Aktuelle Dermatologie 2012; 38(08/09): 326-330
DOI: 10.1055/s-0032-1309402
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Behandlung der Alopecia areata mit Diphenylcyclopropenon

Kasuistik und aktuelle LiteraturübersichtA Case of Alopecia areata Treated with DPCPReview of Current Treatment Options
A.-K. Dumke
¹   Abteilung für Berufsdermatologie, BG-Klinik Falkenstein
,
D. Rhein
²   Klinik für Hautkrankheiten, Universitätsklinikum Jena
,
P. Elsner
²   Klinik für Hautkrankheiten, Universitätsklinikum Jena
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Anne-Katrin Dumke
Abteilung für Berufsdermatologie
BG-Klinik Falkenstein
Lauterbacher Straße 16
08223 Falkenstein

Publication History

Publication Date:
26 April 2012 (online)

 

Zusammenfassung

Bei der Alopecia areata handelt es sich um einen entzündlich bedingten, kreisrund umschriebenen, reversiblen, nicht vernarbenden Haarausfall, der insbesondere bei Kindern und jungen Menschen vorkommt. Als Ursache werden Autoimmunmechanismen und eine genetische Veranlagung vermutet [1] [2] [3] [4] [5] [6].

Anhand der folgenden Kasuistik zur Behandlung mit Diphenylcyclopropenon soll die aktuelle Literatur vor allem unter dem Blickwinkel der topischen Immuntherapie diskutiert werden. Vorgestellt wird der Fall einer 53-jährigen Patientin, die zur Erstvorstellung schon seit rund 5 Jahren an einer Alopecia areata vom Ophiasis-Typ litt und bei der topische Glukokortikoid- und Minoxidilgaben nicht zum gewünschten Erfolg geführt hatten.

Nach rund 17 Monaten topischer Immuntherapie mit DPCP an unserer Poliklinik zeigten sich in den behandelten Arealen Rötungen und dichter Haarwuchs qualitativ nicht abweichend vom normalen Haupthaar. Allein rechts okzipital war bei Behandlungsende noch ein größerer kahler Bereich sichtbar.

Die topische Immuntherapie hat insbesondere bei schweren, großflächigen und therapieresistenten Fällen der Alopecia areata im Erwachsenenalter einen günstigen Effekt.

Dies wird auch bei Betrachtung der verschiedenen Therapieoptionen und durchgeführten Studien der letzten Jahre, u. a. einer 2011 von der Universitätsklinik Münster publizierten Arbeit zur Behandlung mit Diphenylcyclopropenon bei Alopecia areata, deutlich.


#

Abstract

Alopecia areata is an inflammatory skin disorder characterized by non-cicatricial loss of hair in any area of the body with probably genetic and autoimmune aetiology. The disease occurs especially among children and younger people [1] [2] [3] [4] [5] [6].

On the basis of a case report, the current literature with attention to available treatment options is reviewed and the role of topical immunotherapy with diphenylcyclopropenone is discussed.

The case of a 53 year-old woman who had been suffering from alopecia areata of ophiasis-type for 5 years at presentation at our department is presented. Topical therapy with glucocorticoids and minoxidil had not been successful until then.

After 17 months of topical immunotherapy with DCP at our department erythema and dense hair regrowth was noted in the treated areas. At the end of treatment on the right side occipitally a larger bald area was still visible.

Topical immunotherapy with diphenylcyclopropenone has a beneficial effect particularly in severe, extensive and therapy-resistant forms of alopecia areata.

This is confirmed by considering various therapeutic options and existing studies of recent years, e. g. one trial about treatment of alopecia areata with diphenylcyclopropenone (DCP) that was published by the Universitätsklinik Münster in 2011.


#

Einleitung

Grundsätzlich werden vernarbende, irreversible und nichtvernarbende, reversible Alopezien unterschieden [7].

