Aktuelle Dermatologie 2012; 38(07): 284-286
DOI: 10.1055/s-0032-1309867
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aktinische Keratosen – Aktuelle Entwicklungen in der Therapie

Actinic Keratoses – Recent Developments in Therapy
C. Berking
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Carola Berking
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
Ludwig-Maximilians-Universität
Frauenlobstr. 9 – 11
80337 München

Publication History

Publication Date:
27 June 2012 (online)

 

Zusammenfassung

Zur topischen Behandlung von aktinischen Keratosen (AK) sind neue Substanzen beziehungsweise Formulierungen seit kurzem verfügbar, die die bereits relativ große Auswahl an unterschiedlichen Therapieverfahren noch mal bereichern. Dies kommt der demografisch bedingten ansteigenden Prävalenz von AKs wie auch dem durch eine verbesserte Aufklärung zunehmenden und mit höheren Ansprüchen verbundenen Therapiewunsch entgegen.

Für die läsionsgerichtete Therapie steht jetzt die Wirkstoffkombination 5-Fluorouracil (0,5 %) und Salizylsäure (10 %) in Lösung als zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung. Im Bereich der photodynamischen Therapie sind zwei neue 5-Aminolävulinsäure enthaltende Formulierungen mit nachgewiesener hoher Wirksamkeit hinzugekommen, eine davon in Pflasterform und eine als gelartige Nanoemulsion. Imiquimod wird demnächst in zwei niedrigeren Konzentrationen mit einem beschleunigten Anwendungsschema verfügbar sein. Außerdem wird die Zulassung eines nur für 2 – 3 Tage anzuwendenden Gels mit dem Wirkstoff Ingenolmebutat erwartet.


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Abstract

Recently new substances and formulations have become available for the topical treatment of actinic keratoses (AK), which enrich the already relatively great choice of different treatment options. This accommodates with the demographically increasing prevalence of AKs and the rising demand of therapy due to improved education.

For the lesion-directed therapy a soluble combination of 5-fluorouracil (0.5 %) and salicylic acid (10 %) is now available as an approved drug. In the field of photodynamic therapy two new formulations containing aminolevulinic acid with proven high efficacy have been added, one of which as a medicated plaster and the other as a gel-like nanoemulsion. Imiquimod will soon be available in two lower concentrations with an accelerated application scheme. Furthermore the approval of a new gel containing ingenol mebutate is expected, which is applied for only 2 – 3 days.


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Einleitung

Die Diagnosestellung von aktinischen Keratosen (AK) und der Wunsch auf Seiten des Arztes und des Patienten diese zu behandeln nehmen deutlich an Häufigkeit zu. Diese Beobachtung gründet sich wahrscheinlich zum einen auf das 2008 bundesweit eingeführte Hautkrebsscreening, zum anderen auf die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit bezüglich Sonnenschutz und Hautkrebsprävention und nicht zuletzt auf den verstärkt zu beobachtenden Trend zum jugendlichen, ästhetisch schönen Aussehen auch im bereits fortgeschrittenen Alter. Dieser Entwicklung tragen erst kürzlich neu auf den Markt gekommene, moderne Behandlungsverfahren Rechnung, die das bereits große Spektrum der Therapiemöglichkeiten von AKs nochmal erweitern.

Bei der Behandlung von AKs sind vor allem die Lokalisation und die Ausdehnung der Läsionen für die Auswahl des Therapieverfahrens von Bedeutung. Bei einer läsionsgerichteten Therapie richtet sich die Behandlung dabei gegen einzeln stehende, klinisch von gesunder Haut deutlich unterscheidbare Herde [1]. Bei der flächig wirksamen Therapie schließt man das Vorhandensein von subklinischen präkanzerösen Veränderungen in einer ganzen Hautregion, von einer sogenannten Feldkanzerisierung beziehungsweise von Krebsfeldern ein.

Zur läsionsgerichteten Therapie werden physikalische, ablative und operative Verfahren eingesetzt. Zu ihnen gehören die Kryochirurgie, Lasertherapie, Elektrokauterisierung, Shaveexzision und Kürettage. Neu hinzugekommen ist die auf die klinisch sichtbaren Herde begrenzte Anwendung von 5-Fluorouracil (5-FU) kombiniert mit Salizylsäure.


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5-Fluorouracil plus Salizylsäure

5-FU ist als 5 %ige Creme (Efudix®; MEDA Pharma) schon sehr lange auf dem Markt zur Behandlung von AKs. Sie wird flächig zweimal täglich angewendet bis zum Auftreten von erosiven Veränderungen nach in der Regel 2 – 4 Wochen. Eine 20 g-Tube kostet etwa 54 Euro.

