Schlüsselwörter
WAD - okuläre Dysfunktionen - okulomotorische Störung - posturales Kontrollsystem
- neuromuskuloskelettale Therapie
Key words
WAD - ocular dysfunction - oculomotor disorder - postural control system - neuromusculoskeletal
therapy
Einleitung
Die Literatur beschäftigt sich schon seit mehreren Jahrzehnten mit der Frage, ob bei
Whiplash-associated Disorders (WAD) neben den allgemein bekannten Kurz- und
Langzeitsymptomen wie Schmerz, HWS- Dysfunktionen, Radikulopathien und Schwindel auch
Störungen im okulomotorischen System entstehen. Die 1. Veröffentlichung zu dieser
Fragestellung stammt von Billig aus dem Jahr 1953 [1].
Der Begriff WAD umfasst die klinischen Manifestationen von Whiplash-Verletzungen [7], [30]. Die Quebec Task
Force beschreibt Whiplash als einen Akzelerations-Dezelerations-Mechanismus mit einem
Energietransfer zum Nacken [7], [39] der hauptsächlich als Folge eines Auffahrunfalls oder sonstiger
Verkehrskollisionen, aber auch beim Tauchen oder anderen Unglücken entstehen kann.
Die
Kräfteeinwirkung kann sowohl knöcherne Strukturen als auch Weichteile verletzen, was
sich in
vielfältigen klinischen Manifestationen zeigen kann. Die Einteilung von WAD erfolgt
in Grad
0–IV ([Tab. 1]).
Tab. 1
Grade der Whiplash-associated Disorders (freie Übersetzung aus [21]).
|
Grad
|
Symptome
|
|
*Armschmerz alleine reicht nicht für eine Diagnose von WAD Grad III aus
|
|
0
|
-
keine Nackenbeschwerden
-
keine klinischen Zeichen
|
|
I
|
|
|
|
|
II
|
Beschwerden im Nackenbereich und muskuloskelettale klinische Zeichen (inkl.
verringerte Range of motion und Triggerpunkte)
|
|
III
|
Beschwerden im Nacken und neurologische Zeichen (inkl. verringerter oder
fehlender tiefer Sehnenreflex, Schwäche, Nacken- und sensorische Defizite)*
|
|
IV
|
Beschwerden im Nackenbereich und Fraktur oder Dislokation oder Verletzung
des Rückenmarks
|
WAD ist ein Symptomenkomplex ohne direkte pathologische und radiologische Korrelation
(außer WAD Grad IV; [Tab. 1]). Die meisten lang anhaltenden
Symptome sind Nackenschmerzen und -steifheit, Kopfschmerzen, Benommenheit und ausstrahlende
Schmerzen in Arme und Hände, visuelle Störungen, Schwindel, Tinnitus sowie verschiedene
Arten emotionaler und kognitiver Störungen [40]. WAD-Patienten
nehmen häufig okulomotorische Störungen wahr, die in der Literatur systematisch beschrieben
werden [3]–[5], [14], [18], [19], [31], [35]. Diese
okulomotorischen Dysfunktionen äußern sich in der Regel als verschwommenes Sehen und
defekte
Akkommodation [3], visuelle Störungen [4], Konvergenzstörungen [31] sowie neurophysiologisch
gestörte Reflexaktivitäten und deren veränderte Verschaltungen mit der zervikalen
Wirbelsäule und dem vestibulären und visuellen System ([Abb.
1]; [5], [14], [18], [19], [35]).
Abb. 1 Schema der Reflexverschaltung (frei übersetzt und modifiziert aus [35]; COR: zervikookulärer Reflex; OKR = optokinetischer Reflex;
SNS = sympathisches Nervensystem; TNR = tonischer Nackenreflex; VCR: vestibulozervikaler
Reflex; VOR = vestibulookulärer Reflex; VSR = vestibulospinaler Reflex).
In der Mehrzahl der Fälle korrelieren die Symptome nicht mit den klinischen Befunden
von
Knochen oder Weichteilverletzungen, die vor allem mithilfe von Computertomografie
(CT) und
Magnetresonanztomografie (MRT) gefunden werden [32]. Manche
Symptome sind auch objektiv nicht (gut) messbar wie etwa Flecken vor den Augen oder
Übelkeit.
Unfallmechanismus
Der Unfallmechanismus ist viel untersucht, aber es ist immer noch unklar, welche
Verletzungen durch die freiwerdenden Kräfte auftreten. Diese Verletzungen können zu
den
schon oben erwähnten Beschwerdebildern führen, liefern aber keine Erklärung für eventuell
anwesende okuläre Dysfunktionen.