Zu letzteren gehören die Alopecia diffusa, Alopecia androgenetica, Alopezien infolge oberflächlicher bakterieller und mykotischer Kopfhautentzündungen, Medikamenteneinnahme (z. B. Zytostatika), Stoffwechselstörungen (z. B. Malnutrition, Schilddrüsenfunktionsstörungen) sowie Systemerkrankungen wie beispielsweise Infektionskrankheiten und die Alopecia areata.

Wenn bei der Alopecia areata fast das gesamte Kapillitium betroffen ist, spricht man von einer Alopecia subtotalis. Wenn der Haarverlust des Kopfhaares vollständig ist, handelt es sich um die Alopecia areata totalis. Sind darüber hinaus auch Augenbrauen, Achsel-/Pubesbehaarung und Bartbehaarung beim Mann betroffen, liegt eine Alopecia universalis vor [5] [7] [8].

Bei der diffusen Alopecia areata ergibt sich das Bild eines diffusen Effluviums, die Ophiasis-Form ist von parietalen und okzipitalen Herden oft auch als streifiges haarloses Areal gekennzeichnet [8].

Obgleich das erwartbare Lebenszeitrisiko an Alopecia areata zu erkranken nur bei rund 1,7 % [3] [5] [9] und die Prävalenz zwischen 0,1 % – 0,2 % [1] [10] liegt, geht mit der Erkrankung aufgrund ihrer entstellenden Auswirkungen insbesondere für Frauen ein enormer Leidensdruck einher [5]. Die familiäre Inzidenz beträgt ca. 10 – 42 %, bei monozygoten Zwillingen sogar 50 %. Dies untermauert die Vermutung einer erblichen Disposition [9].


#

Falldarstellung

Anamnese

Es stellte sich eine 53-jährige Patientin, die bereits seit rund 5 Jahren an einer Alopecia areata mit wechselhaftem Verlauf litt und bei der trotz Behandlung mit Cerson (Flumetason-21-pivalat), Ell cranell (17-α-Estradiol), Regaine (Minoxidil solution 2 – 5 %) keine Besserung zu verzeichnen war, in unserer Poliklinik vor.


#

Erstbefund/Befunde diagnostischer Untersuchungen

Im Aufnahmebefund ergab sich eine Alopecia areata vom Ophiasistyp. Dabei zeigte sich okzipital ein scharf begrenztes kahles Areal (ca. 15 × 7 cm). Der Pulltest war positiv, Nägel waren nicht betroffen.

Im Vorfeld waren weder Autoimmunerkrankungen noch eine positive Familienanamnese bekannt. An Nebenerkrankungen wurden eine Hüft-TEP rechts sowie eine geplante Hysterektomie wegen Schleimhauthypertrophie angegeben.


#

Therapie und Verlauf

Zunächst wurde eine Therapie mit Dermoxinale-Lösung eingeleitet, darunter kam es im Verlauf jedoch sogar noch zu einer Progredienz des Haarausfalls.

Etwa 3 Monate nach Erstkontakt und Behandlung mit topischen Kortikosteroiden wurde ein Behandlungsversuch mit Diphenylcyclopropenon initiiert ( [Abb.1] und [Abb. 2] zu Behandlungsbeginn). Vor Therapiebeginn wurden Blutbild-, Nieren- und Leberwerte sowie Kalium kontrolliert.

Zoom Image
Abb. 1 Alopecia areata, Befund dorsal vor Behandlung.
Zoom Image
Abb. 2 Alopecia areata, Befund dorsal vor Behandlung.

Zunächst erfolgte an einem 5 × 5 cm großen Feld am linken Unterarm eine Sensibilisierung mit 2 % DCP. Bei Wiedervorstellung 2 Wochen später zeigte sich hier eine massive Rötung, Blasenbildung und Schwellung, die lokal mit Prednisolon-Salbe behandelt wurde.

