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DOI: 10.1055/s-0032-1308952
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Postoperative Infektionen bei MRSA-Trägern erhöht?
Publication History
Publication Date:
16 March 2012 (online)
Gupta K et al. Preoperative Nasal Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus Status, Surgical Prophylaxis, and Risk-Adjusted Postoperative Outcomes in Veterans. Infect Contr Hosp Epidemiol 2011; 32: 791 – 796
Postoperative Infektionen gehen mit einer erhöhten Morbidität, Mortalität und höheren Kosten für das Gesundheitswesen einher. Infektionen mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) sind hierbei besonders problematisch. Gupta et al. untersuchten in ihrer retrospektiven Kohortenstudie, ob ein positiver präoperativer MRSA-Trägerstatus im Vergleich mit negativ getesteten Patienten mit einem erhöhten Risiko für postoperative Infektionen einhergeht.
Es wurden insgesamt 4238 Patienten untersucht, bei denen in den 31 Tagen vor dem Eingriff ein nasales MRSA-Screening mittels PCR durchgeführt wurde. Davon wurden 279 (6,6 %) positiv auf MRSA getestet. Bei diesen Patienten wurden im Monat nach dem chirurgischen Eingriff im Vergleich mit den MRSA-negativ getesteten Patienten deutlich häufiger MRSA in klinischen Kulturen gefunden (11,83 vs. 0,76 %; p < 0,001). Darüber hinaus traten im Rahmen der Infektionssurveillance (NHSN) bei MRSA-Trägern deutlich mehr postoperative MRSA-Infektionen in verschiedenen Organsystemen auf (6,16 vs. 0,43 %; p < 0,01). Dabei war insbesondere auch die Rate an postoperativen MRSA-Wundinfektionen erhöht (1,2 vs. 0,16 %, p = 0,15).
Das Risiko für das Auftreten postoperativer Wundinfektionen gleich welchen Erregers stieg beim Einsatz von Vancomycin zur präoperativen Antibiotikaprophylaxe (PAP) deutlich an. Eine Subgruppen-Analyse ergab, dass hiervon Patienten mit negativem MRSA-Screening, die Vancomycin zur PAP erhalten hatten, betroffen waren (relatives Risiko [RR] 4,34; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 2,19–8,57). Für MRSA-positive Patienten zeigte sich im Trend ein eher protektiver Effekt, der allerdings nicht statistisch signifikant war (RR 0,61; KI 0,06–5,75).
Fazit: Ein präoperatives Screening mit Nachweis von MRSA kann helfen, die richtigen Strategien für die perioperative Versorgung festzulegen. In der vorliegenden Studie zeigte sich, dass ein positives Screeningergebnis deutlich häufiger mit postoperativen Infektionen einherging. Das Wissen um eine MRSA-Besiedlung kann daher auch in der postoperativen Phase für eine adäquate Antibiotikatherapie genutzt werden. Andere Studien dokumentieren, dass präoperative Sanierungsversuche zu einer Verminderung MRSA-bedingter Wundinfektionen führen. Dies ist bislang jedoch lediglich für einzelne Eingriffsarten in der Kardio- oder Implantationschirurgie belegt. Eine generelle Empfehlung für ein präoperatives MRSA-Screening und die Einleitung von Dekolonisationsmaßnahmen kann daher derzeit nicht gegeben werden. Dass ein Screening aber für Risikopatienten sinnvoll ist, zeigt sich auch daran, dass die Anwendung von Vancomycin zur perioperativen Prophylaxe bei MRSA-negativen Patienten neben der Resistenzproblematik auch Nachteile für den individuellen Patienten im Sinne eines erhöhten Wundinfektionsrisikos mit sich bringt. Da im Gegensatz dazu MRSA-positive Patienten tendenziell sogar davon profitieren, sollte der Einsatz von Vancomycin auf kolonisierte bzw. sonstige Risikopatienten beschränkt bleiben und andere Verordnungen kritisch hinterfragt werden.
Dr. Patrick Weißgerber, Tübingen