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DOI: 10.1055/s-0033-1344609
Welche diagnostischen Maßnahmen benötigt eine komplexe Wunde?
Was sollte ein Wundzentrum hierzu leisten?Which Diagnostic Measures are Called for in Complex Wounds?What Kind of Treatment Should a „Wound Center“ Offer?- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Anamnese
- Spezifische und unspezifische Laboruntersuchungen
- Histologie
- 1. Kasuistik
- 2. Kasuistik
- Fazit
- Literatur
Zusammenfassung
Seltene Wundursachen sind nicht einfach zu diagnostizieren. Häufig behindert die vorschnelle Lokalbehandlung ohne exakte Diagnosestellung eine adäquate Behandlung und produziert einen unnötigen Verbrauch an materiellen und personellen Ressourcen. Jede nicht heilende chronische Wunde sollte multidisziplinär ärztlich beurteilt und wiederholt histologisch reevaluiert werden.
Beispiele für seltene Wunden und diagnostische Empfehlungen werden gegeben.
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Abstract
Rare reasons for chronic wounds are difficult to diagnose. Many times, hasty local treatment without exact diagnosis will prevent adequate treatment and therefore leads to a waste of material and personell resources. Every non healing chronic wound should be evaluated both by a multidisciplinary team of physicians and also by repeated histological analysis.
We present examples of rare wounds and diagnostic suggestions.
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Einleitung
Wundversorgung ist zu einem häufig benutzten Schlagwort geworden. Überall entstehen Wundzentren, ein bisher unterschiedlich definierter Begriff. Im Internet finden wir darunter große Netzwerke von Kliniken mit interdisziplinärer Ausrichtung, die mit Praxen, Pflegediensten, Pflegeheimen, Pathologen, Lymphtherapeuten, Apothekern, Produktherstellern etc. assoziiert sind, aber auch Einzelanbieter, die eine besondere Expertise ausweisen wollen. Zentrum all dieser Bemühungen ist die Behandlung der chronischen Wunde, die nach Dissemond [2] definiert ist als ein über drei Monate bestehender Defekt. Nicht definiert ist häufig die Komplexität der erforderlichen Diagnostik. Da das Ulcus cruris als chronische Wunde wissenschaftlich am besten untersucht ist, soll an diesem Beispiel die notwendige Kompetenz dargestellt werden. Nach Körber et al. [9] leiden ca. 66,1 % der Patienten mit Ulcus cruris ursächlich an einer venösen Erkrankung, 10 % an einer arteriellen Erkrankung, 8,5 % an einer Kombination von beiden. Damit verbleibt mit 16,2 % ein sehr hoher Prozentsatz von Wunden mit einem heterogenen Gemisch an Diagnosen, wie in [Tab. 1] dargestellt.
Wundgruppe |
Definierte Krankheitsbilder |
Labordiagnostik |
Apparative Diagnostik |
Häufige Krankheitsbilder |
|||
Ulcus cruris venosum |
Ulzera bei Stammvarikosen, Seitenästen, Perforansinsuffizienzen, |
Basisdiagnostik: keine |
Phlebologische Diagnostik: Doppler, Ultraschall, D-PPG, VVP, arterieller Doppler z. A. einer arteriellen Komponente |
Ulcus cruris arteriosum1 |
Basislabordiagnostik[*]
|
Basisuntersuchung wie bei Ulcus cruris venosum, |
|
Seltene Krankheitsbilder |
|||
Autoinflammatorisches Syndrom |
Pyoderma gangränosum1 [1]
|
Basislabordiagnostik[*]
|
Pathergie-Test3
|
Genetische Defekte |
Hereditäre blasenbildende z. B. vernarbende oder nicht vernarbende Dermatosen1 |
Basislabordiagnostik[*]
|
Histologie1, |
Hämatologische Ursachen |
Gerinnungsstörungen
|
Basislabordiagnostik[*]
|
ggf. erweiterte Diagnostik wie |
Iatrogene Ursachen |
Arzneimittel-induzierte Ulzera |
Ggf. ANA bei medikamenteninduziertem Lupus (z. B. bei Hydralazin) |
Kein spezifisches histologisches Substrat, Diagnosestellung aus zeitlichem Verlauf einschl. Abheilung nach Absetzen des Medikamentes |
Infektionen |
Bakterielle Infektionen |
Basislabordiagnostik[*]
|
Erregernachweis |
Metabolische Ursachen |
Amyloidose1
|
Basislabordiagnostik[*]
|
Histologie1, 2, 3, 4, 5, |
Neuropatische Ursachen |
Diabetische und weitere Neuropathien |
Basislabordiagnostik[*]
|
Internistische und neurologische Abklärung mit Sensibilitätsprüfung etc. |
Physikalische und chemische Ursachen |
Verbrennung |
Basislabordiagnostik[*] |
Anamnese in der Regel ausreichend, ggf. Histologie |
Tumoren |
Basaliom1
|
Basislabordiagnostik[*]
|
Histologie1, 2, 3, 4, 5, 6
|
Ulcus hypertonicum |
Systemischer Hypertonus |
Basislabordiagnostik[*]
|
Histologie, Internistische Abklärung, Ausschlussdiagnose! |
Vaskulitis |
Vaskulitis bei Autoimmunerkrankungen1
M. Wegener6 |
Basislabordiagnostik[*], Hepatitis B/C-Serologie und ANA/ANCA1, 2, 3
|
Histologie, |
Die Diagnostik gliedert sich in:
– Anamnese
– klinisches Erscheinungsbild
– spezifische und unspezifische Laboruntersuchungen (siehe [Tab. 2])
– Probebiopsie
* siehe [Tab. 2]