Am Hinterhaupt begann nun die topische Immuntherapie mit 0,000001 % DPCP-Lösung. Es erfolgte eine wöchentliche Steigerung der Dosis um den Faktor 10 unter Einbeziehung der rechten Kopfhälfte sowie parietaler, okzipitaler und parietookzipitaler Herde.

Rund 3 Wochen später berichtete die Patientin von ersten Zeichen eines Kontaktekzems mit leichtem Juckreiz, „Kribbeln“ auf der Kopfhaut und Kopfschmerzen für 2 Tage, ohne klinisch objektivierbare Zeichen. Weitere 5 Wochen später gab sie an, dass sich 3 Tage nach der letzten DPCP-Anwendung ein nässendes und stark pruriginöses Ekzem der Kopfhaut gebildet hatte. Bei der Inspektion fielen eine flächige deutliche Rötung auf der rechten Seite sowie eine Überwärmung auf. Es wurden ferner eine leichte bis mäßige Schuppenbildung, jedoch keine nässenden Hautveränderungen festgestellt. Außerdem fanden sich an beiden Unterarm- und Handflächeninnenseiten exanthematisch erythematöse, pruriginöse Hautveränderungen, die wahrscheinlich durch Kontakt mit dem mit DPCP behandelten Kopfhautareal entstanden waren.

Infolge der akuten Symptome wurde mit der Behandlung zwischenzeitlich pausiert. Zwei Wochen darauf ergab sich an der rechten Unterarminnenseite lediglich ein Restbefund mit xerotischen, erythematösen, abgeflachten Papeln ohne Pruritus, die rechte Kopfseite war rosig, ohne Schuppung. Nach erneuter DPCP-Anwendung beschrieb die Patientin Nässen sowie Pruritus und Spannungsgefühl über 3 Tage, jedoch keinen generalisierten Pruritus mehr.

Im Laufe der weiteren Behandlung besserte sich die lokale Verträglichkeit des DPCP, häufig wurde lediglich noch eine leichte Schuppung sowie Pruritus, seltener ein Nässen erwähnt.

Etwa 7 Monate nach Erstbehandlung mit Diphenylcyclopropenon wurde ein deutlicher Flaum auf den behandelnden Stellen des Kopfes rechtsseitig sichtbar und damit die Wirkung des Medikaments offenkundig.

Daraufhin wurde nun auch auf der linken Kopfhälfte die Behandlung mit 0,000001 % DPCP begonnen. Hier kam es im weiteren Verlauf ebenfalls zur Ekzemreaktion mit Rötung, Juckreiz, Schuppung und Nässen. Zwischenzeitlich wurden außerdem supraklavikuläre und nuchale Lymphknotenschwellungen beschrieben.

Knapp 1 Jahr nach Behandlungsbeginn stellten sich die Haare auf den behandelten Arealen als genauso dicht und kräftig wie auf dem übrigen Kopf dar, darüber hinaus war kein weiterer Haarausfall mehr zu beklagen.

Aufgrund eines geplanten Operationstermins, in dessen Folge die Patientin für 6 Wochen nicht zur Behandlung würde kommen können, wurde ein vorläufiges Ende der DPCP-Therapie beschlossen.

Im Abschlussbefund ([Abb. 3] und [Abb. 4]) rund 17 Monate nach Erstbehandlung zeigte sich auf den noch mit DPCP behandelten Stellen ein Erythem und deutlich sichtbarer Haarwuchs. In den übrigen therapierten Bereichen am Hinterkopf sowie an beiden Schläfen ergab sich dichter Haarwuchs ohne Unterschied zum normalen Haupthaar. Allein am rechten Hinterhaupt verblieb ein 5 × 4 cm großes kahles Areal.

Zoom Image
Abb. 3 Alopecia areata, Befund lateral nach Behandlung mit DPCP.
Zoom Image
Abb. 4 Alopecia areata, Befund dorsal nach Behandlung mit DPCP.

