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DOI: 10.1055/s-0032-1312729
Schwerpunktthema „Entzündungen der Augenoberfläche“
Special Topic: Inflammations of the Ocular SurfacePublication History
Publication Date:
16 May 2012 (online)
Das diesjährige Themenheft befasst sich mit häufigen und teilweise auch visusbedrohenden Entzündungen der Augenoberfläche. In den Beiträgen wird jeweils der aktuelle Stand zur Diagnostik und Therapie dargestellt. Da das Verständnis der zugrunde liegenden Pathogenese bei allen dargestellten Erkrankungen in letzter Zeit deutlich zugenommen hat, können für den behandelnden Augenarzt viele wertvolle neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten offeriert werden.
Das Trockene Auge ist eine der häufigsten Erkrankungen in der augenärztlichen Praxis, die durch einen Mangel an Tränenflüssigkeit und eine gesteigerte Tränenfilm-Osmolarität geprägt wird. Aktuelle Forschungsergebnisse haben nun eindeutig belegt, dass auch komplexe immunpathologische Prozesse der Augenoberfläche von pathogenetischer Bedeutung sind. Daraus resultieren neue und sehr effektive therapeutische Ansatzpunkte, wie beispielsweise die Gabe von topischen Kortikosteroiden, Cyclosporin A und Serumaugentropfen, oder die systemische Anwendung von Omega-3- und -6-Fettsäuren und Antibiotika.
Bei den meisten Benetzungsstörungen des Auges besteht eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion (MDD). Die Symptome der Patienten leiten sich aus der gesteigerten Evaporation des Tränenfilms her. Wichtigstes diagnostisches Zeichen der MDD ist das pathologische Sekret aus den Meibomdrüsen der Lidkante. Die Übersichtsarbeit stellt dar, dass neben der häufigen primären MDD eine Vielzahl von auslösenden Medikamenten, Augen- und Hauterkrankungen in Betracht gezogen werden muss. Die in der Praxis häufig eingesetzte alleinige Tränenersatzmittelgabe ist häufig wirkungslos. Heutzutage sind sehr effektive Therapiemaßnahmen verfügbar, zu denen das Vermeiden der möglichen Einflussfaktoren, die Lidrandpflege und die oralen Tetrazyklin-Derivate zählen.
Immer häufiger werden Kontaktlinsen über das Internet erworben, ohne dass ein Augenarzt hinzugezogen wird. Die steigende Nachfrage nach Kontaktlinsen mit verlängerten Tragezeiten steigert das Risiko für Hornhautkomplikationen zudem noch. Mehr als die Hälfte aller Keratitiden ist mit dem Tragen von Kontaktlinsen verknüpft. Die Übersichtsarbeit in diesem Themenheft verdeutlicht, wie bedeutsam Kontaktlinsen-Hygiene sowie die -Anpassung und -Betreuung durch einen sachkundigen Augenarzt sind. Der praktisch tätige Augenarzt muss die typischen und schweren entzündlichen Kontaktlinsenprobleme früh erkennen und adäquat behandeln können.
Die Keratitis durch Akanthamöben ist ein sehr schweres Krankheitsbild, das in der augenärztlichen Praxis oft viel zu spät diagnostiziert wird. Die publizierten Fallserien belegen, dass diese Infektionserkrankung insbesondere bei Kontaktlinsenträgern und bei atypisch verlaufender Herpeskeratitis in Betracht gezogen werden muss. Die aktuelle Literaturübersicht verdeutlicht, dass mit der konfokalen Mikroskopie und den modernen mikrobiologischen Testverfahren (insbesondere PCR) sehr sensitive Nachweisverfahren verfügbar sind, mit denen dieses Krankheitsbild früher nachgewiesen werden kann. Therapie der Wahl ist heutzutage eine mehrmonatige Gabe von Diamiden, Biguaniden und Antibiotika. Alle nachgewiesen Fälle sollten in dem bundesweiten Register der Sektion Kornea der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft dokumentiert werden.
Die bakterielle Konjunktivitis ist zweifelsohne eine häufige Alltagserkrankung. Obschon sie durch eine hohe Spontanheilungsrate gekennzeichnet ist, können schwere Hornhautkomplikationen folgen. Aktuelle Daten weisen auf eine steigende Inzidenz von MRSA und Resistenzen gegen kommerziell erhältliche Antibiotika hin. Die Übersichtsarbeit stellt den aktuellen Stand von Diagnostik und antibiotischer Therapie dar.
Das Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) sind zweifelsohne seltene blasenbildende Schleimhauterkrankungen. Wegen ihrer hohen Letalität und der häufigen, potenziell zur Erblindung führenden Augenbeteiligung sollte ihnen aber eine besondere Aufmerksamkeit zukommen. Nach heutigem Kenntnisstand entstehen die Erkrankungen bei genetisch Prädisponierten und werden oft durch Medikamente induziert. Die aktuelle Übersicht zeigt, dass nur bei einer unmittelbaren Diagnosestellung und Therapie die Überlebensrate verbessert und eine Erblindung abgewendet werden kann. Eine intensivmedizinische Betreuung vergleichbar der von Verbrennungspatienten und eine aggressive Immunsuppression scheinen unerlässlich zu sein. Gerade das richtige Management in der Akutphase kann die Visusprognose verbessern. Dies bezieht auch operative Interventionen mit ein, insbesondere die Lösung von Synechien, Entfernung von Keratinisierungen und durch ihre antientzündliche Wirkung die Amnionmembran-Transplantation.
Wir hoffen, Ihnen mit dem vorliegenden Themenheft eine für Ihre augenärztliche Praxis wichtige und aktuelle Übersicht über ausgewählte entzündliche Erkrankungen der Augenoberfläche bieten zu können. Viel Freude bei der Lektüre!
Arnd Heiligenhaus, Münster
Claus Cursiefen, Köln