Arzneimittelforschung 2009; 59(8): 433
DOI: 10.1055/s-0031-1296420
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Editio Cantor Verlag Aulendorf (Germany)

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Publication Date:
13 December 2011 (online)

Drugs – From Discovery to Approval

N. G. Rick. 2. Auflage. Wiley-Blackwell/J. Wiley & Sons, Hoboken, NJ (2008). ISBN 978-0-470-19510-9. 466 Seiten, mehr als 90 Tabellen und Abbildungen, gebunden. Preis: € 82,90.

Die Neuentwicklung von Arzneimitteln wird stetig komplexer. Einerseits sind die Jahre des klassischen pharmakologischen Entdeckerbooms verstrichen, andererseits haben sich Komplexität und Internationalität bei der Entwicklung neuer Arzneimittel deutlich gesteigert. Damit ist die pharmazeutische Industrie wahrscheinlich der am stärksten regulierte und bürokratisierte Industriezweig überhaupt. Die “Consumer-Safety”-Anforderungen wurden und werden deutlich und fortwährend verschärft. Hieß es früher als pharmakologischer Erfolgsindikator, “Wenn ein Mittel wirkt, so wirkt es auch neben”, so hat sich diese Einstellung im Zeitalter des Verbraucherschutzes in das Gegenteil verkehrt. Manches verordnete Medikament bleibt “non-compliant” im Kü-chenschrank des Patienten liegen, weil beispielsweise Blähungen, Mundtrockenheit oder üble Träume als seltene Nebenwirkung auf dem Beipackzettel beschrieben werden, und der Arzt ist über seinen augenscheinlichen therapeutischen Misserfolg erstaunt. Man erinnere sich zudem an die Buch-Bestseller, die als “Aufklärungsbücher” entsprechende Szenarien beschreiben.

Zudem ist der Pharmamarkt hochgradig durch Nachahmerprodukte, sog. “me too”-Präparate durchdrungen, und es herrscht ein reger Verdrängungswettbewerb mit heftigem Schwingen der “Marketingkeulen”. Wenn der Rezensent nunc et hoc trotzdem aufrichtig das Innovationspotential des Pharma-marktes per se einschätzen sollte, wäre er geneigt zu behaupten, dass wahrscheinlich überhaupt nur alle ein bis zwei Jahre ein Präparat die Marktreife erreicht, welches einen echten Paradigmenwechsel für die Pharmakotherapie und damit für die Medizin darstellt.

Dieses ist eine leidlich schwierige Ausgangslage für die Pharmaindustrie, und so hilft dieses Buch dem potentiellen Leser, sich einen abgerundeten Überblick über den steinigen Pfad der Entwicklung eines Arzneimittels vom ersten Gedanken zur Entwicklung bis zum Einzug in die Apotheke zu verschaffen.

Zur besseren Übersicht im Folgenden die Listung der einzelnen Hauptkapitel dieses Buches: Introduction, Drug Discovery: Targets and Receptors, Drug Discovery: Small Molecule Drugs, Drug Discovery: Large Molecule Drugs, Drug Development and Preclinical Studies, Clinical Trials, Regulatory Authorities, Regulatory Applications, Good Manufacturing Practice: Regulatory Requirements, Good Manufacturing Practice: Drug Manufacturing, Future Perspectives, History of Drug Discovery and Development (Appendix 1), Cells, Nucleic Acids, Genes, and Proteins (Appendix 2), Selected Drugs and Their Mechanisms of Action (Appendix 3), A DHFR Plasmid Vector (Appendix 4), Vaccine Production Methods (Appendix 5), Pharmacology/Toxicology Review Format (Appendix 6), Examples of General Biomarkers (Appendix 7), Toxicity Grading (Appendix 8), Health Systems in Selected Countries (Appendix 9), Acronyms, Glossary, Index.

Ein sehr interessantes und umfangreiches Buch, das die Komplexität einer Arzneimittelentwicklung ausgiebig darstellt. Dabei wird ausdrücklich Wert darauf gelegt, den Entwicklungsprozess eines Arzneimittels Schritt für Schritt in verständlicher Form aufzuarbeiten. Alle Kapitel zeigen einen kohärenten Stil.

Der Inhalt entspricht den Fakten. Es wird nichts schöngeredet, aber auch nichts verschwiegen. Der persönlichen Ansicht des Rezensenten nach wird jedoch die Darstellung der präklinischen Phase an manchen Punkten etwas durch die rosarote Brille betrachtet. Man kann “rational drug design” betreiben. Fast alles ist planbar, modellierbar, an In-vitro-Targets generierbar. Ist dem so? Herrscht nicht auch heute noch in den frühen Phasen der Leitstrukturfindung und -optimierung oft das “trial and error”-Prinzip vor? Der Rezensent möchte bezüglich dieses Aspektes niemandem zu nahe treten und die Darstellungen dieser Rationalität in der frühen Arzneimittelfindung nicht weiter kommentieren. Der potentielle Leser sei aber ermutigt, diesen Aspekt sorgfältig zu recherchieren und zu reflektieren. Bestechend sind die vielen erläuternden Tabellen wie auch die vielen übersichtlichen Abbildungen. Auch die Literaturreferenzen sind in dieser zweiten Auflage auf den neuesten Stand gebracht worden. Besonderer Wert wurde auf die Darlegung nationaler Besonderheiten bei internationalen Arzneimittelzulassungen gelegt, wobei u. a. neben der EU und Europa besonders auch China gebührend berücksichtigt wird. Besondere Transparenz wird auch dadurch erzeugt, dass in jedes Kapitel eine sorgfältig ausgewählte Fallstudie als exemplarisches relevantes Beispiel eingebettet ist.

Zusammenfassend ein Buch von hoher Qualität und hohem Informationsgehalt, wie man dieses bei Büchern von Wiley-Blackwell auf diesem Themengebiet nicht anders gewohnt ist. Der Rezensent ist geneigt zu behaupten, dass dieses Werk besonders auch von Medizinern beachtet werden sollte. Die Pharmakotherapie ist ein zentrales Mittel ärztlichen Handelns, und der Arzt möchte bezüglich seiner Therapieoptionen selbstverständlich auf dem aktuellen Stand sein. Andererseits besteht im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arztes im Verhältnis zum Patienten das Gebot, nicht zu experimentieren, sondern sich auf trotzdem sichere und bewährte Therapieansätze zu stützen. Um hier die Balance zu finden, ist es wichtig, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie überhaupt ein neues Arzneimittel den Weg auf den Markt findet und welche Kriterien es hierfür erfüllen muss und erfüllt.

Axel Schmidt, Witten/Herdecke