#
#

Diskussion

Pathogenetisch liegt der Alopecia areata wahrscheinlich eine autoimmunologische Genese zugrunde [1] [3] [8] [10]. Diese These wird gestützt durch die Beobachtung eines perifollikulären und intrafollikulären Lymphozyteninfiltrats, insbesondere CD4+-Zellen, aber auch Langerhanszellen und Makrophagen im Bereich der dermalen Papille und Matrix betroffener Haarfollikel [3] [4] [5] [8] [11]. Darüber hinaus bestehen gleichzeitig häufig auch andere Autoimmunerkrankungen wie z. B. Zöliakie, Vitiligo, Schilddrüsenerkrankungen und Atopie [1] [5] [7].

Die Behandlung der Alopecia areata erfolgt in Abhängigkeit vom Stadium: Bei erstmaligem Auftreten von leichten Formen im Kindes- aber auch Erwachsenenalter kann zunächst ca. 6 Monate eine Spontanremission nach dem Prinzip „wait and see“ abgewartet werden [10].

Kommt es nach Ablauf dieses Zeitraums zu keiner Verbesserung, sollte eine topische oder systemische medikamentöse Therapie in Abhängigkeit vom Patientenalter begonnen werden, da sich der Krankheitsverlauf mit der Zeit meist verschlimmert. Der Schweregrad der ersten Alopecia-areata-Episode gilt allgemein als wegweisender prognostischer Faktor [5] [7] [12].

Als eine Therapiemöglichkeit bietet sich die topische Gabe von Klasse-IV-Kortikosteroiden wie z. B. Clobetasolpropionat an, die nach Kriterien evidenzbasierter Medizin hohe Effektivität besitzt [1] [9].

Leider treten als Nebenwirkungen u. a. häufig lokale Follikulitiden auf [2] [6].

Ferner kann sich vor allem bei schon lange Zeit bestehender kleinfleckiger Alopecia areata die intraläsionale Gabe von Triamcinolon-Acetonid bewähren. Als nachteilig hierbei gilt jedoch die Schmerzhaftigkeit der Prozedur sowie die Unmöglichkeit, die gesamte Kopfhaut zu behandeln [13]. Zur Schmerzlinderung können daher 30 – 60 Minuten vor Behandlungsbeginn topische Anästhetika verabreicht werden. Obgleich die Wirkung einer einmaligen intraläsionalen Kortikosteroidinjektion bis zu 9 Monate andauern kann, sind die Rezidivraten insgesamt sehr hoch. Sie betrugen in einem Nachbeobachtungszeitraum von 3 Monaten 29 % bei abgegrenzter Alopecia areata und sogar 72 % bei Alopecia totalis

Weiterhin können Glukokortikoide systemisch verabreicht werden (Third-line-Therapie) [2].

Zur Aufrechterhaltung des Haarwachstums sind hierbei Dosierungen zwischen 30 und 150 mg nötig. Auch hier besteht bei längerfristiger Behandlung die Gefahr der Entstehung von Diabetes, Osteoporose, Immunosuppression und die Begünstigung einer Thrombose. Zur Minimierung der Nebenwirkungen wurde von einigen Autoren deshalb die stoßweise Gabe z. B. einmal monatlich erprobt [6] [10].

Hier ergaben sich jedoch unzureichende Ergebnisse: Bei messbarem Haarwachstum handelte es sich in der Regel um nicht kontrollierte Studien und die Mehrzahl der Patienten litt an fleckförmiger Alopecia areata [13].

Aufgrund der Nebenwirkungen bei Langzeitgabe von Glukokortikoiden war und ist daher die Suche nach alternativen Behandlungsverfahren unumgänglich [5] [11] [13].

Die PUVA-Behandlung hat sich dabei nicht als günstig erwiesen, da trotz anfangs recht guter Therapieergebnisse die Rezidivraten mit 30 – 50 % bei zunächst erfolgreich behandelten Patienten sehr hoch waren. Außerdem besteht nach einer Langzeitbehandlung ein erhöhtes Hautkrebsrisiko [5] [13].

