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DOI: 10.1055/s-0033-1344363
Induktion einer atopischen Dermatitis unter Ustekinumab-Therapie bei Psoriasis vulgaris
Induction of Atopic Dermatitis under Ustekinumab-Therapy in Psoriasis vulgarisZusammenfassung
Wir berichten über eine Patientin mit langjährig bekannter Psoriasis vulgaris, die nach ca. fünf-monatiger Ustekinumab-Therapie erstmals eine atopische Dermatitis entwickelte, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit der Applikation des neuen Medikaments (Hautveränderungen jeweils ca. 2 – 3 Wochen nach Subkutangabe) aufgetreten war. Zuvor war keine Erkrankung aus dem atopischen Formenkreis bekannt. Möglicherweise bewirkt Ustekinumab über die Hemmung der TH1-Immunantwort einen Switch zu einer überwiegend TH2-vermittelten Immunreaktivität, die bei okkulter atopischer Diathese eine atopische Dermatitis auszulösen vermag. Ähnliche Phänomene sind bei TNF-alpha-Blockade beschrieben, allerdings bisher kaum über den IL-12- und IL-23-Signaltransduktionsweg, der durch Ustekinimab gehemmt wird.
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Abstract
We report on a 51-year-old woman with long lasting psoriasis vulgaris who developed a generalized atopic dermatitis five months after the beginning of an Ustekinumab-therapy. The skin lesions occurred each time 2 – 3 weeks after subcutaneous application of the drug. She had never before any atopic disease. Ustekinumab inhibits Th1 mediated immunomechanisms which may in turn induce a consecutive switch to a more Th2 dominated reactivity, thus leading to manifestation of atopic dermatitis. Similar reactions have been described in TNF α blockers, but rarely after inhibition of IL-12 and IL-23 mediated reactions by Ustekinumab.
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Einleitung
Die Koinzidenz von Psoriasis vulgaris und atopischer Dermatitis ist insgesamt bei grundsätzlich entgegengesetzten zugrundeliegenden zellulären Immunmechanismen selten [1]. Die Zahlenangaben schwanken in der Literatur von 1,7 bis 16,7 %. Insgesamt scheint häufiger die Psoriasis vulgaris auf eine vorbestehende atopische Dermatitis zu folgen als umgekehrt [1] [2] [3].
Ustekinumab ist ein IgG1-Antikörper gegen die p40-Untereinheit von IL-12 und IL-23 und hemmt dadurch die an der Pathogenese der Psoriasis zentral beteiligten TH1- und TH17-Immunantworten. Dies könnte zu einer Verschiebung in Richtung TH2-Immunphänotyp führen, wie er bei der akuten atopischen Dermatitis dominiert.
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Kasuistik
Anamnese
Wir berichten über eine 51-jährige Patientin mit generalisierten, stark pruriginösen, ekzematösen Läsionen nach fünf-monatiger Ustekinumab-Therapie bei Psoriasis vulgaris. Im Vorfeld seien bereits verschiedene andere Behandlungsmaßnahmen der Psoriasis zum Einsatz gekommen (Fumarsäureester, Ciclosporin A und Lichttherapie). Laut Angaben der Patientin sei es jeweils ca. 2 – 3 Wochen nach subkutaner Applikation von Ustekinumab zur Ausbildung zunächst lokalisierter Ekzeme in den Beugen gekommen; nach der 3. Injektion hätten sich generalisiert juckende Hautveränderungen entwickelt.
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Klinischer Befund
Klinisch zeigte sich ca. drei Wochen nach letztmaliger Anwendung von Ustekinimab das Vollbild einer atopischen Dermatitis mit deutlicher Xerosis cutis, beugenbetonten Lichenifikationen und Exkoriationen ([Abb. 1]) bei fehlenden psoriasiformen Hautveränderungen. Allerdings bestanden Tüpfelnägel, Ölflecken und distale Onycholysen sämtlicher Finger- und Zehennägel, wie sie für die Psoriasis typisch sind ([Abb. 2]). Asthma bronchiale oder allergische Rhinokonjunktivitis wurden anamnestisch verneint. Auch hätten zuvor niemals ekzematöse Hautveränderungen bestanden. Die Familienanamnese war positiv für die Psoriasis (Mutter betroffen) und negativ für atopische Erkrankungen. Der Erlanger-Atopie-Score betrug 19 Punkte. Im dermatologischen Lebensqualitätsindex ergab sich mit 27 Punkten eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität; subjektiv deutlich mehr als unter der Psoriasis vulgaris zuvor.




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Labor
Laborchemisch zeigten sich bis auf eine Bluteosinophilie von 24,4 % keine wesentlichen Auffälligkeiten. Das Gesamt-IgE lag bei 2151 kU/l, in der spezifischen IgE-Bestimmung (RAST) ergaben sich Typ-I-Sensibilisierungen gegen Lieschgras-, Roggen-, Birken- und Beifußpollen, sowie gegen D. pteronyssinus, Katzen- und Hundeschuppen. In einem mikrobiologischen Abstrich aus dem Nasenvorhof konnte Staphylococcus aureus nachgewiesen werden.
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Histologie
Histologisch zeigte sich eine oberflächliche, perivaskuläre, spongiotische Dermatitis mit Eosiniophilie, welche unter Berücksichtigung der Klinik mit einer atopischen Dermatitis vereinbar war.
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Therapie und Verlauf
Unter Lokaltherapie mit potenten Kortikosteroiden, rückfettender Hautpflege und lokal desinfizierenden Maßnahmen (Betamethason-Oxychinolin-Creme, Mometason-Salbe und Prednicarbat-Salbe) ließ sich eine rasche Befundbesserung erzielen. Begleitend erfolgte, auch in Hinblick auf die vorbestehende Psoriasis vulgaris, die Einleitung einer UVB-311 nm-Lichttherapie. Der zu Beginn stark ausgeprägte Juckreiz sprach gut auf orale Antihistaminika an.