Beim Postural Control System (PCS [34], [35]; [Abb. 1] u. [Abb. 2]) kann die Funktion der zervikalen Mechanorezeptoren
durch ein direktes Trauma erhöht sein [35]. Außerdem können
Schmerzen die Sensitivität der Muskelspindeln verändern und die kortikale Repräsentation
und Modulation von zervikalen afferenten Impulsen erhöhen [6]. Auch psychosozialer Stress kann durch Aktivierung des sympathischen
Nervensystems (SNS) zu erhöhter Aktivität von Muskelspindeln führen [23]. Unter normalen Umständen agieren die Stabilisationsreflexe
wie zervikookulärer (COR), vestibulookulärer (VOR) und optokinetischer-Reflex (OKR)
simultan, um die Stabilisation der Augen zu gewährleisten ([35]; [Abb. 1]). Ist einer dieser Reflexe z. B.
durch Trauma oder Alter erhöht [13], können andere Reflexe
eventuell noch kompensieren, um so eine optimale okulomotorische Kontrolle zu
erhalten.
Abb. 2 Schema der sensomotorischen Mechanismen und Störungen bei
Nackenbeschwerden (frei übersetzt und modifiziert aus [35]).
Aufgrund der in der Literatur und von Patienten immer wieder erwähnten okulären
Dysfunktionen bei WAD, die sich klinisch vielfältig manifestieren können, versuchte
die
vorliegende Literaturstudie folgende Fragen zu klären:
-
Gibt es okuläre Dysfunktionen bei WAD?
-
Welche Effekte erzielt neuromuskuloskelettale Therapie der kraniozervikalen Region
bei okulären Dysfunktionen im Falle von WAD?
Methode
Suchstrategie
Die Literatursuche im April 2011 erfolgte in den für Physio-/Manuelle Therapie geeigneten
Datenbanken (PubMed, Pedro, Cinahl und Cochrane Collaboration). Die gesamte Suche
lieferte
insgesamt 765 Treffer.
Einschlusskriterien
-
In deutscher, englischer oder niederländischer Sprache verfügbare Artikel.
-
Verfügbarkeit von Abstracts, aus denen hervorgeht, dass es sich um
Whiplash-Verletzungen/WAD durch Autounfälle und okulomotorische Störungen im weiteren
Sinne handelt.
-
Studien mit Personen ab 18 Jahren.
-
Ab 1985 veröffentlichte Studien (ab diesem Jahr sind die meisten Studien zum Thema
Whiplash/WAD nach Unfällen verfügbar, bei denen die Autos mit den aktuellen
Standardsicherheitsausrüstungen mit 3-Punktgurtsystem und Airbag ausgerüstet sind,
um
so eine bessere Vergleichbarkeit der Resultate zu erzielen).
Ausschlusskriterien
Nach Anpassung der Ein- und Ausschlusskriterien blieben 23 Artikel übrig. Diese
beinhalteten auch 2 durch Reference tracking in den direkt gefundenen Artikeln
[2], [12] erhaltene Arbeiten
zu Fragestellung 1 ([Tab. 2]). Als Endergebnis lieferte die
Literatursuche 22 Artikel zur 1. Fragestellung, die Suche nach Artikeln zur 2.
Fragestellung ergab 5 Artikel ([Tab. 2]). 4 Artikel [19], [31], [37], [40] wurden für beide
Fragestellungen gewertet.
Tab. 2
Übersicht der Literatursuche und Ergebnisse.
|
Suchbegriffe
|
Datenbanken und Treffer
|
|
CINAHL
|
Cochrane
|
PEDro
|
PubMed
|
|
Whiplash
|
1
|
|
AND eye motility
|
|
0
|
0
|
6
|
|
AND eye movement dysfunction
|
0
|
0
|
0
|
22
|
|
AND eye movement disturbances
|
1
|
1
|
0
|
11
|
|
AND smooth pursuit eye movements
|
2
|
0
|
0
|
11
|
|
AND oculomotor dys/function
|
1/1
|
0
|
0
|
10/11
|
|
AND accommodation
|
0
|
0
|
0
|
3
|
|
AND visual dys/function
|
0
|
0
|
2/1
|
46/10
|
|
AND ocular dys/function
|
0
|
0
|
0
|
17/21
|
|
AND musculoskeletal therapy
|
0
|
0
|
45
|
404
|
|
AND manipulative therapy
|
0
|
0
|
6
|
13
|
|
Mesh: whiplash AND musculoskeletal manipulations
|
–
|
–
|
–
|
11
|
|
Mesh: whiplash AND physical therapy modalities
|
–
|
–
|
–
|
69
|
|
Mesh: whiplash AND ocular physiological processes
|
–
|
–
|
–
|
24
|
|
Mesh: whiplash AND ocular motility disorders
|
–
|
–
|
–
|
14
|
|
Mesh: whiplash AND ocular physiological processes AND musculoskeletal
manipulations
|
–
|
–
|
–
|
0
|
|
Mesh: whiplash AND ocular motility disorders AND musculoskeletal
manipulations
|
–
|
–
|
–
|
0
|
|
Mesh: whiplash AND ocular physiological processes AND physical therapy
modalities
|
–
|
–
|
–
|
1
|
|
Mesh: whiplash AND ocular motility disorders AND physical therapy modalities
|
–
|
–
|
–
|
|
|
Total Treffer
|
6
|
1
|
54
|
704
|
|
Total Treffer insgesamt
|
765
|
|
gefundene Artikel nach Anpassung aller Ein- und Ausschlusskriterien
|
19/5 (Fragestellung 1/2)
|
|
Artikel Reference Tracking
|
2/0 (Fragestellung 1/2)
|
|
Total Artikel
|
22/5 (Fragestellung 1/2)
|
Methodologische Bewertung
Alle relevanten Artikel wurden ausschließlich vom Autor gefunden und mithilfe der
international gültigen Einteilung der Level of Evidence
[25], [26] beurteilt ([Tab. 4]). Sie sind jeweils nach Evidenzstärke von stärker nach
schwächer aufgelistet.