Als weitere Möglichkeit ergibt sich die lokale Gabe von 1 %igem und 5 %igem Minoxidil, die jedoch in den meisten Studien keine günstige Wirkung bei Alopecia totalis bzw. Alopecia universalis gezeigt hat und in nur 27 % der Fälle zu kosmetisch akzeptablem Haarwachstum führte.

In einer plazebokontrollierten Doppelblindstudie kam es bei den mit Minoxidil behandelten Patienten in 63,6 %, in der Vergleichsgruppe bei nur 35,7 % zum Haarwachstum. Darüber hinaus kann sich gegebenenfalls auch ein Behandlungsversuch mit 0,5 – 1 %igem Dithranol, ausreichend häufig appliziert, lohnen. In einer offenen Studie mit 68 Patienten zeigte sich unter der Therapie mit 0,5 bis 1 %igem Dithranol bei 25 % der Patienten mit schwerer Alopecia areata ein kosmetisch sichtbares Ergebnis, welches bei 71 % von ihnen im Behandlungsverlauf anhielt. In den ersten zwei Wochen wurde das Dithranol abends zweitägig, später täglich appliziert. 8 Stunden danach erfolgte zudem eine Haarwäsche mit Zink-Pyrithion.

Die durchschnittliche Ansprechzeit betrug mit 0,5 % Dithranol 11 Wochen, erst nach im Mittel 23 Wochen war jedoch ein kosmetisch günstiges Ergebnis erreicht.

Beeinträchtigend in der Anwendung sind hierbei zum einen mögliche schwere Hautreaktionen sowie die Verfärbung der Kleidung [2] [14]. In einer 2009 von Talpur et al. veröffentlichten Untersuchung zur Behandlung mit Bexaroten, einem selektiven Retinoid-X-Rezeptor-Agonisten und Vertreter der Retinoide, zeigte sich bei 5 von 42 Alopecia-areata-Patienten ein Haarwachstum von mehr als 50 % auf der behandelten Seite [11].

Topisch stehen darüber hinaus weitere Retinoide, Capsaicin und Sulfasalazin zur Verfügung.

Erfolgsaussicht sowohl im Kindes- als auch Erwachsenenalter hat ferner eine 308 nm-Excimer-Laser-Behandlung [2] [6].

Als Third-line-Therapie gelten neben den systemischen Glukokortikoiden Methotrexat, Cyclosporin, Azathioprin und Biologicals [2] [5].

In einer Langzeitstudie zur Wirksamkeit von Methotrexat mit 33 Alopecia-areata-Patienten zeigte sich bei 57 % wieder vollständiger Haarwuchs. Mit Rezidivraten von 57 % bei Dosisreduktion und Behandlungsunterbrechung aufgrund von Nebenwirkungen wie Übelkeit, passagerer Leberwerterhöhung und Leukopenie wird der positive Eindruck jedoch gedämpft.

Beim Ciclosporin wird der bekannte pharmakologische Begleiteffekt der Hypertrichose genutzt [2] [6]. Bei oraler Gabe ergeben sich Erfolgsraten zwischen 25 % und 76,6 %, die lokale Anwendung zeigt hingegen nur geringe Effekte. Angesichts möglicher Begleiterscheinungen wie beispielsweise einer Nierenschädigung, Immunsuppression und Blutdruckerhöhung sowie einer enorm hohen Rezidivrate (bis zu 100 % nach Absetzen des Medikamentes) ist die Indikation nur mit Einschränkung zu stellen.

Das Immunsuppressivum Azathioprin hat in einer jüngst publizierten Pilotstudie mit 20 Patienten Haarwachstumsraten zwischen 52,3 % und 38,4 % erzielt. Zur Sicherung sind allerdings noch größere, randomisierte Kontrollstudien notwendig.

