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DOI: 10.1055/s-0031-1296503
Book Reviews
Publication History
Publication Date:
15 December 2011 (online)
Emerging Viral Diseases of Southeast Asia
Sunil K. Lal (Hrsg.). Band 4 der Reihe “Issues in Infectious Diseases”, hrsg. von H. Zeichhardt und B. Mahy Karger AG, Basel (2007). ISSN 1660-1890. ISBN 978-3-8055-8175-2. Xu. 150 S., 17 s/w u. 1 farb. Abb., 7 Tab., geb. Preis: € 123,– / 172 CHE
Gerade Südost-Asien wurde in letzter Zeit nur allzu häufig von „Emerging Infectious Diseases” und „Re-Emerging Infectious Diseases” überrannt bzw. hat sich von ihnen überrennen lassen. Man denke beispielsweise an den „Avian Influenza”-Ausbruch in Hong Kong 1997, die Nipah-Virus-Enzephalitis-Endemie in Malaysia 1998, SARS im südlichen China im Jahr 2002. Alle zwei bis drei Jahre etwas Neues, und diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Aber auch die Ursachen lassen sich dingfest machen. Wir beobachten in der Asien-Pazifik-Region einen nahezu explosionsartigen Bevölkerungsanstieg bei im allgemeinen schlechtester sozioöko-nomischer Lage, nicht gegebener adäquater flächendeckender medizinischer Versorgung, hochgradig suboptimaler Logistik für Abläufe des täglichen Lebens, verbunden mit zunehmendem Tourismus in diese Länder und aus diesen Ländern heraus, sowie vermehrter Aktivität von Geschäftsreisen im Zusammenhang mit diesen Ländern im Rahmen der allgemeinen wirtschaftlichen Globalisierungstendenz. Dies hinterlässt nahezu zwangsläufig derartig schwerwiegende Spuren, und derzeit wird die „Avian Influenza” als eine der bedeutendsten „Zeitbomben” der Medizin angesehen, wobei man sich – besonders bei eher skeptisch eingestellten Epidemiologen – sicher ist, dass letztendlich aufgrund des breiten Wirtsspektrums für das Influenzavirus H5N1 eine weltweite Pandemie nahezu unausweichlich sei.
Aufgrund der fehlenden Infrastruktur und Fachexpertise in diesen Ländern sind diese auf internationale Unterstützung im Kampf gegen die verheerenden Wellen der immer wieder auftretenden „Emerging Infectious Diseases” angewiesen, was in diesem Buch hervorragend zum Ausdruck kommt und auch gelebt wird.
Zur näheren Information des Lesers eine Übersicht über die neun Kapitel dieses Buches: The Singapore Contribution in the Battle against the Severe Acute Respiratory Syndrome (Fielding BC, Tan Y-J); Avian Influenza in Thailand (Puthavathana P et al.); Emerging Viral Diseases of Fish and Shrimp (Wang M et al.); Avian Influenza H5N1 Virus: An Emerging Global Pandemic (Lal SK, Chow VTK); Henipaviruses: The Threats for Southeast Asia and Australia (McCor-mack J, Smith G); Ross River Virus: An Arthritogenic Alphavirus of Significant Importance in the Asia Pacific (Tupanceska D et al.); Emerging and Re-Emerging Infectious Diseases in Our Global Village (Heymann DL); The Role of a Pathology Laboratory in SARS and Other Emerging Infections (Nicholls J, Peiris JSM); The Fight against Emerging Viral Diseases in Asia (Lam SK).
Sicherlich leicht “asienlastig”, sind die einzelnen Kapitel von international ausgewiesenen Experten verfasst. Es werden bedeutsame Krankheitsbilder wie SARS, „Avian Influenza”, Henipavirus-Infektionen und Ross River Virus-Infektionen ausführlich behandelt. Auch diagnostische und „Disease-Management”-As-pekte werden ausführlich behandelt.
Neben diesen mehr analytisch ausgestalteten Themen findet der Rezensent das mehr ganzheitlich, phänomenologisch gefasste Kapitel „Emerging and Re-Emerging Infectious Diseases in Our Global Village” (David L. Heyman, WHO, Genf, Schweiz) als einen besonders herausragenden Beitrag, besonders auch, da es sich auf die weltweite Infektionsepidemiologie übertragen lässt oder eigentlich sogar schon in diesem Kapitel übertragen ist.
Da die Ernährungssituation in dieser Region in Bezug auf Protein hauptsächlich durch „Seafood/Aquaculture” gedeckt wird, wird auch dem Arzt mit dem Kapitel „Emerging Viral Diseases of Fish and Shrimp” der Blickwinkel deutlich geöffnet. Ausfälle auf diesem Wirtschaftszweig führen zu einer schlechteren Ernährungssituation, die sich wiederum auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung negativ auswirkt. Ferner kann „Seafood/Aquaculture” ein Übertragungsfaktor für menschliche Erkrankungen sein; man denke nur an die Hepatitis A Außerdem ist es wichtig, dass in Zeiten vernetzten medizinischen Denkens auch Zoonosen und deren Auswirkungen auf den Menschen vermehrt in das Bewusstsein der Humanmedizin gelangen. Hier lässt auch dieses Kapitel – wie auch alle anderen – keine Wünsche offen.
Als potentieller Leserkreis sollten sich Wissenschaftler und Ärzte angesprochen fühlen. Besonders wichtig ist diese Thematik für Infektionsepidemiologen, auch im Hinblick auf internationale Reiseaktivität und umsetzbare Präventivmaßnahmen. Und dieses setzt sich dann bis in den Bereich der Politik und internationalen Gesundheitsgesetzgebung fort. Auch der Preis des Buches wird vom Rezensenten als sehr angemessen angesehen.
Zusammenfassend ein hochinteressantes, aber letztendlich auch beängstigendes Buch. Jeder Arzt sollte diesen Problemkreis kennen und dieses Buch -wenn es geht – zumindest einmal „anlesen”. Praktisch umsetzbar ist der Inhalt allemal, sei es für eigene Reisen wie auch zur Patientenberatung und Prävention bei Reisen in fernöstliche Länder.
Wenn die Asien-Pazifik-Region nicht in nahester Zukunft ihre Veränderung hin zu entwickelteren und – dem westlichen Standard und der westlichen Betrachtungsweise entsprechend – geregelteren Verhältnissen bekommt, ist und bleibt sie eine reale Bedrohung der Erdbevölkerung – so hart dieses klingen mag.
Es stellt sich nur die Frage des Wie, denn zu den oben dargestellten Problemen gesellen sich beispielsweise zusätzlich noch schwerwiegende und tiefgreifende Bildungsprobleme sowie politische, ethnische, religiöse und kommunikative Probleme aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Sprachen in dieser schwierigen Region. Auch medizinisch betrachtet ein gefährliches – vielleicht unter den jetzt bestehenden lokalen Umständen unlösbares – Spannungsfeld; die Epiphänomene sind in diesem Buch exzellent zusammengefasst!
Axel Schmidt, Witten/Herdecke