten Jahren hat sie mit der SIRT (selektive interne Radiotherapie) als neuem, innovativem Verfahren an klinischer Relevanz gewonnen. Mit der SIRT steht den Nuklearmedizinern endlich – neben rein diagnostischen Verfahren – ein Therapieverfahren zur Verfügung, mit dem man die Onkologen in schwierigen Fällen direkt unterstützen kann. Die interdisziplinäre therapeutische Kooperation mit Onkologen, Radiologen und Chirurgen trägt dabei erheblich zur Akzeptanz unseres Fachgebietes bei.
Beim kurativen Ansatz in der Behandlung von Lebermetastasen/Leberkarzinomen ist weiterhin die Chirurgie mit dem Ziel einer R0-Resektion der Goldstandard. In palliativer Situation stellt derzeit die SIRT neben bereits etablierten systemischen (Chemo-)Therapien und anderen regionalen Verfahren eine echte Alternative dar.
Welches Verfahren beim individuellen Patienten zur Anwendung gelangt, ist häufig noch von methodenunabhängigen Faktoren wie z. B. Verfügbarkeit, Erfahrung in den behandelnden Zentren, Zulassungen usw. abhängig. Vergleicht man die SIRT mit anderen Therapien, so zeigen Studien einen signifikanten Überlebensvorteil [3] bei guter Lebensqualität. Zurzeit wird die SIRT nicht bei der Erstdiagnose der Lebermetastasen angewandt, sondern erst bei fortgeschrittener Erkrankung, wenn die bekannten systemischen Therapien wie Chemo- und Immuntherapien ausgeschöpft sind.
Inwieweit die vorangehenden Therapien, insbesondere die Gabe von Angiogenesehemmern die Erfolgsaussichten einer lokalen Therapie negativ beeinflussen können, ist jedoch noch unklar.
Vergleicht man die SIRT mit den anderen lokalen Therapien, so liegen einige grundsätzliche Unterschiede vor:
Lokal abladierende Verfahren (Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation usw.) sind aufgrund ihrer begrenzten Wirkung in der Leber vergleichsweise nebenwirkungsarm und können auch bei einer vorgeschädigten Leber eingesetzt werden, sind aber nur sinnvoll bei kleinen, gut erreichbaren Leberherden einsetzbar.
Die embolisierenden regionalen Therapien (transarterielle Chemoembolisation (TACE), Chemoembolisation mit Zytostatika beladenen Mikrosphären (DEBIRI) usw.) beeinträchtigen die Leberfunktion insgesamt deutlich mehr: Durch Embolisation des tumortragenden Leberanteils wird zum einen eine Ischämie in einem deutlich größeren Leberareal induziert und durch die Chemotherapeutika induzierten toxischen Effekte wirken additiv. Keines dieser Verfahren besitzt zudem eine echte Tumorselektivität, sondern die Wirksamkeit wird von der unterschiedlichen regionalen Perfusion von Lebermetastasen und gesunden Lebergewebe bestimmt. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass die Blutversorgung von gesundem Lebergewebe primär durch die Pfortader erfolgt, während Karzinomsgewebes durch die Leberarterien versorgt wird. Ob dies im Einzelfall stimmt, insbesondere nachdem mehrere systemische Chemotherapien und häufiger auch längere Gabe von Angiogenesehemmern erfolgt sind, ist fraglich.
Bei der TACE oder der DEBIRI-Gabe können außerdem mögliche Auswirkungen auf andere Organe (Gallenblase, Magen, Darm) nicht ausgeschlossen werden [4]. Zudem zeigt sich bei den Leberperfusionsszintigrafien, dass es häufig relevante Unterschiede zwischen den angenommenen Tumormassen im CT und dem Ausmaß der Tumorperfusion gibt. Da keine Perfusionsanalysen (wie z. B. einen MAA-Scan) vorgeschaltet werden, kann man im Einzelfall über die Erfolgs-/Misserfolgsgründe der einzelnen Methoden nur spekulieren.
Bei der SIRT erfolgt sehr viel strenger die tumorselektive Gabe der radioaktiven Sphären. Zum einen ist es für die Wirksamkeit essenziell, dass die radioaktiven Sphären aufgrund der begrenzten Reichweite der β-Strahlung sich in unmittelbarer Nähe der Tumorzellen befinden. Zum anderen kann eine extrahepatische Applikation der Sphären Komplikation in anderen Organen hervorrufen, die eine operative Sanierung von dann radioaktivem Gewebe notwendig machen. Dies ist aufgrund der Auflagen des Strahlenschutzes mit erheblichem Aufwand verbunden (Anwesenheit von Strahlenschutzbeauftragten, ggf. Information der Bezirksregierung usw.). Deshalb werden in einer vorgeschalteten Angiografie Äste der Leberarterien mit extrahepatischem Versorgungsgebiet verschlossen und szintigrafisch wird durch radioaktive Perfusionsmarker ein extrahepatischer Abfluss der Sphären nahezu ausgeschlossen [3]. Dadurch ist der methodische Aufwand höher als bei den anderen Verfahren.
Solange eine ausreichende Leberfunktion erhalten worden ist, können prinzipiell alle Verfahren mehrfach eingesetzt werden. Generell ist aber anzumerken, dass vor einem wiederholten Einsatz von den z.T. sehr kostenintensiven Therapien eine sichere Kontrolle des Therapieansprechens durchgeführt werden sollte. In diesem Zusammenhang ist das PET-CT der normalen CT bzw. MRT-Kontrolle überlegen und wird deshalb auch in den RECIST Guidelines empfohlen [2].
Ziel aller therapeutischen Verfahren muss der Nutzen für den Patienten sein (größtmöglicher Überlebensvorteil, geringstmögliche Komplikationsrate und höchstmögliche Lebensqualität). Vergleichende Studien zu diesen Fragen fehlen leider noch. Aus diesem Grund wäre baldmöglichst eine interdisziplinäre Konsensuskonferenz der Fachgesellschaften für alle klinischen Tumorboards hilfreich [1].
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Literatur
- 1 Coldwell D, Sangro B, Wasan H et al. General Selection Criteria of Patients for Radioembolization of Liver Tumors: An International Working Group Report. Am J Clin Oncol 2011; 34 337–341
- 2 Eisenhauer EA, Therasse P, Bogaerts J et al. New response evaluation criteria in solid tumours: revised RECIST guideline (version 1.1). Eur J Cancer 2009; 45: 228-247
- 3 Kennedy A, Coldwell D, Sangro B et al. Radioembolization for the Treatment of Liver Tumors: General Principles. Am J Clin Oncol (online published ahead of print)
- 4 Vogl TJ, Mack MG, Eichler K et al. [Chemoperfusion and embolization in the treatment of liver metastases]. Rofo 2011; 183: 12-23