Einleitung
Das anuläre elastolytische Riesenzellgranulom (AERZG) [1] ist eine seltene granulomatöse Entzündung unklarer Äthiopathogenese mit häufiger Prädilektion für sonnenexponierte Areale [2]
[3]. Von vielen Autoren wird es synonym mit O’Brien’s aktinischem Granulom verwendet [2]
[4]. Als Komorbidität wurden wiederholt maligne, insbesondere hämatologische Erkrankungen [5]
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[9] mitgeteilt. Wir berichteten hier über einen weiteren Fall mit AERZG und mit metachroner Entwicklung eines malignen B-Zell-Lymphoms. Es wird diskutiert, ob diese Hauterkrankung als fakultative Paraneoplasie angesehen werden kann, verbunden mit eventuellen Konsequenzen für eine regelmäßige Überwachung betroffener Patienten.
Kasuistik
Wir berichten über einen 91-jährigen Patienten mit seit über 10 Jahren bestehenden, subjektiv symptomlosen, generalisierten Hautveränderungen. Vor 6 Jahren wurde ein disseminiertes Granuloma anulare diagnostiziert und es erfolgte unter anderem eine PUVA-Therapie. Trotz regelmäßiger fachärztlicher Behandlung kam es zu keiner nachhaltigen Befundbesserung.
Nunmehr bemerkte der Patient seit ca. 6 Wochen eine rasch wachsende subkutane Schwellung mit geringer Druckschmerzhaftigkeit an seiner linken Halsseite. HNO-ärztlich erfolgte eine Panendoskopie und Submandibulektomie. Die Histologie der Exzidate ergab ein zentral ausgedehnt nekrotisches diffus-großzelliges B-Zell-Lymphom. Es erfolgte dann die Aufnahme in die hiesige Abteilung für Hämatologie/Onkologie. Das weitere Staging ergab sonografisch mehrere, zum Teil nekrotisch eingeschmolzene, suspekte Lymphknoten zervikal beidseits und an der oberen Thoraxapertur sowie mehrere maligne imponierende Milzherde. In der Knochenmarksbiopsie fand sich ein die Hämatopoese weitestgehend verdrängendes, dichtes, blastäres, lymphoides Infiltrat mit Expression von CD20, schwacher Expression von CD5 bei negativer Reaktion für CD23, CD30 und Zyklin-D1. Abschließend wurde die Diagnose eines diffus-großzelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL) im Stadium IVA gestellt.
Der Patient wurde wegen seiner Hautveränderungen im Rahmen des Tumorstagings zum Ausschluss einer kutanen Beteiligung des B-Zell-Lymphoms in der hiesigen Hautklinik vorgestellt. Es zeigten sich mit Ausnahme des Gesichtes generalisierte Hautveränderungen von wenigen cm bis 10 cm Durchmesser mit nur transienter, randständiger, epidermaler Beteiligung. Diese waren zum Teil polyzyklisch begrenzt, deutlich randbetont bzw. anulär oder zentral deutlich eingesunken und sämtlich infiltriert und erythematös, zum Teil mit deutlich livider Note ([Abb.1 a – b]). Wir entnahmen eine Biopsie aus einem Herd am linken lateralen Oberarm. Es fand sich bei regulärer Epidermis in der oberen Dermis ein geringgradiges, betont lymphoplasmazytäres, perivaskuläres Infiltrat und in der Dermis ein knotiges, ringförmiges Areal mit ausgeprägter Reduktion der elastischen Fasern mit horizontal orientierten kollagenen Fasern. Peripher dieser zentralen Zone fand sich reichlich elastotisches Material mit Riesenzellen vom Fremdkörpertyp und Histiozyten, die vereinzelt angedeutete Asteroidkörperchen aufwiesen und zwischen den Kollagenfaserbündeln angeordnet waren ([Abb. 2 a – d]). Histologisch diagnostizierten wir ein AERZG.
Abb. 1 Anulärer (a) und papulöser (b) Herd eines anulären elastolytischen Riesenzellgranuloms an der Flanke (a) bzw. am Oberarm (b). Die Hautveränderungen waren jeweils zentral deutlich atrophisch bzw. eingesunken. Die hier sichtbare randbetonte Schuppung war transienter Natur.
Abb. 2 Hautexzidat (vom Herd aus [Abb. 1 a]) mit regulärer Epidermis sowie geringgradigem, perivaskulär betontem, lymphoplasmazellulärem Infiltrat in der oberen und mittleren Dermis. In diesem Areal zentral Reduktion der elastischen Faserdichte, in der Peripherie deutlich vermehrt elastotisches Material (a). Zahlreiche Riesenzellen vom Fremdkörpertyp in der Peripherie des Knotens (b), Grenzzone mit reichlich elastotischem Material im oberen Bildausschnitt (c) (alle H&E). Darstellung fragmentierten elastotischen Materials (schwarz) in der Nachbarschaft einer Riesenzelle (EvG) (d).