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Diskussion
Bei insgesamt seltener Koinzidenz von atopischer Dermatitis und Psoriasis vulgaris ist trotz überwiegend entgegengesetzter Immunpathomechanismen ein spontanes Zusammentreffen beider Erkrankungen nicht ausgeschlossen [1] [2] [3]. Es existieren auch Fälle mit zeitgleichem Auftreten von Läsionen einer Psoriasis vulgaris und atopischen Dermatitis, wobei histologisch und immunologisch die typischen Charakteristika beider Erkrankungen gesichert werden konnten [4]. Eine entscheidende Rolle scheint in dem von uns berichteten Fall jedoch der Einsatz des immunmodulatorischen Medikaments Ustekinumab gespielt zu haben. Dieses hemmt durch Bindung an die p40-Untereinheit von IL-12 und IL-23 die Aktivierung von TH1- und TH17-Zellen und unterbindet damit die in der Pathogenese der Psoriasis wichtigen Signaltransduktionswege, welche insbesondere über IL-17, IL-22, Interferon α sowie Interferon γ unterhalten werden. In dessen Folge könnte es durch eine konsekutiv gesteigerte TH2-Immunantwort mit vermehrter Produktion von IL-4, IL-5 und IL-13 bei einer bis dahin unbekannten und klinisch stummen atopischen Diathese zur Auslösung einer manifesten atopischen Dermatitis gekommen sein, bei der dieses Zytokinmuster führend ist [5]. Die Hemmung von IL-12 führt zusätzlich zu einer Hemmung der Produktion von Tumor-Nekrose-Faktor α und Interferon γ, was einen partiellen TNF α-Inhibitionseffekt von Ustekinumab bewirkt.
Es existieren Berichte, wonach Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) α-Antagonisten, die zur Therapie der Psoriasis vulgaris und auch der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wurden, in der Lage waren, neben multiplen anderen kutanen Veränderungen sowohl atopieartige Ekzeme als auch Psoriasisläsionen auszulösen [6]. Über ähnliche Effekte bei zusätzlicher Hemmung der TH1- und TH17-Zellen durch den IL-12- und IL-13-Transduktionsweg ist jedoch bisher wenig bekannt. Erst kürzlich berichteten Pernet et al. über eine beinahe identische Kasuistik bei einer 82-jährigen Patientin, welche nach Anwendung von Ustekinumab erstmals eine atopische Dermatitis entwickelt hatte [7]. Bei dieser Patientin war ebenfalls zuvor keine atopische Diathese bekannt. Sie entwickelte keine ekzematösen Reaktionen auf in der Vergangenheit angewandte TNF α-Antagonisten wie Adalimumab und Etanercept, was, auch in Hinblick auf unsere Patientin, auf einen spezifischen Effekt von Ustekinumab schließen lässt.
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Interessenkonflikt
Prof. S. Beissert hat Vortragshonorare von Janssen-Cilag erhalten.
Die anderen Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Welp K, Gieler U, Stander M et al. Concomitant psoriasis vulgaris and atopic dermatitis. A study of 1065 patients with psoriasis. Hautarzt 1989; 40: 496-500
- 2 Beer WE, Smith AE, Kassab JY et al. Concomitance of psoriasis and atopic dermatitis. Dermatology 1992; 184: 265-270
- 3 Stepanova A, Machulla HKG, Taube KM et al. Koexistenz von Psoriasis und atopischer Dermatitis. Akt Dermatol 2004; 30: 293-299
- 4 Eyerich S, Onken AT, Weidinger S et al. Mutual antagonism of T cells causing psoriasis and atopic eczema. N Engl J Med 2011; 365: 231-238
- 5 Plewig G, Landthaler M, Burgdorf WHC et al. Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. 6. Aufl. Berlin: Springer; 2012
- 6 Lee HH, Song IH, Friedrich M et al. Cutaneous side-effects in patients with rheumatic diseases during application of tumor necrosis factor-α antagonists. Br J Dermatol 2007; 156: 486-491
- 7 Pernet C, Guillot B, Bessis D. Eczematous Drug Eruption After Ustekinumab Treatment. Arch Dermatol 2012; 148: 959-960
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Welp K, Gieler U, Stander M et al. Concomitant psoriasis vulgaris and atopic dermatitis. A study of 1065 patients with psoriasis. Hautarzt 1989; 40: 496-500
- 2 Beer WE, Smith AE, Kassab JY et al. Concomitance of psoriasis and atopic dermatitis. Dermatology 1992; 184: 265-270
- 3 Stepanova A, Machulla HKG, Taube KM et al. Koexistenz von Psoriasis und atopischer Dermatitis. Akt Dermatol 2004; 30: 293-299
- 4 Eyerich S, Onken AT, Weidinger S et al. Mutual antagonism of T cells causing psoriasis and atopic eczema. N Engl J Med 2011; 365: 231-238
- 5 Plewig G, Landthaler M, Burgdorf WHC et al. Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. 6. Aufl. Berlin: Springer; 2012
- 6 Lee HH, Song IH, Friedrich M et al. Cutaneous side-effects in patients with rheumatic diseases during application of tumor necrosis factor-α antagonists. Br J Dermatol 2007; 156: 486-491
- 7 Pernet C, Guillot B, Bessis D. Eczematous Drug Eruption After Ustekinumab Treatment. Arch Dermatol 2012; 148: 959-960