** Bei Gendiagnostik ist das Einverständnis des Patienten gemäß Gendiagnostikgesetz erforderlich.
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Anamnese
Die Anamnese umfasst nicht nur die Entstehung der Wunde, sondern auch vor allem den zeitlichen Verlauf, Erfassung von begleitenden Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Hypertonie, hämatologischen Erkrankungen, Medikation, arteriellen und venösen Durchblutungsverhältnissen etc.
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Spezifische und unspezifische Laboruntersuchungen
Wir unterscheiden eine Basislabordiagnostik und spezifische Laborparameter. Letztere sind nicht als Routinediagnostik angezeigt, sondern sollten im Einzelfall gezielt als erweiterte Diagnostik selektiv hinzugenommen werden.
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Histologie
Probebiopsien sollten möglichst immer wieder aus frischen Effloreszenzen, am besten spindelförmig mit Wundanteil, aus dem Wundrand und der Umgebung mit ausreichender Gewebedicke entnommen werden. Wenn sie nur unspezifisches Granulationsgewebe enthalten sollten, muss auch an die mehrfache Wiederholung der Entnahme gedacht werden.
Leider sind histologische Befunde nicht immer eindeutig, sondern ähnliche Befunde können verschiedene klinische Krankheitsbilder repräsentieren. Daher ist die Zusammenführung von histologischem und klinischem Bild dringend erforderlich, wird aber häufig unterschätzt. Bei komplexen, ungeklärten Wundsituationen ist daher eine klinische und möglichst auch histologische Beurteilung möglichst aus einer Hand zu fordern! Anhand von zwei Problemfällen, bei denen es z. T. zu mehrmonatigen Verzögerungen der Diagnosestellung kam, soll die Komplexität von Wunden näher erläutert werden.
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1. Kasuistik
Anamnese
Ein 72-jähriger Patient, in Indien aufgewachsen, aber schon seit Jahrzehnten in Deutschland lebend, bemerkt sei ca. einem Jahr eine größenprogrediente Wunde im Bereich des Gesäßes mit Betonung der linken Seite ([Abb. 1]). Initial beschreibt er Juckreiz, im weiteren Verlauf eher brennende Schmerzen. Es erfolgen zahlreiche ambulante Behandlungen unter den Diagnosen einer Candidose, eines Erysipels bzw. eines intertriginösen Ekzems ohne klinische Besserung.
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Aufnahmebefund
Im Bereich der linken Gesäßhälfte besteht eine großflächige, flache, saubere, mit Granulationsgewebe und einzelnen konfluierenden Epithelinseln bedeckte Wunde. Die Aufnahme erfolgt wegen Therapieresistenz bei gleichzeitiger Verschlechterung des Allgemeinzustandes.
Nebenbefundlich bestehen ein arterieller Hypertonus und eine atopische Diathese.
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Labor
Hb 11,1 g/dl, CRP mit 26,6 mg/l leicht erhöht (N < 5), Eosinophile 11 %.
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Apparative Durchuntersuchung
Kein Hinweis auf Organbeteiligung.
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Histologie
Winziges Epidermisfragment mit Akanthose, Spongiose, Durchsetzung durch neutrophile Granulozyten, aber regelrechter Schichtung. Darunter leichte pseudoepitheliomatöse Hyperplasie. Daneben Ulkus der Haut mit umliegender, dichter, gemischtzelliger Entzündungsreaktion, bestehend aus Lymphozyten, Histiozyten, massenhaft Plasmazellen, neutrophilen Granulozyten und zahlreichen Riesenzellen vom Fremdkörper- und Langhanstyp. Ausgeprägte extravasale Hämorrhagien, sarkoidale Granulome ohne zentrale Einschmelzung, fokal aber auch Nekrobiose des Bindegewebes und palisadenförmige Anordnung von Histiozyten und mehrkernigen Riesenzellen. Im Zentrum neutrophile Granulozyten. In der PAS-Reaktion kein Nachweis von Pilzelementen.
