Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13(4): 171
DOI: 10.1055/s-0032-1318825
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Buchbesprechung – ZWISCHEN LEBEN UND STERBEN – Alltag eines Arztes auf einer Palliativstation

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Publication Date:
19 July 2012 (online)

Dr. Rainer Steffensen

2011, 206 Seiten, Dresdner Buchverlag, 17,90 €, ISBN 978-3-941757-29-5

„Ein junger Arzt tritt seine neue Stelle auf einer Palliativstation an. Dort erwarten ihn nicht nur ein neues Arbeitsumfeld und neue Kollegen, sondern im Besonderen große Herausforderungen. Täglich konfrontiert mit dem Ringen unheilbar kranker Patienten um ihr Leben, wird eine völlig neue Anforderung an das ärztliche Helfen.“

So der Beginn des Klappentextes eines Buches, das den Alltag eines Arztes auf einer Palliativstation schildert. Dieser Arzt ist der 1957 geborene Dr. med. Rainer Steffensen. Nach Tätigkeiten in verschiedensten Bereiche der Inneren Medizin, wagte er den Schritt auf eine Palliativstation, und das mit sehr gemischten Gefühlen: „Ich war schon seit mehreren Jahren von der Palliativstation fasziniert gewesen, da von ihr ein ähnlicher Unnahbarkeitsnimbus ausging wie von der Intensivstation der Klinik. Wenn im Bereitschaftsdienst, glücklicherweise selten genug, einmal ein Problem auf der Palliativstation zu lösen war, war ich dort gelegentlich mit so unglaublich hohen Morphin-Dosierungen und Schmerzmittel-Perfusoren konfrontiert worden, dass ich mich hoffnungslos überfordert gefühlt hatte. Dosierungen in der Palliativmedizin schienen mir etwas für Leute mit langer Erfahrung zu sein – dies hatte ich derzeit für mich abgespeichert und mich nie ernsthaft getraut, mich für einen Wechsel auf diese Station zu interessieren. „Wie konnte man es nur schaffen, dort zu arbeiten?“ Antworten auf diese Frage gibt es auf 206 Seiten, die, in fünf Kapitel gegliedert, Leben und Sterben auf der vom Autor „Palli“ genannten Station schildern. Selbstkritisch und mit hohem Reflexionsvermögen sowohl über das eigene Handeln als auch über institutionelle, gesellschaftliche und strukturelle Rahmenbedingungen – bis hin zu den Inhalten der von ihm absolvierten Palliativ-Kurse – gibt der Autor, der seit 2010 nicht mehr klinisch tätig, sondern mit der zwei Jahre zuvor erworbenen Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“ in freier Praxis tätig ist, tiefe Einblicke in sein Erleben und seine Erlebnisse. Und dabei werden auch Krisen allemal nicht ausgespart! Eindruckvoll erscheint seine Auseinandersetzung mit dem Begriff „Hoffnung“, in der Steffensen sich klar positioniert: „Die Hoffnung belassen! Diese Aussage ist meines Erachtens bei Ärzten häufig nur ein Ausdruck von Hilflosigkeit... (da)lasse ich mich lieber darauf ein, dem Patienten unrealistische Hoffnung zu nehmen und ihm dafür nahe zu sein, ihm beizustehen in seiner Hoffnungslosigkeit.“

Wer wissen will, wie sich ein Buch liest, das mit Herzblut geschrieben worden ist, der wird hiermit garantiert fündig.

Manfred Gaspar
St. Peter-Ording