Ergebnisse
Fragestellung 1: Gibt es okuläre Dysfunktionen bei WAD?
In den vorliegenden 22 Studien werden an einer oder mehreren Studiengruppen verschiedene
Tests des okulomotorischen und des visuellen Systems sowie der vestibulookulären
Reflexaktivität des Nackens (PCS; [35]) ausgeführt, um so
Veränderungen oder Störungen zu messen ([Tab. 3]). Außer bei
4 Studien [19], [31], [37], [40]) fanden keine
Behandlungen, sondern nur Testungen statt (nähere Beschreibung siehe Fragestellung
2).
Tab. 3
Evidenzgrade [25], [26].
|
Grad der Evidenz
|
Studienart
|
|
RCT = randomisierte kontrollierte Studien
|
|
1 A
|
systematischer Review von RCT
|
|
1 B
|
RCT mit engem Konfidenzintervall
|
|
1 C
|
all or none Fallserien
|
|
2 A
|
systematischer Review von Kohortenstudien
|
|
2 B
|
Kohortenstudie/RCT von niedriger Qualität
|
|
2 C
|
Effektstudie
|
|
3 A
|
systematischer Review von Fall-Kontroll-Studien
|
|
3 B
|
Fall-Kontroll-Studie
|
|
4
|
Fallstudie, schwache Kohorten-Fall-Kontrollstudie
|
|
5
|
Expertenmeinung
|
Messkriterien und -methoden
4 Studien [5], [14], [18], [19] testeten das okuläre
Stabilisationsreflexsystem ([35]; [Abb. 1]). Dabei ging es vor allem um die Adaptation von COR [9] und VOR [18], [19] sowie von VOR und Hyperventilation [5]. Die Testung erfolgte unter anderem nach bei Kelders et
al. [13] und Montfoort et al. [18] beschriebenen Testverfahren.
Bei 13 Studien [4], [8],
[10]–[12], [16], [17], [20], [22], [24], [31], [34], [40] war die direkte
Augenbeweglichkeit nach Whiplash-Verletzungen das Hauptthema. Sie wurde meist mithilfe
des Smooth Pursuit Neck Torsion Test (SPNT; [35])
und zahlreichen nur teilweise beschriebenen anderen ophthalmologischen und
okulomotorischen Testverfahren gemessen.
3 Studien untersuchten anhand einer Reihe von Tests die Augen-Kopf-Koordination und
Blickstabilität bei einer WAD- und einer asymptomatischen Gruppe ebenso wie deren
Reproduzierbarkeit bei asymptomatischen Versuchspersonen [9], [37], [38]. 3
weitere Studien maßen unter anderem die Akkommodation der Augen [2]–[4].
Resultate
Bis auf 2 [16], [17] kamen
alle Studien zu dem Ergebnis, dass Whiplash-Verletzungen das visuelle System stören
und
verschiedene okuläre Dysfunktionen zur Folge haben können. Kongsted et al. [16], [17] fanden keine
Unterschiede der Smooth-Pursuit-Augenbewegungen bei WAD-Patienten [16] und einer Kontrollgruppe [17].
Die meisten Studien schlussfolgerten, dass die Störungen der okulomotorischen Funktion
durch Hirn- oder Hirnstammläsionen [11], [12], [20], [22], [40], eingeschränkte
Beweglichkeit der zervikalen Wirbelsäule [4], [5], [10], [14], [19], [24] mit Schmerzen [5] und
veränderte Propriozeption des Nackens [8], [10], [14], [18], [22] verursacht werden.
Zudem können Störungen der sympathischen Innervation des Auges auftreten [2], [3] und auch Verhaltens-
und emotionaler Stress eine Rolle spielen [5].
In 3 Studien wiesen die Autoren bei WAD-Patienten mithilfe verschiedener Tests
Störungen der Augen-Kopf-Koordination und Blickstabilität nach [9], [37], [38].
Weitere statistische Werte finden sich in [Tab. 5].
Die Resultate zeigen, dass bei WAD verschiedene okuläre Dysfunktionen auftreten. Dies
bestätigt den vermuteten Zusammenhang zwischen zervikaler Wirbelsäule und okulärem
System, der wiederum neue Ansatzpunkte für effektive Therapiemaßnahmen bei den
betroffenen Patienten bietet (siehe 2. Fragestellung).
Fragestellung 2: Welche Effekte erzielt neuromuskuloskelettale Therapie der
kraniozervikalen Region bei okulären Dysfunktionen im Falle von WAD?
