Suchttherapie 2012; 13(01): 4
DOI: 10.1055/s-0032-1304682
Neues & Trends
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gefragt – Substitution und Recht – Neues aus der Rechtsprechung

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Publication Date:
09 February 2012 (online)

 

? Ist jede Stelle für psychosoziale Betreuung verpflichtet, die Beratung unabhängig vom Bundesland zu übernehmen? Meine Praxis liegt sozusagen im Grenzbereich. Die Beratungsstellen argumentieren, dass nur das Bundesland zuständig ist, in dem der Patient wohnt. Da ich auf dem Land arbeite, wollen die Beratungsstellen nur Patienten betreuen, die in ihrer Nähe wohnen. Ist das zulässig?

Leider muss darauf hingewiesen werden, dass keinerlei Rechtsgrundlagen existieren, die definitiv die psychosoziale Betreuung von Einrichtungen bundesweit einheitlich regeln. Daher wird man berechtigterweise die Auffassung vertreten können, dass die Ablehnung einer Beratung, weil der Patient aus einem anderen Bundesland kommt, nicht zulässig ist. Die Tatsache, dass der Patient aus einem anderen Bundesland kommt, erscheint grundsätzlich kein Berechtigungsgrund zu sein, die psychosoziale Begleitung abzulehnen. Da jedoch häufig die Beratungsstellen von den Kommunen bzw. von den Ländern betreut werden, bekommen sie für bundeslandfremde Patienten keinerlei zusätzliche Vergütung. Dies dürfte der tatsächliche Grund dafür sein, die Behandlung abzulehnen. Wird trotz entsprechender Rücksprache mit den jeweiligen psychosozialen Beratungsstellen deren Verhalten nicht geändert, empfehlen wir, sich mit der jeweiligen Kommune in Verbindung zu setzen, da von dort häufig entsprechende Gelder gezahlt werden.

? Erfolgt die Rezeptverschreibung beim Pflegefall über den Pflegedienst?

Die Frage wird in dem Sinne verstanden, ob es zulässig ist, bei einem Pflegefall eines take-home-fähigen Patienten das Rezept dem Pflegedienst zu überlassen, damit dieser das Rezept einlöst. Eine Antwort auf diese Problematik gibt § 5 Abs. 8 der Betäubungsmittel-Verschreibungsver-ordnung (BtMVV). Nach dieser Vorschrift ist bei einem Take-home-Patienten das Rezept im Rahmen einer persönlichen ärztlichen Konsultation auszuhändigen. Es ist daher nicht zulässig, ein Take-home-Rezept über den Pflegedienst an den Pa-tienten weiterzuleiten. Gegebenenfalls ist im Rahmen eines auch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abrechnungsfähigen Hausbesuchs, die Verschreibung dem Patienten zur Verfügung zu stellen. Ist der Patient nicht take-home-fähig, so greift § 5 Abs. 7 BtMVV ein. Danach ist das Substitutionsmittel bei einem Hausbesuch zu einem unmittelbaren Verbrauch zu überlassen. Eine Vergabe durch das Pflegepersonal wäre nicht möglich. Der Hausbesuch selbst ist innerhalb der GKV abrechnungsfähig.

? Welche Voraussetzungen muss ein Arzt erfüllen, um Substitutionen durchführen zu dürfen?

Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus § 5 Abs. 2 BtMVV. Speziell für den Arzt sind grundsätzlich 2 Punkte zu beachten:

  • Der Arzt muss die Meldeverpflichtungen zum Substitutionsregister nach § 5a Abs. 2 Satz 1 BtMVV erfüllen.

  • Der Arzt muss die Mindestanforderungen an eine "Suchtmedizinische Qualifikation" erfüllt haben, was sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtMVV ergibt. Dies bedeutet, er muss an einer Fortbildungsmaßnahme der jeweiligen Landesärztekammer teilnehmen, um die Zusatzqualifikation "Suchtmedizinische Grundversorgung" zu erhalten. Dies entspricht regelmäßig einer 50-stündigen Weiterbildung mit anschließender Prüfung durch die Landesärztekammer.

Besitzt der Arzt die Zusatzbezeichnung "Suchtmedizinische Grundversorgung" nicht, darf er höchsten 3 Patienten parallel substituieren, sofern er die übrigen Voraussetzungen, insbesondere die Meldeverpflichtungen aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV erfüllt und eine entsprechende Behandlung mit einem Arzt abgestimmt hat, der die Zusatzbezeichnung "Suchtmedizinische Grundversorgung" (Konsi-liarius) erfüllt. Ferner ist erforderlich, dass diese Patienten zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal pro Quartal dem Konsiliarius vorgestellt werden. Entsprechendes ergibt sich aus § 5 Abs. 3 BtMVV.

Möchte man die Substitutionsbehandlung bei Kassenpatienten auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen, so ist auch zusätzlich Anlage 1 Nr. 2 "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" (früher BUB-Richtlinie) zu beachten. Bei der Substitutionsbehandlung handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Leistung, die nur dann abgerechnet werden darf, wenn der Arzt die entsprechende Genehmigung durch die Krankenversicherung hat.

Mehr dazu

Sie haben selbst eine Frage? Gerne können Sie diese unter www.500fragen.de stellen. Sie wollen mehr Fragen und Antworten lesen? Dann stöbern Sie doch mal auf der Homepage www.500fragen.de oder im Buch der beiden Autoren "Substitution und Recht" (ISBN 978-3-609-70467-8) des ecomed-Verlags.

Dr. Bernd Weber, Kassel
Jörn Schroeder-Printzen, Potsdam