Rehabilitation (Stuttg) 2012; 51(S 01): S39-S46
DOI: 10.1055/s-0032-1331175
Bericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Beteiligung von Betroffenen in der Rehabilitations- und Teilhabeforschung“ – Bericht über einen Workshop am 24. und 25. Oktober 2011 in Rheinsberg

“Involvement of People with Disabilities in Rehabilitation and Participation Research” – Report of a Workshop Held October 24–25, 2011 in Rheinsberg
B. Reinsberg
1   Deutsche Vereinigung für Rehabilitation (DVfR), Heidelberg
,
G. Jammerthal
1   Deutsche Vereinigung für Rehabilitation (DVfR), Heidelberg
,
S. Brüggemann
2   Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
,
V. Pimmer
2   Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
12 December 2012 (online)

Einleitung

Im barrierefreien Hotel am See der Fürst Donnersmarck-Stiftung in Rheinsberg, Brandenburg, kamen am 24. und 25. Oktober 2011 Menschen mit Behinderungen, Forschungsförderer und Wissenschaftler mit und ohne Behinderung zusammen, um über das Thema „Beteiligung von Betroffenen in der Rehabilitations- und Teilhabeforschung“ zu diskutieren. Zu diesem Workshop hatten die Deutsche Vereinigung für Rehabilita­tion (DVfR) und die Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW) eingeladen, deren gemeinsamer Forschungsausschuss die Veranstaltung vorbereitet hatte. Hintergrund war die Tatsache, dass inklusive Forschung im deutschsprachigen Raum kaum verbreitet ist, obwohl sich mannigfaltige Anwendungsfelder bieten. Insbesondere kann sie einen Beitrag leisten zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention oder zur Weiterentwicklung der Rehabilitation und Teilhabe.

Die DVfR befasst sich bereits seit 2006 in ihrem Forschungsausschuss mit Möglichkeiten, Menschen mit Behinderung an der Forschung zu beteiligen [1] [2]. Spätestens seit Inkraftsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sind deren Vertragsstaaten verpflichtet, die Forschung zu Teilhabe und Inklusion zu intensivieren, um entsprechende Entscheidungen auf der Grundlage gesicherter Daten treffen zu können.

Der gemeinsame Ausschuss von DVfR und DGRW, in dem behinderte und nichtbehinderte Wissenschaftler und Verbandsvertreter zusammenarbeiten, will für die Ausgestaltung einer inklusiven Forschung Impulse geben (vgl. dazu den Beitrag „Diskussionspapier Teilhabeforschung“ in diesem Heft). Es gilt, bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie bei Forschungsinstitutionen ein Grundverständnis zu entwickeln, dass eine Teilhabeforschung immer auch partizipativ bzw. inklusiv[1] zu gestalten ist, als eine Forschung mit – und nicht ausschließlich über – Menschen mit Behinderungserfahrung.

Bereits mit der Tagung „Forschen und beforscht werden“ der DVfR im Februar 2008 wurde ein Dialog zwischen behinderten und nichtbehinderten Experten zu Forschungsfragen begonnen und gegenseitige Erwartungen der am Forschungsprozess beteiligten Menschen artikuliert [2]. ­Hieran anknüpfend ging es beim Rheinsberger Workshop 2011 nun um Fragen der Ausgestaltung einer partizipativen Forschung. Konsens der Workshop-Teilnehmerinnen und -teilnehmer war, dass die Einbindung der Kompetenzen von Menschen mit Behinderung als Experten und Expertinnen in eigener Sache den Forschungsprozess bereichert und neue Perspektiven auf den Gegenstand und die Methoden der Forschung eröffnet. Dadurch kann inklusive Forschung einen nachhaltigeren Einfluss auf die Veränderung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen ausüben.

Im Workshop wechselten sich Vorträge im Plenum mit der Arbeit in Kleingruppen ab. Nach der Begrüßung und Einführung durch die beiden Leiter des Forschungsausschusses von DGRW und DVfR, Dr. Rolf Buschmann-Steinhage (DRV Bund) und Prof. Dr. Karl Wegscheider (Universität Hamburg), stellte Prof. Dr. ­Michaela Amering (Medizinische Universität Wien) am Beispiel psychiatrischer Forschung verschiedene Ansätze vor, wie die Beteiligung von Betroffenen an der Forschung realisiert werden kann. In den Arbeitsgruppen wurde beispielhaft an 4 Forschungsfeldern gemeinsam erarbeitet, welche Vorstellungen und Vorschläge behinderte Menschen in Bezug auf die Themenwahl und Gestaltung von Forschungsprojekten haben und wie ihre Mitwirkung an der Forschung organisiert werden kann. Im Einzelnen beschäftigten sich die Arbeitsgruppen mit der Beteiligung an der Forschung im Bereich der mobilen Rehabilitation (AG 1), in der neurologischen Rehabilitation (AG 2), in Bezug auf Erfahrungen aus der Schweizer Paraplegiker-Forschung und dem Schweizer Paraplegiker-Zentrum, Nottwil (Schweiz), (AG 3) und im Vergleich zwischen ambulanter und stationärer medizinischer Rehabilitation (AG 4).

Die Ergebnisse des Workshops werden in die weitere Arbeit des Forschungsausschusses einfließen und sollen dazu beitragen, allgemeingültige Regeln („good practice“) für die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an der Forschung zu erarbeiten.

 
  • Literatur

  • 1 Schliehe F. Forschungs- und Entwicklungsbedarf in der Rehabilitation aus der Sicht von Betroffenen und ihren Verbänden. Rehabilitation 2007; 46: 378-380
  • 2 Schliehe F. „Forschen und beforscht werden – Betroffene, Forscher und Praktiker im Bereich Rehabilitation im Austausch“ – Bericht über einen Workshop vom 28.–29.2.2008 in Rheinsberg. Rehabilitation 2008; 47: 254-258
  • 3 Trivedi P, Wykes T. From passive subjects to equal partners. Qualitative review of user involvement in research. The British Journal of Psy­chiatry 2002; 181: 468-472 DOI: 10.1192/bjp.181.6.468.