Obwohl in der Fachliteratur in den letzten Jahren zunehmend der Begriff
neuromuskuloskelettale Therapie vorkommt, gibt es bislang noch keine
allgemeingültige Definition [15]. Verwendet man die
Definition für muskuloskelettale Therapie (engl.: Musculoskeletal manipulations) der
National Library of Medicine, National Institutes of Health, United States aus
dem Jahr 2002 (Musculoskeletal Manipulations: Various manipulations of body tissues,
muscles and bones by hands or equipment to improve health and circulation, relieve
fatigue, promote healing) und bezieht auch Nervenstrukturen mit in die Beschreibung
ein,
beinhaltet sie frei übersetzt „verschiedene Therapiemaßnahmen (mit Händen, Hilfsmittels
oder Apparaten), die Funktionsverbesserungen sowohl des Nervensystems (Gehirn, Rückenmark
und Nerven) als auch der Muskeln, Knochen, Knorpel und Gelenke des Körpers zu erreichen
versuchen“. In diese weit gefasste Umschreibung fallen daher viele Therapieformen
aus der
Schul- und der Alternativmedizin. Die vorliegende Literaturstudie verwendete den Begriff
neuromuskuloskelettale Therapie wie von der IFOMPT vorgegeben synonym zu
Manueller Therapie.
Für die Fragestellung 2 ergab die Literatursuche 5 passende Artikel ([19], [31], [36], [37]; [Tab. 4]), deren statistische Auswertung in [Tab. 5] dargestellt ist.
Tab. 4
Kurzbeschreibung der Artikel.
|
Autor/Evidenzlevel/Studiendesign
|
Probanden
|
Messkriterien/Follow-up
|
Ergebnisse
|
|
Wenngren et al. [40]
1B RCT
|
40 Patienten mit WAD Grad II u. III (QTFC) 8 Stunden nach Unfall
|
-
Hirnstammdysfunktionen und Augenbewegungsstörungen
-
Intervention: Physiotherapie, Schmerzmittel, Halskrause,
Methylprednisolon/Placebo
-
Follow up: 2 Jahre, neurologische Untersuchung und VAS: 2 + 6 Wo., 6 + 24
Mon.
|
-
moderates Derangement
-
signifikant niedrigerer SPVG bei schweren WAD
-
kein Zusammenhang zwischen ABR und okulomotorischer Dysfunktion
-
kein Unterschied Methylprednisolon/Placebo
|
|
Kongsted et al. [17]
1B prospektive
Kohortenstudie
|
245/188 akute WAD-Patienten
|
-
Evaluation, ob frühe SP-Testung chronische WAD vorhersagen kann
-
Evaluation, ob anormale SP-Augenbewegungen nach 1 J. zusammen mit anderen
Symptomen auftreten
-
Follow-up: 1 J.
|
|
|
Montfoort et al. [18]
1B prospektive
Kohortenstudie
|
-
13 WAD-Patienten (QTFC)
-
18 gesunde Probanden
|
|
Bestätigung von gesteigertem COR bei WAD, VOR und OKR gleichbleibend
|
|
Heikkilä et al. [10]
1B prospektive
Kohortenstudie
|
|
-
zervikozephalische kinesthetische Sensibilität
-
aktive Nackenbeweglichkeit
-
okulomotorische Funktion
-
Follpw-up nach 2 Mon. post-traumatisch und 2 J.
|
-
WAD schlechtere aktive Repositionierung (mit Schwindel noch schlechter)
-
Korrelation zwischen SP-Test und aktiver Nackenbeweglichkeit (2-mal häufiger
bei Frauen)
-
WAD mit Radikulopathie mehr Fehler bei Kopfrepositionierung
|
|
Hildingsson et al. [12]
1B prospektive Kohortenstudie
|
-
38 WAD-Patienten
-
25 gesunde Probanden
|
|
8 von 38 WAD nach Follow-up noch symptomatischen und 5 von Baseline noch
asymptomatische WAD
|
|
Prushansky et al. [24]
2C Outcome-Kontrollstudie
|
|
|
-
SPVG signifikant höher bei Kontrollgruppe
-
Haupt-CV bei Kontrollgruppe signifikant niedriger
-
kein Unterschied in Nackenposition, Alter od. Geschlecht
|
|
Kongsted et al. [16]
2C Outcome-Kontrollstudie
|
|
-
SP-Augenbewegungen
-
kein Follow-up
|
SP-Augenbewegungen bei beiden Gruppen gleich, ungeachtet der Nackenposition
|
|
Brown et al. [3]
2C prospektive
Outcome-Studie
|
-
19 WAD-Patienten
-
43 gesunde Probanden
|
-
Akkommodation
-
kein Follow-up
|
verkleinerte Amplitude der Akkommodation beider Augen bei WAD und im Alter bei
WAD und Kontrollgruppe
|
|
Storaci et al. [31]
2C prospektive
Outcome-Studie
|
|
-
Inzidenz von okulomotorischen Störungen u. Defekt der okulären Konvergenz
durch Hypofunktion der Augenmuskeln bei WAD-II-Patienten
-
Vergleich der Messungen nach okulomotorischer Rehabilitation
-
kein Follow-up
-
Messung nach okulomotorischer Rehabilitation ohne Zeitangabe
|
-
bei beiden WAD-II-Gruppen okulomotorische Dysfunktionen
-
okulomotorische Dysfunktion korreliert nicht mit Schmerz (VAS)
-
nach okulomotorischer Rehabilitation alle Werte im Normbereich, aber bei
späterem Therapiestart mehr Einheiten nötig
|
|
Burke et al. [4]
2C Outcome-Studie
|
39 WAD-Patienten
|
-
visuelles System
-
Follow-up: 3–12 Mon.