Da häufig Nebenwirkungen wie Blutbildungsstörungen, Übelkeit, Erbrechen und Alopezie auftreten sowie die kutane Karzinogenese gefördert wird, erfolgt die Therapie auch hier unter Vorbehalt. Biologicals haben in bisherigen Untersuchungen keinen günstigen Behandlungseffekt ergeben [2].

Bei schweren, therapieresistenten Formen der Alopecia areata hat sich die topische Applikation von Diphenylcyclopropenon (DPCP) als vielversprechend erwiesen.

DPCP zählt ebenso wie Quadratsäurebutylester (SADBE) zu den obligaten Kontaktallergenen [5] [6] [13].

Das Wirkprinzip begründet sich auf der Induktion einer allergischen Kontaktreaktion, in deren Folge sich die T-Zell-vermittelte Immunreaktion gegen den Haarfollikel abschwächt und das Haarwachstum gefördert wird [1]. Nach topischer Applikation von DPCP kommt es zu einer reduzierten MHC-Klasse-I- und -II-Expression, verminderter Antigenpräsentation und folglich Reduktion von Anti-Haarfollikel-Antikörpern, die von B-Zellen produziert werden. Tatsächlich kommt es bei Patienten mit komplettem, anhaltendem Haarwachstum zu einer Abnahme von Anti-Haarfollikel-Antikörpern, wie in einer 2002 in England publizierten Studie mit 11 schweren Alopecia-areata-Patienten gezeigt wurde. Im Gegensatz dazu änderte sich der Antikörpertiter bei nur einseitigem Wachstum nicht. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass die Downregulation der Anti-Haar-Follikel-Antikörper bei DPCP-Therapie durch das Wiederwachstum, nicht aber umgekehrt entstanden ist [4].

In einer 2011 veröffentlichen Studie der Universitätsklinik Münster wurden 142 Alopecia-areata-Patienten einer lokalen Behandlung mit DPCP zugeführt. Damit handelt es sich um eine der größten Studien mit Alopecia-areata-Patienten überhaupt.

Vom Gesamtkollektiv erwiesen sich 7 Personen (4,9 %) als anergisch gegenüber DPCP, 2 von 135 (1,5 %) unterbrachen die Therapie infolge von Nebenwirkungen.

Bei 37,8 % kam es zu einem vollständigen Ansprechen (> 90 % Wiederwachstum des Haars), 14,8 % zeigten ein teilweises (50 – 90 % Wiederwachstum) und 19,3 % ein minimales Ansprechen (10 – 50 % Wiederwachstum). Bei 28,1 % unterblieb eine Antwort auf die topische Immuntherapie. In der Studie erwies sich die Schwere des Haarverlusts zu Therapiebeginn als einziger signifikanter Faktor für den Ausgang der Behandlung. Patienten mit einer zu Behandlungsbeginn schwereren Alopecia areata (z. B. Alopecia areata totalis oder universalis) reagierten schlechter als die Patienten mit einer initial milderen Form (z. B. unifokale Alopecia areata).

Im Verlauf kam es bei 45,1 % der Patienten, bei denen zunächst eine Komplettremission zu verzeichnen war, bei Unterbrechung bzw. auch Fortführung der DPCP-Behandlung zum Rezidiv. Diese Rezidivrate war laut Autoren geringer als in den meisten anderen Studien (62,6 – 68,9 %). Allgemein wird angeraten, die Diphenylcyclopropenonbehandlung frühestens nach einem Jahr zu unterbrechen, da die Zeitdauer bis zum klinischen Ansprechen individuell stark variiert (hier zwischen 1 und 14 Monaten, im Median 3 Monate).

Auf keinen Fall sollte die Behandlung abrupt beendet, sondern vielmehr langsam ausgeschlichen werden. Trotz der hohen Rezidivrate stellt die topische DPCP derzeit die erfolgreichste Behandlungsmöglichkeit auch für schwere Formen der Alopecia areata dar [1].