Seit September 2011 ist nun eine neue 5-FU-Formulierung in Deutschland zugelassen. Es handelt sich um eine 0,5 %ige 5-FU-Lösung in Kombination mit 10 % Salizylsäure und mit dem Zusatz des Lösungsmittels 8 % Dimethylsulfoxid (Actikerall®; Almirall Hermal). Bekannt ist diese Wirkstoffkombination von der Behandlung von Viruswarzen (Verrumal®; Almirall Hermal). Durch die keratolytisch wirkende Salizylsäure eignet sich das Medikament besonders für hyperkeratotische AKs. Empfohlen wird eine einmal tägliche Anwendung mit dem integrierten Pinselapplikator über 6 – 12 Wochen. In einer randomisierten, plazebokontrollierten, doppelblinden Multizenter-Studie lag die histologisch kontrollierte komplette Abheilungsrate im Gesichts- und Kopfbereich bei 72 % [2]. Der Listenpreis für 25 ml beträgt 72,15 Euro.


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Neue ALA-Formulierungen für die photodynamische Therapie (PDT)

Seit gut 10 Jahren ist die topische PDT ein anerkanntes Verfahren zur flächigen Behandlung von AKs, wobei nur das Handelspräparat Metvix® (Galderma) mit dem Wirkstoff 16 % Methyl-Aminolävulinsäure (MAL; MAOP) in Kombination mit Rotlicht (Actilite®) Zulassungsstatus hatte [3]. Der Preis einer 2 g-Tube liegt bei 373 – 397 Euro.

Kürzlich sind nun zwei neue 5-Aminolävulinsäure (ALA)-Formulierungen zugelassen worden. Ab November 2011 ist das selbstklebende Alacare®-Pflaster (Spirig Pharma AG) mit integriertem Lichtschutz verfügbar, welches 8 mg ALA in einer kristallinen Form enthält und auf die betroffenen Hautareale ohne Vorbehandlung geklebt wird. Nach 4 h Einwirkzeit, während der sich das ALA löst und in die Haut eindringt, erfolgt die Rotlicht-Bestrahlung. Die Wirksamkeit mit Läsionsabheilungsraten von 82 – 89 % wurde in zwei randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studien mit insgesamt 449 Patienten belegt [4]. Ein Pflaster ist 4 cm2 groß und eine Packung mit 4 Stück kostet 117 – 138 Euro, 8 Stück kosten 224 – 246 Euro.

Eine gelartige Kombination aus 10 % ALA und einer Nanoemulsion wurde als Medikament Ameluz® (Biofrontera AG) am 16. Dezember 2011 in der EU zur Verwendung für die topische PDT von AKs zugelassen. Unter dem Namen BF-200 ALA ist die Substanz zuvor erfolgreich in zwei randomisierten Multizenter-Phase-III-Studien gegen Plazebo-PDT und gegen MAL-PDT getestet worden und zeigte vollständige Patientenabheilungsraten von 64 – 78 % und vollständige Läsionsabheilungsraten von 81 – 90 % [5] [6]. Der Preis für eine 2 g-Tube liegt bei 198,84 Euro.


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Imiquimod

Imiquimod ist als Aldara®-5 %-Creme (MEDA Pharma, vormals 3 M) seit 2004 zur flächigen Behandlung von AKs zugelassen. Als Resultat der Daten aus der europäischen Zulassungsstudie mit vollständigen Abheilungsraten von 57 % liegt die empfohlene Anwendungsdauer bei dreimal wöchentlicher Applikation bei insgesamt 16 Wochen [7], während in den USA und Kanada eine zweimal wöchentliche Applikation über 16 Wochen vorgeschrieben wird [8]. Der Preis für 12 Sachets Aldara®-Creme liegt bei 88,64 – 100,73 Euro, für 24 Sachets bei 138 Euro.

In einer niedrigeren Konzentration ist Imiquimod am 26. März 2011 als 3,75 %-Creme und am 18. Juli 2011 als 2,5 %-Creme zur flächigen Behandlung von AKs im Gesicht und auf der Kopfhaut unter dem Namen Zyclara® (Graceway Pharmaceuticals) von der Food and Drug Administration (FDA) in den USA zugelassen worden. Die kompletten Abheilungsraten lagen in der Zulassungsstudie bei 35,6 % bzw. 30,6 % [9]. Die Anwendung ist im Gegensatz zu Aldara® täglich in einem beschleunigten 6-Wochen-Schema mit zwei Wochen Behandlung, zwei Wochen Pause und zwei Wochen erneuter Behandlung. Außerdem hat Zyclara® keine Flächenbeschränkung auf 25 cm2 wie Aldara®. In Europa ist die Zulassung beantragt worden.