|
|
|
Mosimann et al. [20]
2C Outcome-Studie
|
|
|
-
Unterschied zwischen symptomatischer WAD- u. asymptomatischer Kontrollgruppe
bei Verzögerung der korrekten Antisakkaden, der erinnerungsgeleiteten Sakkaden
(u. deren Fehlerprozente in Amplitude)
-
keine Depression in allen 3 Gruppen
-
symptomatische WAD-Gruppe mit höheren BDI-Werten
|
|
Fischer et al. [5]
2C Outcome-Studie
|
32 WAD-Patienten
|
|
-
okulomotorische Tests und COR normal
-
VOR hyperaktiv u. oft zusammen mit Hyperventilation
-
meiste Veränderungen bei Frauen
|
|
Gimse et al. [8]
2C Outcome-Studie
|
-
26 Whiplash-Patienten
-
26 gesunde Probanden
|
-
Probleme beim Lesen
-
kein Follow-up
|
-
alle Messungen der Lesefähigkeit schlechter bei WAD-Gruppe
-
auch Unterschied in SP-Augenbewegungen mit Kopf in Neutralposition u. in
Rotation rechts u. links
-
keine Verletzungen des vestibulären Systems od. ZNS
|
|
Brown [2]
2C Outcome-Studie
|
|
-
Pupillenfunktion
-
visuelle Funktion
-
kein Follow-up
|
-
verlängerte PCT, kein Unterschied der Pupillengröße zw. WAD- u.
Kontrollgruppe
-
Reduktion von Konvergenzpunkt, Akkomodationsfähigkeit und
Kontrastsensitivität
-
Gruppe mit Nackenverletzungen ähnelt Kontrollgruppe
|
|
Kelders et al. [14]
2C Outcome-Studie
|
-
8 WAD-Patienten (QTFC)
-
8 gesunde Probanden
|
-
COR bei WAD
-
kein Follow-up
|
COR ist bei WAD erhöht
|
|
Montfoort et al. [19]
2C Outcome-Studie
|
|
-
Klärung des Mechanismus von gesteigertem COR bei WAD
-
Mangel an Synergie zwischen COR und VOR
-
Intervention: Halskrause bei gesunden Probanden für 2 Std.
-
kein Follow- up
|
-
COR nach 2 Std. auch bei Gesunden gesteigert
-
mit Nackenkrause nach weiteren 2 Std. wieder normal
-
keine Korrelation zw. Muskulatur und COR bei Gesunden
-
visuelle und zervikale Stimulation führt zu gesenkter COR bei Gesunden, keine
Veränderung bei WAD
-
gesenkter VOR bei visueller u. vestibulärer Stimulation bei Gesunden, nicht
bei WAD
|
|
Hildingsson et al. [11]
2C Outcome-Studie
|
|
-
okulomotorische Funktion
-
kein Follow-up
|
Geschwindigkeit, Genauigkeit u. Muster der Augenbewegungen waren bei 18 von 20
WAD-Patienten gestört
|
|
Oosterveld et al. [22]
2C Outcome-Studie
|
262 WAD-Patienten
|
-
verschiedene Nystagmusarten
-
okulomotorische Störungen
-
Follow-up: bei 41 Patienten 1 u. 2 J. nach Unfall
|
-
bei 42 % Positionsnystagmus
-
bei 79 % zervikaler Nystagmus, wovon 80 % Propriozeptions- u. 20 % vaskulärer
Typ
-
bilateraler Blicknystagmus in 26 %, Störungen der Visual-pursuit-Bewegungen
in 43 %
-
bei 37 % zentrale Pathologie durch Visual-supression-Test
-
bei 38 % keine zentrale Pathologie
-
21 % ohne Pathologie
-
bei 41 Patienten 1 und 2 J. nach Unfall dieselbe Pathologie
|
|
Treleaven et al. [34]
3A Case control
study
|
|
-
CJPE
-
Augenbewegungsstörungen
-
Balance
-
kein Follpw-up
|
-
signifikante (schwach bis moderat) Korrelation zw. allen 3 Tests
-
schwache Korrelation zw. SPNT und CJPE rechts
-
abnormaler CJPE-Score zeigt hohe positive vorhersagbare Werte, aber zu
geringe Sensitivität u. Spezifizität, um Abweichungen in Balance u./od.
