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DOI: 10.1055/s-0032-1325114
Bruxismus: Prävalenz und Risikofaktoren
Publication History
Publication Date:
29 November 2013 (online)
Einleitung
Unter Bruxismus (griech. brygmos: „Knirschen“) versteht man die unwillkürlichen, parafunktionellen Knirsch-, Reibe- und Pressbewegungen der Ober- und Unterkieferzähne gegeneinander [1]. Die Einteilung der Formen von Bruxismus erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten (Tab. [1]), so können die Unterkieferbewegungen sowohl am Tage (diurnaler Bruxismus, genauer Wach-Bruxismus) als auch während des Schlafes auftreten (Schlaf-Bruxismus). Beim Wach-Bruxismus überwiegt der Anteil der Pressbewegungen (Bruxomanie), es findet also in der statischen Okklusion ein starkes Zusammenbeißen der Ober- und Unterkieferzähne statt, weshalb der Wach-Bruxismus auch als zentrischer Bruxismus bezeichnet wird. Der Schlaf-Bruxismus hingegen ist vornehmlich durch Reibebewegungen gekennzeichnet. Diese Bewegungen erzeugen schließlich auch das charakteristische Knirschgeräusch, das häufig vom Partner (oder bei Kindern von den Eltern) während des Schlafes wahrgenommen wird. Beim Zusammenbeißen bewegt sich die Mandibel zwischen verschiedenen exkursiven Positionen, womit sich der Terminus exzentrischer Bruxismus für das Zähneknirschen erklärt.
Einteilung bezogen auf … |
Kategorien |
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die zirkadiane Manifestation |
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die Okklusion |
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die Ätiologie |
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den Typ der motorischen Aktivität der Kaumuskulatur |
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das Lebensalter |
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Eine weitere Einteilung unterscheidet zwischen dem primären (oder auch idiopathischen) Bruxismus und dem sekundären (darunter auch der iatrogene) Bruxismus. Die erstgenannte Form umfasst den Wach- oder Schlaf-Bruxismus ohne erkennbare medizinische oder zahnmedizinische Ursache. Sekundärer Bruxismus hingegen tritt vornehmlich in Verbindung mit neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen, Schlafstörungen, psychoaktiver Medikation oder Wirksubstanzen auf (siehe Infoboxen).
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Bewegungsstörungen:
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tardive Dyskinesien (orale Region)
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Morbus Parkinson
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Tics
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Morbus Huntington
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Schlafstörungen:
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Syndrom der unruhigen Beine (Restless-Legs-Syndrom)
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Epilepsie
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obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, Schnarchen
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fragmentarischer Myoklonus
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neurologische oder psychiatrische Erkrankungen:
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Koma
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Depressionen
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mentale Retardierung
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Demenz
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iatrogener Bruxismus:
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Medikamente:
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Amphetamine (z. B. Ritalin)
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selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
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psychotrope Substanzen (mit Suchtpotenzial):
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Alkohol
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Koffein
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Nikotin
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Opioide
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Kokain
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Amphetamine
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Merke: Der speziell durch Einnahme oder Entwöhnung von Medikamenten oder Drogen induzierte sekundäre Bruxismus wird iatrogener Bruxismus genannt.
Unter Verwendung der Elektromyografie (EMG) der Kaumuskulatur können verschiedene motorische Aktivierungstypen unterschieden werden, nämlich der phasische Typ, der tonische und die Kombination dieser beiden. Während etwa 90 % der Schlaf-Bruxismus-Episoden durch den phasischen oder kombinierten Typ von Kaumuskelaktivierungen gekennzeichnet sind, imponiert beim Wach-Bruxismus der tonische Typ [2].
Darüber hinaus wird auch eine Unterscheidung von Bruxismus in Bezug auf das Lebensalter vorgenommen, nämlich in juvenilen und adulten Bruxismus. Juveniler Bruxismus (Zähneknirschen und -pressen bei Kindern) ist in den letzten Jahren vermehrt in den Vordergrund wissenschaftlicher Untersuchungen getreten, u. a. weil ihm möglicherweise eine andere Ursache zugrunde liegt als der adulten Form.
Folgen und Folgeschäden von Bruxismus sind ausgesprochen vielfältig. Wegen seines zumeist über Jahre hinweg persistierenden Charakters führen sie teilweise zu erheblichem Leidensdruck bei den Betroffenen und erheblichen Kosten für das Gesundheitssystem. In aller Regel kommt es zuerst zur Ausbildung von lokalen Defekten an der Zahnhartsubstanz. Diese imponieren infolge des direkten antagonistischen Zahnkontakts als Schlifffacetten auf den Okklusalflächen (Attrition, Abb. [1] und [2]).
Als spezielles Charakteristikum der Attrition bei Bruxisten sind häufig stark aufeinander eingeschliffene Inzisalkanten von Ober- und Unterkieferfrontzähnen zu beobachten (Schlüssel-Schloss-Prinzip, Abb. [3] und [4]).
Darüber hinaus können die teilweise erheblichen Kräfte von bis zu 900 Newton [3] zu Frakturen von Zähnen, Füllungen und Restaurationen führen (insbesondere Veneers, Keramikinlays und Kronen- bzw. Brückenverblendungen). Weiterhin manifestieren sich an den Zahnhartsubstanzen der Patienten mit Bruxismus gehäuft keilförmige Defekte im zervikalen Bereich der funktionell involvierten Zähne. Sie werden als Folge der Kombination von ständiger funktioneller Belastung und einer limitierten Elastizität des Zahnschmelzes verstanden, wodurch ein Heraussprengen von Schmelzprismen aus dem zervikalen Schmelzverbund resultieren kann (Abfraktion) [4], [5]. So finden sich keilförmige Defekte bei Patienten mit Bruxismus besonders häufig an den 1. und 2. Prämolaren des Oberkiefers [6], [7], da diese vermehrt zentrische Vorkontakte aufweisen und in der Folge in besonderem Maße den resultierenden Scherkräften ausgesetzt sind [8] (Abb. [5]).
Auch auf einen Zusammenhang von Bruxismus und freiliegenden Zahnhälsen (und damit auch Effekten am Parodontium) wird in einer Reihe von experimentellen, aber auch klinischen Beobachtungsstudien hingewiesen. Jedoch fehlt es derzeit an Studien, die einen eindeutigen Kausalzusammenhang für das Auftreten parodontaler Probleme infolge eines okklusalen Traumas belegen [9], [10].
Als charakteristische lokale Effekte an den Weichgeweben finden sich neben bukkalen Lazerationen in Höhe der Interkalarlinie (Abb. [6]) auch häufig dentale Impressionen an den Zungenrändern.
Als Spätfolgen jahrelanger Attrition kommt es bei diesen Patienten vielfach zu einer Reduktion der okklusalen vertikalen Dimension, die neben ästhetischen Einbußen infolge von Zahnverkürzung und mangelnder Abstützung von Wangen und Lippen die Funktion des kraniomandibulären Systems beeinflussen kann. In diesem Kontext sind zu nennen: Hypertrophien, Verspannungen oder Druckdolenzen von mastikatorischer oder Nackenmuskulatur, Limitationen der Unterkieferbeweglichkeit, Kiefergelenkgeräusche, Schmerzen im Bereich der Kiefergelenke, orofaziale Schmerzen und Kopfschmerzen. Hinzu kommen in den letzten Jahren vermehrte Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Bruxismus und einer veränderten Körperhaltung, wobei ein eindeutiger wissenschaftlicher Beleg zum Kausalzusammenhang derzeit noch aussteht [11].
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