Zusammenfassung
Hintergrund:
Unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE) sind in den Industriestaaten für 1–5% der stationären Aufnahmen verantwortlich. Durch die etablierten Meldesysteme und gängigen Studiendesigns werden diese nur selektiv erfasst. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es daher, Ausmaß, Verteilung und Zusammenhänge von UAEs als Grund der stationären Aufnahme über die Routinedaten der DRG-Statistik zu ermitteln.
Methoden:
Zur Identifikation von UAEs wurde eine Aufstellung von 502 einschlägigen ICD-10-GM-Kodes verwendet. Diese wurde auf Kodes reduziert, die durch ihre Definition gesichert ein arzneimittelinduziertes Ereignis anzeigen. Datengrundlage war die DRG-Statistik 2006, die über eine Fernabfrage beim Statistischen Bundesamt univariat und bivariat ausgewertet wurde. Der Grund zur stationären Aufnahme wurde über die Hauptdiagnose identifiziert.
Ergebnisse:
Unter allen stationären Aufnahmen (N=16 230 407) waren 0,92% sicher durch ein UAE bedingt. Bei Frauen war das mittlere Alter von Betroffenen und Nichtbetroffenen mit 53,48 und 53,67 Jahren fast identisch, bei Männern mit 48,38 Jahren bei Aufnahme wegen UAE um fast 4 Jahre niedriger. UAE-Fälle zeigten gegenüber Nichtbetroffenen eine verkürzte Verweildauer. Frauen mit UAE bei Aufnahme lagen mit 6,26 Tagen vs. 7,55 Tagen im Mittel rund 1,3 Tage kürzer, Männer mit 5,91 Tagen vs. 7,42 Tagen mit Mittel 1,5 Tage kürzer. Die Krankenhaussterblichkeit war mit einer Odds Ratio (OR) von 0,59 (95%-Konfidenzintervall (KI) 0,57 − 0,62) bei den betroffenen Fällen reduziert, der Anteil von Notaufnahmen mit einer OR von 3,10 (95%-KI 3,07 − 3,13) erhöht. Fälle mit einem UAE waren häufig in der Inneren Medizin, Pädiatrie, Dermatologie, Intensivmedizin und Neurologie zu finden.
Schlussfolgerungen:
Niedriges Alter, verkürzte Verweildauer und geringe Mortalitätsrate der UAE-Fälle stehen im Widerspruch zu den Angaben in der Literatur. Die Auswertung der DRG-Statistik erfasst Populationen, die in gängigen Studien üblicherweise ausgeschlossen werden, u. a. Kinder und Fälle mit UAEs aufgrund von Fehlmedikationen, Überdosierungen, Vergiftungen und allergischen Reaktionen. Diese Fälle sind für Präventionsmaßnahmen und Aufgaben der Pharmakovigilanz jedoch bedeutsam. Es bietet sich daher an, Routinedaten intensiver für Forschungsfragen zu UAEs heranzuziehen.
Abstract
Background:
In developed countries 1–5% of all hospital admissions are due to adverse drug events (ADE). An ADE is defined as an injury resulting from medical intervention related to a drug. The established reporting systems and study designs only capture selective data. The objective of the current analysis was to evaluate the rate, distribution and correlations of ADE related admissions by using German routine data.
Methods:
ADEs were identified by an array of 502 specified codes of the ICD-10-GM. The evaluation included only verified codes and was carried out by remote queries of the German DRG-Statistics 2006. Hospital admission due to an ADE was identified via the primary diagnosis.
Results:
Of all hospital admissions 0.92% were revealed to be certainly caused by an adverse drug event. The average age between affected and non-affected was nearly identical for women 53.48 vs. 53.67 years, for men it was reduced by 4 years (48.38 years). The average hospital stay was lower for cases with an ADE, being reduced by 1.3 days for women (6.26 days vs. 7.55 days) and 1.5 days for men (5.91 days vs. 7.42 days). While mortality with an odds ratio (OR) of 0.59 (95% CI 0.57–0.62) was lower in ADE cases, the rate of emergency admissions due to ADE was increased, the OR being 3.10 (95% CI 3.07–3.13). The wards with excess rates of ADE cases were internal medicine, paediatrics, dermatology, intensive care and neurology.
Conclusions:
Younger age, reduced hospital stay and lower mortality of ADE cases are contrary to findings in the relevant literature. The DRG-Statistics also comprise populations which often are excluded in established study designs, in particular, children and cases due to medication errors, overdose, poisoning and allergic reactions. As these cases respond easily to prevention and are of significant interest to pharmacovigilance, the use of routine data is valuable for more intense research of ADE.
Schlüsselwörter
Deutschland - ICD-10 - Routinedaten - stationäre Aufnahmen - unerwünschte Arzneimittelereignisse
Key words
adverse drug event - hospital admission - ICD-10 - routine data - Germany