Dtsch Med Wochenschr 2012; 137(05): 228-229
DOI: 10.1055/s-0031-1298889
Korrespondenz | Correspondence
Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Katheterinterventionelle Therapie bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit und diabetischer Angiopathie

Interventional treatment of peripheral arterial disease and diabetic angiopathy
N. Weiss
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Publication Date:
25 January 2012 (online)

Erwiderung

Es ist richtig, dass die während des letztjährigen „Charing Cross Meeting“ von Mitgliedern der TASC-Arbeitsgruppe vorgestellten Vorschläge zur Novellierung der TASC II zu einer TASC-IIb-Leitlinie – mit Empfehlungen für einen „endovascular first“-Ansatz auch für komplexe Läsionen der iliako-femoro-poplitealen-kruralen Strombahn – zum Teil auf einem niedrigen Evidenzlevel basieren. Dies wurde in unserem Artikel [4] auch ausgedrückt. Wir hatten ebenfalls erwähnt, dass die endgültige Konsentierung der novellierten Empfehlungen aussteht. Erst nach Drucklegung unseres Artikels ist von der „TASC Working Group“ aufgrund von Einwänden seitens Gefäßchirurgen entschieden worden, die Publikation der Novellierung zurückzustellen und stattdessen eine intensivere systematische Aufarbeitung und Bewertung der aktuellen Evidenz vorzunehmen, die in eine TASC-III-Leitlinie eingehen soll.

Zwischenzeitlich hat die „European Society of Cardiology“ in ihren im August 2011 vorgestellten und publizierten Leitlinien [3], die im Entwurf zur TASC-IIb-Novellierung vorgeschlagenen Empfehlungen weitestgehend gleich bewertet. In diesem Dokument wird ebenfalls eine primär endovaskuläre Therapie für aortoiliakale und femoropopliteale Läsionen der TASC-Klasse A-C empfohlen – in erfahrenden Zentren und bei Patienten mit schweren Komorbiditäten auch der TASC-Klasse D (Klasse-IIb-Empfehlungen und höher). Im Bereich infrapoplitealer Arterien wird für alle Läsionen bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie ein primär endovaskulärer Ansatz empfohlen (Klasse-IIa-Empfehlungen und höher). Auch in diesem Dokument wird erwähnt, dass die wissenschaftliche Evidenz hierfür noch limitiert ist.

Inhaltlich unterstützt somit die aktuelle ESC-Leitlinie unsere „Konsequenz für Klinik und Praxis“, die sich aus der derzeitigen Evidenz und klinischen Praxis ergibt: Verschlussprozesse der Becken- und Beinarterien einschließlich der Unterschenkelarterien insbesondere bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie sollten bevorzugt endovaskulär behandelt werden, und bei komplexer Anatomie und unbefriedigenden katheterinterventionellen Ergebnissen sollten chirurgische Verfahren eingesetzt werden. Ob die „TASC Working Group“ im TASC-III-Dokument, dessen Publikation Ende 2012 geplant ist, zu anderen Empfehlungen kommt, bleibt abzuwarten.

Ziel der „DGIM Gesellschaftsausgaben der DMW“ ist es nach meinem Verständnis, aktuelle Entwicklungen in den Subdisziplinen der Inneren Medizin darzustellen, auch solche, die im Fluss und in Diskussion sind, aber die zukünftige medizinische Versorgung beeinflussen können, um die Meinungsbildung anzuregen. Dazu gehört es, mündige Leser einer Fachzeitschrift nicht nur publizierte Orginalarbeiten und Übersichtsartikel vorzustellen, sondern aktueller über auf Kongressen vorgetragene Diskussionen zu informieren, vor allem wenn diese als Kongressbeitrage mehrfach publiziert sind und in der klinischen Praxis Anwendung finden. Dies trifft für die Vorschläge zur Novellierung der TASC-Leitlinien zu [1]. Die offene Darstellung auch kontroverser Diskussionen von Leitlinienkommissionen unterstützt Eckstein selbst, wie aus einer kürzlichen Publikation ersichtlich [2], in der er die Kernaussagen eines Entwurfes der deutschen S3-Leitlinie zur Therapie extrakranieller Karotisstenosen und die „gelegentlich sehr emotional geführte(n) Debatte um das beste Verfahren zur Diagnostik und Therapie“ dieser Erkrankung darstellt, die bisher noch zu keiner Konsentierung der beteiligten Fachgesellschaften geführt hat. Meiner Meinung nach sollte es „gute wissenschaftliche Praxis“ bleiben, in medizinischen Fachzeitschriften neben etabliertem Wissen auch kontroverse wissenschaftliche Diskussionen darzustellen, damit die Leser in der Lage sind, Publikationen, einschließlich publizierter Leitlinien, kritisch zu beurteilen. In den Gesellschaftsausgaben der DMW ist meiner Ansicht nach hierfür ein Forum geschaffen worden, was unbedingt aufrechterhalten werden sollte.

 
  • Literatur

  • 1 Anonymus. TASC guidelines set to recommend "endovascular first" for all lesions. Interventional News 2010; 42: 12
  • 2 Eckstein HH. Die extrakranielle Karotisstenose. Aktuelle nationale und internationale Leitlinienempfehlungen. Cardiovasc 2011; 6: 42-46
  • 3 European Society of Cardiology. Guidelines on the diagnosis and treatment of peripheral artery diseases. Eur Heart J 2011;
  • 4 Werth S, Halbritter K, Mahlmann A, Weiss N. Katheterinterventionelle Therapie bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit und diabetischer Angiopathie. Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 1994-1997