Zur Therapie des CD20-positiven hochmalignen B-Zell-Lymphoms wurde eine Woche nach einer Vorphase-Chemotherapie mit Vincristin und Prednisolon eine Immunbehandlung mit Rituximab (MabThera®), einem gegen CD20 gerichteten monoklonalen Antikörper, eingeleitet. Nach viermaliger Infusion von Rituximab in wöchentlichen Abständen waren zwar die Lymphome des DLCBL, nicht jedoch die Hautveränderungen des AERZG deutlich rückläufig.
Diskussion
Das anuläre elastolytische Riesenzellgranulom (AERZG) [1] ist eine seltene granulomatöse Entzündung unklarer Äthiopathogenese mit häufiger Prädilektion für sonnenexponierte Areale, speziell Gesicht und Hals [2]
[3]. Von vielen Autoren wird es synonym mit O’Brien’s aktinischem Granulom verwendet [2]
[4]. Bezüge zur Necrobiosis lipoidica bestehen gleichfalls [2]
[3]. Auch über eine papulöse Variante wird berichtet [10]. Als Ursache wird die Phagozytose elastotischen Materials infolge dessen Zerstörung durch UV-Einflüsse vermutet [2]. Aber es gibt Fälle mit Lokalisierung (auch) an nicht chronisch lichtexponierter Haut bzw. mit Generalisation [11].
Über diverse Komorbiditäten beim AERZG wurde kasuistisch berichtet. Hierzu zählen neben der Arteriitis temporalis [12], der Vitiligo [13] und dem Diabetes mellitus [14] insbesondere maligne Erkrankungen [15]
[16]. Vor allem hämatologische Erkrankungen wurden öfter gesehen [5]
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[9] (präsentierter Fall).
Kürzlich berichteten Kauffman et al. [5] über den Fall einer 65-jährigen Patientin mit aktinischem Granulom, das sich als rosafarbene Papeln, lokalisiert an Stirn, Hals, oberem Stamm und Armen, manifestierte und mit kutanen Infiltraten einer bereits seit 6 Jahren bestehenden chronischen lymphatischen Leukämie vom B-Zell-Typ (BCLL/SLL) assoziiert war. Über einen Fall mit papulöser Variante des elastolytischen Riesenzellgranuloms (PEGZG) in Assoziation mit einer monoklonalen Gammopathie berichten Rongiletti et al. [6]. In dieser Kasuistik entwickelte eine 43-jährige Patientin drei Jahre vor der Diagnose der monoklonalen Gammopathie hautfarbene Papeln am Hals und oberen Stamm. Boussault et al. [7] schildern einen 62-jährigen Patienten mit einem primär kutanen CD4-positiven klein/mittelgroßzelligen pleomorphen T-Zell-Lymphom (CTCL), dem das Auftreten multipler erythematöser anulärer Herde eines AERZG mit zentraler Atrophie, nicht nur in lichtexponierten Arealen, zwei Monate vorausging. Diese bildeten sich unter Therapie des Tumors mit Bexaroten (Tagretin®) binnen Wochen zurück. Ein 74-jähriger japanischer Patient entwickelte gleichzeitig mit einer adulten T-Zell-Leukämie ein AERZG mit juckenden Herden im Gesicht, am Hals, an den Handrücken, am Rücken und an den Unterschenkeln [8].
Bei einem weiteren 57-jährigen Patienten traten multiple juckende, rotbraune Papeln und anuläre Herde eines AERZG an Gesicht, Hals, oberem Stamm, Unterarmen und Händen 9 Monate vor Diagnosestellung einer akuten myeloischen Leukämie (AML) auf. Unter einer Remission der AML nach Chemotherapie heilten diese Hautveränderungen vollständig ab und traten bei einem Rezidiv der Leukämie erneut auf [9].
Auffällig ist das häufigere Auftreten von verschiedenen, vorzugsweise lymphozytären malignen Erkrankungen, sowohl der B-Zell- als auch der T-Zell-Reihe [5]
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[8] (präsentierter Fall), in Assoziation zu dem eher seltenen AERZG. Zum Teil [5]
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[8] waren Tumorinfiltrate histologisch in direkter Nähe der Granulome zu finden. In einigen Fällen ging das Auftreten der AERZG dem Manifestwerden der hämatologischen Erkrankung zum Teil um viele Jahre voraus [6]
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[9] (präsentierter Fall), in einzelnen Fällen traten beide Erkrankungen gleichzeitig [8] bzw. erst Jahre später auf [5]. Ein therapeutisches Ansprechen der hämatologischen Grunderkrankung ging in einigen Fällen mit einer Besserung bzw. dem zumindest passagerem Abheilen des AERZG einher [7]
[9]. Falls weitere solche Fälle beschrieben werden sollten, könnte das nahelegen, vom AERZG bzw. dem aktinischen Granulom als einer fakultativen Paraneoplasie zu sprechen. Wir halten es jedoch bereits für gerechtfertigt zu empfehlen, Patienten mit AERZG auf eine eventuell unterliegende hämatologische Erkrankung zu untersuchen und gegebenenfalls nachzukontrollieren. Der mögliche äthiopathogenetische Zusammenhang auch solcher Fälle mit einer meist lokal vorhandenen chronischen UV-Schädigung harrt ebenfalls der weiteren Aufklärung.