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Ingenolmebutat

Ein neuer Wirkstoff zur Behandlung von AKs ist Ingenolmebutat, ein Diterpenester isoliert aus dem Saft der Garten-Wolfsmilch (Euphorbia peplus), wobei für 1 g Substanz 781 kg Pflanzen benötigt werden. In mehreren Studien wurde die Wirksamkeit von Ingenolmebutat (PEP005) in einer Gelformulierung (0,015 % für Gesichts- und Kopfhaut, 0,05 % für Rumpf und Extremitäten) untersucht mit vollständigen Abheilungsraten von 42,2 % beziehungsweise 34,1 % [10]. Die Anwendungsdauer betrug dabei bei einmal täglicher Applikation nur 3 Tage für AKs im Gesichts- und Kopfhautbereich und nur 2 Tage im Rumpf- und Extremitätenbereich. Lokale Hautreaktionen (Rötung, Schuppung, Bläschen/Pusteln, Erosion/Ulzeration) traten zwischen Tag 3 und 8 auf und klangen innerhalb von 14 Tagen wieder ab. Die Behandlungsfläche ist auf 25 cm2 beschränkt. Unter dem Namen Picato® (Leo Pharma) erfolgte kürzlich im Januar 2012 die Zulassung durch die FDA. Eine Zulassung in Europa wird für Anfang 2013 erwartet.


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Ausblick

Die Neuzulassung beziehungsweise Markteinführung von fünf verschiedenen neuen Substanzen/Formulierungen allein innerhalb der letzten 12 Monate zur Behandlung von AKs hat beträchtlich das Spektrum an Therapiemöglichkeiten erweitert. Es bleibt abzuwarten, in wieweit sich diese Vielfalt auch auf das Preisniveau der Präparate niederschlagen wird.


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Interessenkonflikt

Die Autorin hat Referenten- und Beraterhonorare erhalten von Almirall-Hermal, Biofrontera, Bristol-Myers Squibb, Galderma, Leo Pharma, MSD und Roche Pharma.

  • Literatur

  • 1 Stockfleth E, Ferrandiz C, Grob JJ et al. Development of a treatment algorithm for actinic keratoses: a European Consensus. Eur J Dermatol 2008; 18: 651-659
  • 2 Stockfleth E, Kerl H, Zwingers T et al. Low-dose 5-fluorouracil in combination with salicylic acid as a new lesion-directed option to treat topically actinic keratoses: histological and clinical study results. Br J Dermatol 2011; 165: 1101-1108
  • 3 Braathen LR, Szeimies RM, Basset-Seguin N et al. Guidelines on the use of photodynamic therapy for nonmelanoma skin cancer: an international consensus. International Society for Photodynamic Therapy in Dermatology. J Am Acad Dermatol 2007; 56: 125-143
  • 4 Hauschild A, Stockfleth E, Popp G et al. Optimization of photodynamic therapy with a novel self-adhesive 5-aminolaevulinic acid patch: results of two randomized controlled phase III studies. Br J Dermatol 2009; 160: 1066-1074
  • 5 Szeimies RM, Radny P, Sebastian M et al. Photodynamic therapy with BF-200 ALA for the treatment of actinic keratosis: results of a prospective, randomized, double-blind, placebo-controlled phase III study. Br J Dermatol 2010; 163: 386-394
  • 6 Dirschka T, Radny P, Dominicus R et al. Photodynamic therapy with BF-200 ALA for the treatment of actinic keratosis: results of a multicentre, randomized, observer-blind phase III study in comparison with a registered methyl-5-aminolaevulinate cream and placebo. Br J Dermatol 2010; 163: 386-394
  • 7 Szeimies RM, Gerritsen MJ, Gupta G et al. Imiquimod 5% cream for the treatment of actinic keratosis: results from a phase III, randomized, double-blind, vehicle-controlled, clinical trial with histology. J Am Acad Dermatol 2004; 51: 547-555
  • 8 Lebwohl M, Dinehart S, Whiting D et al. Imiquimod 5% cream for the treatment of actinic keratosis: results from two phase III, randomized, double-blind, parallel group, vehicle-controlled trials. J Am Acad Dermatol 2004; 50: 714-721
  • 9 Swanson N, Abramovits W, Berman B et al. Imiquimod 2.5% and 3.75% for the treatment of actinic keratoses: results of two placebo-controlled studies of daily application to the face and balding scalp for two 2-week cycles. J Am Acad Dermatol 2010; 62: 582-590
  • 10 Lebwohl M, Swanson N, Anderson LL et al. Ingenol mebutate gel for actinic keratosis. N Engl J Med 2012; 366: 1010-1019

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Carola Berking
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
Ludwig-Maximilians-Universität
Frauenlobstr. 9 – 11
80337 München

  • Literatur

  • 1 Stockfleth E, Ferrandiz C, Grob JJ et al. Development of a treatment algorithm for actinic keratoses: a European Consensus. Eur J Dermatol 2008; 18: 651-659
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