Nach Alsantali kann insgesamt folgender Algorithmus zur Therapie der Alopecia areata festgehalten werden:

Bei Patienten unter 10 Jahren sollte zunächst eine Kombination von 5 % Minoxidil zweimal täglich mit mittelpotenten Kortikoiden erfolgen. Bei ausbleibendem Ansprechen kann sekundär eine Dithranolbehandlung bzw. bei fleckförmiger Alopecia areata Behandlung mit dem Excimer-Laser stattfinden. Für ältere Betroffene, bei denen weniger als 50 % der Kopfhaut betroffen ist, wird zunächst die intraläsionale Injektion von Triamcinolonactenoid (5 mg/mL) empfohlen.

Bei ausbleibendem Ansprechen nach 6 Monaten sollten wirksame topische Kortikosteroide unter Okklusionsverbänden über Nacht, 5 % topisches Minoxidil zweimal täglich, die Kurzzeittherapie mit Dithranol sowie Excimer-Laser zur Anwendung kommen. Ist mehr als die Hälfte der Kopfhaut durch Haarausfall gekennzeichnet, wird eine topische Immuntherapie mit Diphenylcyclopropenon versucht.

Bei Therapieversagen und Krankheitspersistenz trotz DPCP kann die systemische Gabe von Glukokortikoiden und Sulfasalazin sowie PUVA-Behandlung hilfreich wirken. Erst nach Ausschöpfung dieser Optionen werden Azathioprin und Methotrexat als Alternativen genutzt [2].

Zusammenfassend lässt der geschilderte Fall das Potenzial der topischen Immuntherapie bei Alopecia areata erkennen. Auch die behandelte Patientin litt bereits mehrere Jahre mit unbeständigem Verlauf und unter vergeblicher Nutzung verschiedener Therapien an Haarausfall. Aufgrund der guten Ansprechrate und Verträglichkeit kann Diphenylcyclopropenon besonders auch bei schweren, großflächigen und therapieresistenten Fällen im Erwachsenenalter empfohlen werden [1] [7].


#
#

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Ohlmeier MC, Traupe H, Luger TA et al. Topical immunotherapy with diphenylcyclopropenone of patients with alopecia areata – a large retrospective study on 142 patients with a self-controlled design. J Eur Acad Dermatol Venereol 2012; 26: 503-507
  • 2 Alsantali A. Alopecia areata: a new treatment plan. Clin Cosmet Investig Dermatol 2011; 4: 107-115
  • 3 Alexis AF, Dudda-Subramanya R, Sinha AA. Alopecia areata: autoimmune basis of hair loss. Eur J Dermatol 2004; 14: 364-370
  • 4 Tobin DJ, Gardner SH, Lindsey NJ et al. Diphencyprone immunotherapy alters anti-hair follicle antibody status in patients with alopecia areata. Eur J Dermatol 2002; 12: 327-334
  • 5 Harries MJ, Sun J, Paus R et al. Management of alopecia areata. BMJ 2010; 341: 3671
  • 6 Galán-Gutiérrez M, Rodríguez-Bujaldón A, Moreno-Giménez JC. Update on the Treatment of Alopecia Areata. Actas Dermosfiliogr 2009; 100: 266-276
  • 7 Mounsey AL, Reed SW. Diagnosing and Treating Hair Loss. Am Fam Physician 2009; 80: 356-362
  • 8 Fischer TW. Alopezien – Diagnostisches und therapeutisches Management. Akt Dermatol 2008; 34: 209-225
  • 9 Kuldeep C, Singhal H, Khare AK et al. Randomized Comparison of Topical Betamethasone Valerate Foam, Intralesional Triamcinolone Acetonide and Tacrolimus Ointment in Management of Localized Alopecia Areata. Int J Trichology 2011; 3: 20-24
  • 10 Sauerbrey A. Successful Immunsuppression in Childhood Alopecia Areata. Klin Padiatr 2011; 223: 244-245
  • 11 Rajiv M, Singh NR. Bexarotene Gel: A New Topical Therapy for Alopecia Areata. Int J Trichology 2010; 2: 66-67
  • 12 Gordon KA, Tosti A. Alopecia: evaluation and treatment. Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology 2011; 4: 101-106
  • 13 Freyschmidt-Paul P, Happle R, McElwee KJ et al. Alopecia Areata: Treatment of Today and Tomorrow. J Investig Dermatol Symp Proc 2003; 8: 12-17
  • 14 Fiedler-Weiss V, Buys CM. Evaluation of Anthralin in the Treatment of Alopecia Areata. Arch Dermatol 1987; 123: 1491-1493

