NOTARZT 2013; 29(04): 158-162
DOI: 10.1055/s-0033-1343263
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Koma und QT-Zeitverlängerung nach Intoxikation mit Antidepressiva

Coma after Intoxication with Antidepressants
C. Paul
Institut für Notfallmedizin IfN, Berufsfeuerwehr Köln
,
R. Stangl
Institut für Notfallmedizin IfN, Berufsfeuerwehr Köln
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Publication Date:
21 August 2013 (online)

Zusammenfassung

Wir berichten über eine 39-jährige Patientin, die im Rahmen eines Suizidversuchs ein trizyklisches Antidepressivum (Trimipramin – kumulativ 2,4 g) in hochtoxischer Dosierung eingenommen hatte. Die zentralnervöse Wirkung manifestierte sich in einem rasch einsetzenden Bewusstseinsverlust, sodass die Patientin vom kurze Zeit später eintreffenden Rettungsdienst bereits tief bewusstlos vorgefunden wurde (GCS 3). Die tief komatöse Bewusstseinslage machte die endotrachealer Intubation erforderlich. Die zusätzliche kardiale Toxizität des trizyklischen Antidepressivums demaskierte sich elektrokardiografisch in einer prolongierten QT-Zeit (QTc 0,5 s). In Anbetracht der lebensbedrohlichen Situation wurde eine spezifische Therapie noch unmittelbar vor Ort eingeleitet. Diese bestand aus dem Versuch der Giftelimination mittels über eine Magensonde applizierter Aktivkohle sowie der spezifischen Therapie der kardiotoxischen Effekte mit Natriumbikarbonat. Unter diesem therapeutischen Ansatz konnte die Patientin in stabilisiertem Zustand der weiteren intensivmedizinischen Therapie zugeführt werden. Die Patientin konnte nach kurzer Zeit komplikationslos extubiert werden und wurde bereits 2 Tage nach Ingestion in die weitere psychiatrische Therapie übergeben. Die schweren zentralnervösen und kardiotoxischen Effekte bei Intoxikationen mit trizyklischen Antidepressiva erfordern eine möglichst zeitnahe Giftelimination und spezifische Therapie, die idealerweise bereits durch den Rettungsdienst erfolgen sollte. Die toxische Wirkungsweise dieser Substanzklasse sowie die pharmakologischen Grundlagen der möglichen Interventionen werden diskutiert.

Abstract

We report on a 39-year-old woman found unresponsive after ingestion of a highly toxic dose of a tricyclycic antidepressant (Trimipramine 2400 mg) in the context of a suicide attempt. The central-nervous-toxicity resulted in a deep coma (GCS 3), requiring endotracheal intubation on scene. Cardiotoxic side-effects revealed in a prolonged QTc-interval, suggesting severe cardiac toxicity. Considering acute life-threatening cardiac effects, specific treatment was started on scene by EMS. In terms of rapid detoxification, activated charcoal was given via a nasogastric tube. Sodium bicarbonate i. v., in order to treat the acute carditoxic effects, was given as well. After initial stabilisation, the patient was admitted to an ICU. After two days the patient was transferred to a psychiatric unit in a stabilised, satisfying cardiorespiratoric state, without any evidence of significant neurological sequelae. Severe toxicity of antidepressants requires a rapid onset of specific therapeutic interventions, ideally delivered by EMS.