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DOI: 10.1055/s-0032-1325100
Psychosoziale Notfälle – Einsatz für den Notarzt?
Publication History
Publication Date:
10 September 2013 (online)
Hintergrund. Notärzte werden zunehmend mit nicht akut lebensbedrohenden Krisensituationen der unterschiedlichsten Art konfrontiert.
Definition. Psychosoziale Notfälle resultieren aus einer Exazerbation einer psychischen Störung, getriggert durch eine nicht (mehr) kompensierbare soziale Mangelsituation. Die Zuordnung zu bestimmten somatischen oder psychiatrischen Krankheitsbildern ist im Einzelfall schwierig bis unmöglich.
Epidemiologie. Daten zur Inzidenz liegen kaum vor, da psychosoziale Notfälle bislang oftmals als Fehleinsätze gewertet und nicht oder nur unzureichend dokumentiert werden.
Ursachen. Unsere Gesellschaft ist einem tiefgreifenden Wandel unterworfen, der mit dem Versagen bislang selbstverständlicher sozialer Ressourcen in Familien, Wohn- und Arbeitsumfeld einhergeht. Betroffen sind insbesondere arme, alleinstehende sowie ältere Menschen. Gleichzeitig sinkt ganz allgemein die Schwelle zur Inanspruchnahme des Rettungsdienstes. Einsätze aufgrund häuslicher Gewalt nehmen besonders in Städten zu. Sie stellen ebenso wie Einsätze bei Nichtsesshaften eine besondere Herausforderung dar.
Gründe für die Alarmierung des Rettungsdienstes. Als einzige Institution des Gesundheits- und Sozialwesens repräsentiert der Rettungsdienst ein jedermann sofort zugängliches, aufsuchendes und kostenfreies Hilfsangebot, das zudem die Möglichkeit des „Rausholens“ bietet.
Vorgehen. Patientenzentrierte Gesprächsführung und Basiskrisenintervention stellen die Grundpfeiler notärztlichen Vorgehens dar. Eine medikamentöse Therapie ist nur selten als flankierende Maßnahme notwendig. Eine wesentliche Aufgabe besteht in der Bahnung der Weiterbehandlung. Komplementäre soziale Institutionen sind vielerorts nicht direkt zugänglich, sodass häufig Akutkliniken als „Auffangeinrichtung“ fungieren müssen. Die Wahrung des Eigenschutzes ist besonders zu beachten.
Perspektiven. Aus- und Weiterbildung müssen der geänderten Einsatzrealität angepasst werden. Ferner gilt es, den Rettungsdienst in ein Netzwerk mit den vorhandenen psychosozialen Einrichtungen zu integrieren, eine engere Zusammenarbeit mit den Public-Health-Disziplinen umzusetzen und notwendige gesundheitspolitische Entscheidungen durch entsprechendes Datenmaterial zu unterstützen.
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