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Direkte Immunfluoreszenz
Unauffällig.
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Nativmaterial Ziehl-Neelson-Färbung
Nachweis säurefester Stäbchen.
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Kultur aus Wundabstrich
Mycobacterium tuberculosis.
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Elispot (Mycobacterium tuberculosis)
Positiv.
Thorax ap im Liegen: Unauffälliger kardiopulmonaler Befund ohne Nachweis frischer Infiltrate. Kein Hinweis auf postspezifische Residuen. Deutlicher Zwerchfellhochstand rechts. Normale Herzgröße. Grenzwertige Weite der Oberlappenvenen.
CT Abdomen mit KM: Unauffällige Darstellung der parenchymatösen Organe. Insbesondere zeigen weder die Leber noch die Milz pathologisch kontrastmittelaufnehmende Herde oder entzündliche Parenchymveränderungen. Die Leber ist glatt begrenzt, nicht vergrößert. Die Gallenblase ist mäßig gefüllt mit zarter Gallenblasenwand. Keine Entzündungszeichen. Beidseits zarte Nebennieren. Entlang der großen Bauchgefäße sind vereinzelte, kleinere, disseminiert verteilte Lymphknoten erkennbar. Nach Form, Lage und Größe regelrechte Darstellung der Nieren sowie der ableitenden Harnwege. Die Ureteren sind bis ins kleine Becken gut kontrastiert verfolgbar. Keine Pathologika. An der Grenze der Größennorm liegende Prostata mit einem Querdurchmesser von 5,2 × 3,2 cm und zentralen kleineren Verkalkungen. Kein Ascites im kleinen Becken oder im Oberbauch. Auffallende prominente Leistenlymphknoten, links ausgeprägter als rechts, bis 1,5 cm queroval gemessen.
Zusammenfassend lässt sich eine Organmanifestation bei oben beschriebener Hauttuberkulose weder urogenital noch in Projektion auf das Kolon nachweisen.
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Diagnose
Lupus vulgaris ulcerosus.
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Therapie und Verlauf
Unter der Diagnose eines Lupus vulgaris ulcerosus erfolgte eine tuberkulostatische Therapie nach WHO-Schema mit Isoniazid (5 mg/kg KG), Rifampicin (10 mg/kg KG), Pyrazinamid (20 – 25 mg/kg KG) und Ethambutal (30 mg/kg KG).
Die Lokaltherapie erfolgte flüssigkeitsabsorbierend und epithelisierungsfördernd mit Polyurethanschäumen. Hierunter trat nach kurzer Zeit eine deutliche Befundbesserung auf.
Zur Remobilisierung und Stabilisierung des Allgemeinzustandes wurde der Patient in ein heimatnahes geriatrisches Zentrum verlegt. Dort verstarb der Patient im Verlauf einer unklaren Leukopenie bei Fieberschüben. Eine Obduktion erfolgte nicht.
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Diskussion
Die Tuberkulose ist eine aerogene Tröpfcheninfektion durch Mycobacterium tuberculosis, seltener durch Mycobacterium bovis oder africanum. R. Koch entdeckte 1982 die Tuberkel-Bakterien. Im 19. Jahrhundert war sie eine der häufigsten Todesursachen in Europa. Seit 1950 bestand ein kontinuierlicher Rückgang durch potente Tuberkulostatika. Im Rahmen der Immunsuppression bei HIV-Erkrankungen, durch immunsuppressive Therapien, z. B. Ciclosporin und Biologicals, ist wieder ein Anstieg seit den 80er-Jahren festzustellen.
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Kutane Tuberkulose
Die kutane Primärinfektion ist selten (die häufigsten Primärinfektionen sind pulmonal). Insgesamt zeigt sich je nach Immunlage ein vielschichtiges klinisches Bild:
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Kutane Tuberkulose bei Anämie mit Entwicklung eines tuberkulösen Schanker (tuberkulöser Primärkomplex)
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Kutane Tuberkulose bei Normergie (postprimäre Tbc), darunter als klinische Form das Skrophuloderm (Tuberculosis cutis colliquativa) und Lupus vulgaris als häufigste Form der kutanen Tuberkulose
Diagnostik: Der kulturelle Nachweis ist nach wie vor der Goldstandard in der Diagnostik, das Ergebnis ist aber erst nach Wochen präsent. Daneben existieren der PCR-Nachweis der Mykobakterien und der Immuno-Essay (Elispot).
