Transfusionsmedizin 2011; 01(01): 7-8
DOI: 10.1055/s-0031-1291893
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Heparininduzierte Thrombozytopenie – Heparin aktiviert Thrombozyten über das αIIbβ3-Integrin

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Publication Date:
23 September 2011 (online)

 

Eine der möglichen Nebenwirkungen von unfraktioniertem Heparin ist eine nicht-immunologische Thrombozytopenie – ein zumeist mildes, vorübergehendes Phänomen ohne klinische Folgen. Über die genauen Mechanismen ist bisher jedoch nur wenig bekannt. Diese näher zu bestimmen war das erklärte Ziel der Forschungsarbeit von Gao und Kollegen.
Blood 2011; 117: 4946–4952

Die Autoren konnten nachweisen, dass Heparin an den αIIbβ3-Rezeptor bindet, dessen Signalfunktion initiiert und so die Thrombozyten-Aggregation fördert. Die zugrundeliegenden Untersuchungen erfolgten sowohl mit gelöstem Heparin als auch mit Heparin, das auf eine künstliche Oberfläche fixiert war. In zitratantikoaguliertem Plasma löste die Konfrontation menschlicher Thrombozyten mit gelöstem Heparin weder eine Thrombozyten-Aggregation noch eine Granula-Sekretion aus. Die Kombination von Heparin mit niedrig-dosiertem ADH, das die Plättchenaktivierung leicht stimulieren kann, bewirkte dagegen Aggregation und Sekretion der Thrombozyten. Diese Reaktion war deutlich verstärkt gegenüber der alleinigen ADH-Wirkung.

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Fördert Heparin die Plättchenaktivierung, indem es zentrale, verstärkende Signalwege anstößt?(2009 Symbolbild, Quelle: Internistische Notfälle. A. Tichelli, A. Gratwohl; Thieme Verlag, Stuttgart)

Zur Bindung der Thrombozyten an fixiertes Heparin waren keine stimulierenden Zusätze nötig. Im Weiteren zeigte sich in einer Immunoblot-Analyse, dass sowohl fixiertes als auch gelöstes Heparin die Phosphorylierung von Enzymen bewirkt, die an der zytosolischen Signalkaskade bei der Thrombozytenaktivierung beteiligt sind. Die Wissenschaftler nahmen daher an, dass Heparin die Plättchenaktivierung fördert, indem es zentrale verstärkende Signalwege anstößt. Als Angriffspunkt postulierten die Autoren eine Bindung von Heparin an das αIIbβ3-Integrin. Tatsächlich reduzierte eine Vorbehandlung der Thrombozyten mit αIIbβ3-Antagonisten sowohl deren Bindung an Heparin wie auch die heparininduzierte Phosphorylierung der Enzyme.

Fazit

Gemäß den Autoren zeigten die beschriebenen Beobachtungen, dass Heparin die Plättchenaggregation verstärkt, indem es an das αIIbβ3-Integrin bindet. Die genaue Bindungsstelle von Heparin am αIIbβ3-Komplex sei bisher jedoch nicht bekannt. Weitere Studien müssten folgen, um die exakte Stelle zu lokalisieren. Denn dann könnten spezifische Antikörper entwickelt werden, die eine nicht-immunologische Plättchenaktivierung durch Heparin verhindern könnten.

Dr. Bettina Rakowitz, Sachsen b. A.