SPNT-Tests festzustellen
|
|
Treleaven et al. [38]
3A Case
study
|
|
-
Testung von Augen-Kopf-Koordination u. Blickstabilität bei WAD- und
Kontrollgruppe
-
Untersuchung von Test- u. Retest-Reliabilität der Testmethoden bei der
Kontrollgruppe
-
Follow-up: 1 Wo. bei 10 asymptomatischen Probanden, kein Follow-up bei
WAD-Patienten
|
-
höherer Score bei NDI, DHISF u. VSI in WAD-Gruppe
-
Wiederholbarkeit der Testergebnisse bei Blickstabilität in Kontrollgruppe
(10) moderat bis hoch, bei sequenziellen Kopf-Augen-Bewegungen hoch
-
WAD-Gruppe signifikant weniger zervikale Range of motion bei Blickstabilität
u. geringere maximale Augenwinkelbewegungen bei Blick nach rechts
-
WAD-Gruppe signifikant langsamere Kopfbewegung bei sequenziellen
Kopf-Augen-Bewegungen
-
geringe Korrelation von Alter, DHISF u. VSI mit Messergebnissen
-
signifikante Korrelation von NDI u. zervikaler Range of motion mit
Geschwindigkeit bei sequenziellen Kopf-Augen-Bewegungen
|
|
Grip et al. [9]
3A Outcome-Studie
|
|
-
Beschreibung einer Methode zur Feststellung von Kopf-Augen-Koordination
während Kopfbewegungen u. Evaluation der Reproduzierbarkeit bei einer
asymptomatischen Gruppe
-
Aufstellen von Indikationen zur Qualifizierung von Kopf-Augen-Koordination
bei WAD-Patienten
-
kein Follow-up
|
-
Reproduzierbarkeit moderat bis hoch für die meisten Variablen in
asymptomatischer Gruppe
-
in WAD-Gruppe Range of motion bei neutraler Blickstabilisierung verringert,
durchschnittliche Geschwindigkeit d. Kopfbewegung geringer, NDI und VSI
höher
|
|
Treleaven [37]
3B Einzelfallstudie
|
1 WAD-Patient
|
-
JPE, SNPE
-
Follow-up: initial, 4 Wo., 6 Mon.
-
Intervention: JPE-Extension und -Rotation, Retraining Bewegungssinn,
Balancetraining, Augen-Kopf-Koordinationstraining, Blickstabilitätstraining,
Augenbewegungskontrolle, SPNF, nach 2 und 4 Wo. Schwierigkeitsgrad erhöht
|
-
Verbesserung der Symptome von Nackenschmerzen, Muskelverspannung, Schwindel,
visuelle Störungen u. funktionelle Fähigkeiten
-
Verbesserung von JPE, Balance, SPNT, klinische Tests der
Augenbewegungskontrolle, Bewegungssinn u. Blickstabilität nach 4 Wo. und 6
Mon.
|
|
Treleaven [36]
4A Fallstudie
|
4 Probanden, davon 2 WAD-Patienten
|
-
sensomotorische Kontrolle, Balance, zervikale Propriozeption,
Augen-Hand-Bewegungskontrolle
-
kein Follpw-up
-
Intervention: Manuelle Therapie, Balancetraining, Augenfolgetraining,
Blickstabilität, Sakkaden-Training, zervikaler JPE, Schmerzmanagement
(medikamentös), Augen-Kopf-Koordination, alle Übungen als Hausübungsprogramm
mit Progression
|
keine
|
|
ABR = Auditory Brainstem Response; BDI = Back Depression Inventory; CJPE =
Cervical joint position error; COR = zervikookulärer Reflex; CV = Coefficient of
variation; DHISF= Dizziness Handicap Inventory Short Form; NDI = Neck Disability
Index; OKR = optokinetischer-Reflex; PCT = Pupil cycle time; QTFC = Quebec Task
Force Classification of Grades of WAD; SP = Smooth Pursuit; SPVG = Smooth Pursuit
Velocity Gain; VAS = Visual Analogue Scale; VOR = vestibulookulärer Reflex; VSI =
Visual Symptom Index; WAD = Whiplash-associated disorders
|
Messkriterien und -methode
Treleaven [36], [37]
beschreibt anhand von 3 (WAD-)Patientenfällen ein maßgeschneidertes sensomotorisches
Programm zum Retraining von Balance, zervikaler Propriozeption und
Augen-Hand-Bewegungskontrolle bei Nackenbeschwerden. In einer früheren Arbeit hatte
der
Autor bereits das PCS ([Abb. 1]), das klinische Assessment
von sensomotorischer Kontrolle (Joint position sense, JPS), das okulomotorische System
und die posturale Stabilität mit eventuellen zusätzlichen Tests sowie das Management
sensomotorischer Kontrollstörungen bei Nackenbeschwerden je nach den Ergebnissen des
Assessments dargestellt. Diese Inhalte bilden wichtige Basisinformationen für die
gefundenen Artikel und müssen daher an dieser Stelle erwähnt werden.
Die Intervention bei Storaci et al. [31] beinhaltete ein
okulomotorisches Rehabilitationsprogramm, bei Montfoort et al. [19] das Tragen einer Halskrause und bei Wenngren et al. [40] neben einer Basisbehandlung (Halskrause, Physiotherapie
und Schmerzmedikamente) zusätzlich in einem doppelt verblindeten Verfahren
Methylprednisolon (entzündungshemmendes Mittel) oder Placebo.