Korrespondenzadresse

Anne-Katrin Dumke
Abteilung für Berufsdermatologie
BG-Klinik Falkenstein
Lauterbacher Straße 16
08223 Falkenstein

  • Literatur

  • 1 Ohlmeier MC, Traupe H, Luger TA et al. Topical immunotherapy with diphenylcyclopropenone of patients with alopecia areata – a large retrospective study on 142 patients with a self-controlled design. J Eur Acad Dermatol Venereol 2012; 26: 503-507
  • 2 Alsantali A. Alopecia areata: a new treatment plan. Clin Cosmet Investig Dermatol 2011; 4: 107-115
  • 3 Alexis AF, Dudda-Subramanya R, Sinha AA. Alopecia areata: autoimmune basis of hair loss. Eur J Dermatol 2004; 14: 364-370
  • 4 Tobin DJ, Gardner SH, Lindsey NJ et al. Diphencyprone immunotherapy alters anti-hair follicle antibody status in patients with alopecia areata. Eur J Dermatol 2002; 12: 327-334
  • 5 Harries MJ, Sun J, Paus R et al. Management of alopecia areata. BMJ 2010; 341: 3671
  • 6 Galán-Gutiérrez M, Rodríguez-Bujaldón A, Moreno-Giménez JC. Update on the Treatment of Alopecia Areata. Actas Dermosfiliogr 2009; 100: 266-276
  • 7 Mounsey AL, Reed SW. Diagnosing and Treating Hair Loss. Am Fam Physician 2009; 80: 356-362
  • 8 Fischer TW. Alopezien – Diagnostisches und therapeutisches Management. Akt Dermatol 2008; 34: 209-225
  • 9 Kuldeep C, Singhal H, Khare AK et al. Randomized Comparison of Topical Betamethasone Valerate Foam, Intralesional Triamcinolone Acetonide and Tacrolimus Ointment in Management of Localized Alopecia Areata. Int J Trichology 2011; 3: 20-24
  • 10 Sauerbrey A. Successful Immunsuppression in Childhood Alopecia Areata. Klin Padiatr 2011; 223: 244-245
  • 11 Rajiv M, Singh NR. Bexarotene Gel: A New Topical Therapy for Alopecia Areata. Int J Trichology 2010; 2: 66-67
  • 12 Gordon KA, Tosti A. Alopecia: evaluation and treatment. Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology 2011; 4: 101-106
  • 13 Freyschmidt-Paul P, Happle R, McElwee KJ et al. Alopecia Areata: Treatment of Today and Tomorrow. J Investig Dermatol Symp Proc 2003; 8: 12-17
  • 14 Fiedler-Weiss V, Buys CM. Evaluation of Anthralin in the Treatment of Alopecia Areata. Arch Dermatol 1987; 123: 1491-1493

Zoom Image
Abb. 1 Alopecia areata, Befund dorsal vor Behandlung.
Zoom Image
Abb. 2 Alopecia areata, Befund dorsal vor Behandlung.
Zoom Image
Abb. 3 Alopecia areata, Befund lateral nach Behandlung mit DPCP.
Zoom Image
Abb. 4 Alopecia areata, Befund dorsal nach Behandlung mit DPCP.