Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2011; 46(11/12): 718-725
DOI: 10.1055/s-0031-1297178
Fachwissen
Intensivmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Herzinsuffizienz – Das akute Rechtsherzversagen

Cardiac insufficiency – Acute right heart failure
Wolfgang A Wetsch
,
Tim Lahm
,
Jochen Hinkelbein
,
Christoph M Happel
,
Stephan A Padosch
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Dezember 2011 (online)

Preview

Zusammenfassung

Das akute Rechtsherzversagen (RHV) ist eine häufige und ernste Komplikation in der perioperativen und intensivmedizinischen Behandlungsphase. Die häufigsten Ursachen sind pulmonale Hypertension, Folgen eines Linksherzversagens, Lungenembolie, Sepsis, acute lung injury (ALI) sowie kardiochirurgische Eingriffe. Ein akutes RHV selbst trägt nicht nur per se zu Morbidität und Mortalität bei, es beeinflusst auch maßgeblich die Einsatzmöglichkeiten und den Erfolg routinemäßig durchgeführter intensivmedizinischer Therapiemaßnahmen, wie beispielsweise die Gabe von Vasopressoren.

Im Gegensatz zum linken Ventrikel ist über die Physiologie und Pathophysiologie des rechten Ventrikels (RV) jedoch relativ wenig bekannt und die Diagnostik des RHV ist eine große Herausforderung. Zur Therapie des RHV stehen zwar einerseits viele Medikamente zur Verfügung, andererseits fehlen jedoch noch häufig kontrollierte, randomisierte Studien (RCT).

Der Artikel gibt eine Übersicht über Ätiologie und Pathophysiologie des akuten Rechtsherzversagens und zeigt aktuelle diagnostische und therapeutische Möglichkeiten nicht nur für Anästhesisten und Intensivmediziner auf.

Abstract

Acute right heart failure (RHF) is a frequent and severe complication during perioperative and intensive care treatment in intensive care units (ICUs). The most common causes are pulmonary hypertension, left heart failure, pulmonary embolism, sepsis, acute lung injury (ALI) and thoracosurgical procedures. Acute RHF is not only a major contributor to morbidity and mortality; it also influences efficacy and outcome of routinely performed procedures, such as vasopressors, in critically ill patients. In contrast to the left ventricle, the right ventricle's physiology and pathophysiology are understudied, and the diagnosis of acute RHF is frequently challenging. Although many drugs are available for the treatment of RHF, randomized trials for this setting are still missing. This article gives an overview of aetiology and pathogenesis of RHF and reviews the diagnostic and therapeutic interventions currently available for providers in anaesthesiology and critical care.

Kernaussagen

  • Das akute Rechtsherzversagen (RHV) ist ein sehr ernstes und mitunter lebensbedrohliches Krankheitsbild, das besonders häufig in der perioperativen Phase sowie auf Intensivstation auftritt.

  • Bei akutem Eintreten dekompensiert der rechte Ventrikel (RV) etwa bei einem PAP von 40–50 mmHg; ein chronisch an höhere Drücke adaptierter RV kann durchaus bis zu 100 mmHg tolerieren.

  • Die Diagnose eines RHV ist schwierig, da es keine spezifischen Untersuchungen gibt, welche diese bestätigen können.

  • Invasives hämodynamisches Monitoring sowie Echokardiografie (TTE und TEE) sind die verlässlichsten Methoden in der Diagnostik und Kontrolle der RHV-Therapie.

  • Die Therapie des RHV besteht in 1. Linie aus Volumenmanagement.

  • Da der RV in hohem Maße von Volumenschwankungen beeinflusst wird, ist eine vorsichtige Balance zwischen optimierter Vor- und reduzierter Nachlast essenziell.

  • Um eine Erhöhung der Nachlast durch hypoxisch-pulmonale Vasokonstriktion zu verhindern, sollte eine adäquate Oxygenierung mit einer O2-Sättigung von 92 % oder höher angestrebt werden.

  • Bei RHV-Patienten sollten niedrigstmögliche VT, Plateau-Druck PPLAT und PEEP gewählt werden, mit denen noch eine adäquate Oxygenierung erreicht werden kann.

  • Da der RV sehr empfindlich auf Änderungen des Herzrhythmus reagiert, ist die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines Sinusrhythmus sowie von AV-Synchronisation physiologisch sinnvoll.

  • Die medikamentöse Therapie umfasst Inotropika (Dobutamin) kombiniert mit Vasopressoren (Noradrenalin) und selektiven pulmonalen Vasodilatatoren wie Phosphodiesterase-Hemmern und inhalativem NO.

  • Inhalatives NO induziert eine Erweiterung der pulmonalen Gefäße, ohne dabei jedoch systemisch zu wirken. Sein Einsatz wird durch die apparativen Anforderungen allerdings eingeschränkt.

  • Sofern möglich, sollte allen voran eine spezifische Therapie der zugrunde liegenden Ursache erfolgen.

Beide Autoren haben gleichwertig zu diesem Artikel beigetragen und teilen sich die Erstautorenschaft.


Ergänzendes Material