Resultate
Laut Storaci et al. [31] sollte das Tragen einer
Halskrause nur kurzfristig erfolgen und beim Auftreten okulomotorischer Dysfunktionen
rasch mit einem okulomotorischen Rehabilitationsprogramm gestartet werden.
Bei Montfoort et al. [19] zeigte sich zwar eine
kurzfristige Veränderung der Reflexaktivität von COR und VOR bei der WAD- und der
Kontrollgruppe, jedoch ohne langfristige signifikante Beeinträchtigungen. Wenngren
et
al. [40] fanden keinen Unterschied zwischen den Gruppen
aktiv/Placebo und aktiv/Medikamente. Laut Treleaven [36],
[37] kann ein multimodaler Therapieansatz gute Erfolge
liefern. Die Resultate der 5 Studien zur 2. Fragestellung werden mittels mehr oder
minder fundierten Testergebnissen bestätigt (siehe Diskussion).
Diskussion
Gibt es okuläre Dysfunktionen bei WAD?
Die in dieser Arbeit beschriebenen Studien zeigen mit 2 Ausnahmen [16], [17], dass das visuelle
System bei WAD in vielerlei Hinsicht gestört werden kann. Nur Kongstet et al. [16], [17] fanden keine
Unterschiede der SP-Augenbewegungen bei WAD-Patienten und einer Kontrollgruppe [16], [17], was zum Teil auf einer
anderen Standardisierung des Testverfahrens des SPNT beruht und nur bei Ausführung
nach
Tjell und Rosenhall [33] mit Einschränkungen als
diagnostischer und prognostischer Test bei WAD-Patienten verwendet werden kann.
Auffällig ist, dass bei den Teilnehmern der WAD-Gruppe mehr Frauen als Männer zu finden
waren ([Tab. 5]). Dies scheint die in der Fachliteratur
beschriebene erhöhte Anfälligkeit von Frauen für WAD und das höhere Risiko der
Chronifizierung [29] zu bestätigen. Heikkilä et al. [10] stellten zudem fest, dass okulomotorische Testergebnisse 2
Jahre nach dem Trauma signifikant mehr Symptome bei Frauen als bei Männern zeigten.
Tab. 5
Statistische Werte aller gefundenen Studien.
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Fragestellung 1
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Fragestellung 2
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QTFC = Quebec Task Force Classification of Grades of WAD; WAD =
Whiplash-associated disorders
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Baseline-Testung
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22 Studien
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5 Studien
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Follow-up
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9 Studien [4], [10],
[12], [17], [18], [22], [37], [38], [40]
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2 Studien [37], [40]
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Follow-up-Intervall
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1 Woche bis 28 Monate
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6 Monate bis 2 Jahre
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WAD-Patientengruppe
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9 Studien nach QTFC ([Abb. 1]) davon:
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5 Studien WAD II und III [10], [24], [31], [34], [40]
-
2 Studien WAD I und II [18], [19]
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2 Studien WAD I–III [14], [20]
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3 Studien nach QTFC [19], [31], [40] in Grad I–III
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Studien/Probanden
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WAD-Gruppe: 6 Studien [4], [5], [17], [22], [37], [40]
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WAD-Gruppe (bei 5 Studien geteilt in symptomatisch/asymptomatisch [4], [8], [20], [31], [34] und Kontrollgruppe: 15 Studien [3], [8]–[12], [14], [16], [18]–[20], [24], [31], [34], [38]
-
WAD-Gruppe, Kontrollgruppe, Gruppe mit Nackenverletzungen: 1 Studie [2]
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WAD- und Kontrollgruppe: 2 Studien [19], [31], wobei 1 Studie [40]
mit Unterscheidung der WAD-Gruppe zwischen mit/ohne okulomotorische
Dysfunktionen
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Studien/Probanden/Chronifizierung
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chronische WAD-Probanden: 12 Studien [8]–[12], [16], [20], [22], [24], [34], [37], [38]
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akute WAD-Probanden. 3 Studien [4], [17], [40]
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akute und chronische WAD-Probanden: 4 Studien [3], [5], [14], [31]
-
3 Studien unbekannt [2], [18], [19]
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–
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Berechnung Sample size
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2 Studien [9], [22]
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–
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Probandenzahl
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1 [37] bis 262 [22]
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von 1 [37] bis 120 [31]
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Geschlecht
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bei 19 Studien bekannt (nicht: [3], [18], [19]) Verhältnis
Frauen zu Männer gerundet 1,85 : 1 (648 Frauen, 350 Männer)
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bei 4 Studien bekannt (nicht bei [19] Verhältnis
Frauen zu Männer gerundet 1,5 : 1 (50 Frauen, 33 Männer)
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Vergleichbarkeit der Studien
Die vorliegenden Studien lassen sich nur schwer vergleichen, da sie methodologisch
unterschiedlich aufgebaut sind und sich auch darin unterscheiden, was bzw. wie dies
gemessen wird und wie die Messergebnisse interpretiert werden.
Versucht man, die Studien hinsichtlich der Evidenzgrade ([26]; [Tab. 3]) zu vergleichen, ergibt sich die
Schlussfolgerung, dass auch dies nur in sehr geringem Maße möglich ist.
Zu erwähnen ist hier der von Treleaven [37], [38] vorgestellte Visual Symptom Index (VSI), der zwar
bei WAD-Patienten noch nicht validiert, aber im praktischen Sinne viel versprechend
ist.
Der Fragebogen betrifft das vestibuläre und visuelle System und ermittelt 15 von WAD-
und anderen Nackenpatienten häufig genannte Symptome. Die Symptome werden bezüglich
ihrer Häufigkeit (0–3) und Frequenz (0–4) beurteilt, was pro Symptom einen Maximal-Score
von 12 und somit einen maximalen Test-Score von 180 Punkten ergeben kann (hoher Score
entspricht mehr Störungen).
Welche Effekte erzielt neuromuskuloskelettale Therapie der kraniozervikalen Region
bei okulären Dysfunktionen im Falle von WAD?
Bei der direkten Literatursuche fanden sich nur 5 Artikel. Bei den beiden Studien
von
Treleaven [36], [37] handelt
es sich um Fallstudien mit kleiner Probandenzahl (1 und 2 Personen) ohne eine
Kontrollgruppe und ohne WAD-Klassifizierung.
Storaci et al. [31] führten nur bei der WAD-Gruppe mit
okulomotorischen Störungen ein okulomotorisches Rehabilitationsprogramm durch, dessen
Ausführung, Dauer und Inhalt wenig beschrieben ist. Aus dem Text geht nicht hervor,
wie
lange das Follow-up dauerte und es gab keinen Vergleich zur WAD-Gruppe ohne
okulomotorische Störungen oder der Kontrollgruppe.
Bei Montfoort et al. [19] trugen 16 gesunde Probanden 2
Stunden lang eine Halskrause. Direkt nach Entfernen der Halskrause war der COR deutlich
gesteigert und sank 2 Stunden später wieder auf den Basiswert. Der Test fand in der
WAD-Gruppe nicht statt, sodass unklar ist, ob der Effekt hier auch auftritt und sich
im
gleichen Zeitraum wieder normalisieren kann. Dies wäre sicher interessant gewesen,
da in
vielen Ländern trotz kontroverser Diskussion [28] als
Standardbehandlung bei WAD noch immer eine Halskrause für 2 Wochen oder länger verordnet
wird [27].
Bei Wenngren et al. [40] erhielten alle Patienten dieselbe
Behandlung mit Halskragen, Physiotherapie und Schmerzmittel, nur die Hälfte der WAD-Gruppe
bekam doppelt verblindet Methylprednisolon, die andere Placebo. Die Behandlungsergebnisse
sind nicht eindeutig, und es wird nur vermerkt, dass keine Korrelation zwischen
Medikamenten- und Placebogabe und den Testergebnissen bestand. Die Schlussfolgerung
der
Autoren, dass die Gabe von Methylprednisolon zu besseren Testergebnissen führt, ist
somit
nicht unterbaut.
Bekanntermaßen kann der Pupillenzyklus bei Lichtreaktion (Edge light pupil cycle time,
ELPCT) durch High velocity low amplitude manipulation (HVLA) am atlantoaxialen
Gelenk zu kurzzeitigen Verlängerungen des Pupillenzyklus führen. Der dahinterstehende
Mechanismus ist zwar noch unklar, eine Beteiligung des autonomen Nervensystems (ANS)
–
speziell des SNS – aber unumstritten [8].
Schlussfolgerungen
Zum jetzigen Zeitpunkt legt die gefundene Literatur eine Tendenz zu moderater Evidenz
nahe,
die bestätigt, dass es zu verschiedenen okulären Dysfunktionen bei WAD kommen kann
und die
möglichen Mechanismen dahinter zum Teil erklärbar sind.
Aufgrund der Ergebnisse der vorliegenden Literaturstudie gibt es jedoch wegen der
geringen
Anzahl und Evidenzstärke der gefundenen Artikel momentan nur schwache Evidenz für
die
Effektivität von neuromuskuloskelettaler und besonders Manueller Therapie der
kraniozervikalen Region bei eventuell vorhandenen Augendysfunktionen im Falle von
WAD.
Laut der existierenden Literatur ist bei bestimmten Beschwerdebildern in Bezug auf
WAD ein
ausführliches Assessment mit abgestimmtem multimodalen Management zu empfehlen. Dieses
können Manualtherapeuten schon mit einfachsten klinischen Messmethoden und Maßnahmen
wie dem
SPN-Test, Balancetests, Fragebögen (z. B. VSI, NDI), Propriozeptionstestung und -training
des gesamten Körpers, der HWS und auch der okulären Funktion in der täglichen Praxis
durchführen [9], [34], [38]. Die klinische Wirksamkeit muss aber noch durch weitere
qualitativ hochwertigere Fallstudien bestätigt werden.