Histologisch nachgewiesene tuberkuloide Granulome beweisen keine Tbc. Erst in der Ziehl-Neelson-Färbung können sich säurefeste Stäbchen nachweisen lassen.
Der Tuberkulin-Test gibt Hinweise auf eine Immunitätslage, der Lupus vulgaris weist klinisch häufig noch das sogenannte Diaskopie- und Sondenphänomen auf.
Die Standardempfehlung nach WHO-Schema:
Initialphase: 4er-Kombination über 2 – 4 Monate
-
Isoniazid (5 mg/kg KG)
-
Rifampicin (10 mg/kg KG)
-
Pyrazinamid (20 – 25 mg/kg KG)
-
Ethymbutol (30 mg/kg KG)
Erhaltungsphase: 2er-Kombination (z. B. INH + Rifampicin über 4 – 8 Monate).
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Epikrise
Kutane Tuberkuloseformen sind bei uns extrem seltene Ereignisse. Aufgrund der zunehmenden Mobilität mit Einwanderung von Personen aus Ländern mit hoher Tuberkulose-Durchseuchung, einer ausgeprägten Tourismusrate und einer erheblichen Anzahl von Patienten, die unter HIV-bedingter Immunsuppression oder medizinisch eingeleiteter immunsuppressiver Therapie (z. B. Einsatz von Biologica bei Psoriasis etc.) stehen, ist auch in der Wundbehandlung an kutane Tuberkulose-Formen zu denken.
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2. Kasuistik
Anamnese
Eine 73-jährige Patientin wird mit seit 8 Monaten bestehenden, großflächigen Erosionen und Ulzerationen im Bereich von Abdomen und Oberschenkeln stationär aufgenommen. Die Patientin beklagt Pruritus und Gewichtsabnahme. Internistische Grunderkrankungen sind ein Hypertonus, eine pAVK und Vorhofflimmern.
Anamnestisch sind mehrere ambulante und auch stationäre Behandlungen unter der Diagnose eines Oberschenkelerysipels frustran erfolgt.
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Aufnahmebefund
Bei Aufnahme sind im Bereich des Oberschenkels Residuen von oberflächlichen Nekrosen im Bereich älterer Venenexhairesenarben bei KHK erkennbar. Im abdominellen Bereich bestehen oberflächliche, teilweise fibrinös schmierig belegte Erosionen mit randständigen Nekrosen und bizarrer Konfiguration ([Abb. 2]).
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Apparative Diagnostik
Röntgen-Thorax, Abdomen-Sonografie, Knochenmarkspunktion und CT von Schädel, Hals, Thorax und Abdomen sind sämtlich ohne pathologischen Befund.
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Histologie
Epidermis unauffällig. Durch eine freie Grenzschicht von der Epidermis getrennt sieht man in der Dermis bis in die Subkutis reichend großknotige Proliferationen monomorpher blastischer Zellen mit großen pleomorphen Kernen und prominenten Nukleolen. Tumornekrosen sind nicht nachweisbar. Zahlreiche Mitosefiguren, auch atypisch. Nur ganz vereinzelt kleine Lymphozyten in der Umgebung. Die Diagnose wurde immunhistochemisch bestätigt. Die Tumorzellen weisen eine durchgehende Reaktivität gegen CD20 auf bei einer proliferativen Aktivität von über 90 %.
Diagnose: Primär kutanes, großzelliges B-Zell-Lymphom vom Beintyp.
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Therapie und Verlauf
Unter der Diagnose eines CD20-positiven, großzelligen B-Zell-Lymphoms vom Beintyp erfolgten 12 Zyklen Rituximab (375 mg/m2KOF) und Gemcitabine-Gaben (1200 mg/m2KOF). Darunter kommt es zu einer ausgeprägten Remission, nach Therapiepause Re-Staging bei erneuter Progression. Eine Kombination mit Retuximab/Bendamustin wird bei Progredienz des Befundes abgesetzt. Erneute Gabe von 15 Chemotherapie-Zyklen mit Retuximab und Gemcitabine (Dosierung s. o.), hierunter jetzt weitere Tumorprogredienz. Daraufhin Gabe von Retuximab (375 mg/m2KOF) kombiniert mit Doxorubicin (20 mg/m2KOF) ergibt einen vorübergehenden ausgeprägten Tumorzerfall mit therapiebedingten tiefen Ulcerationen. Die Lokalbehandlung erfolgte mit Octenidin-Spülung, Einlage von silberhaltigen Alginat-Kompressen, später kohlehaltigen Auflagen bei Tumorzerfall. Im weiteren Verlauf rasche Tumorprogredienz mit Exitus letalis.
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Charakteristika
Das aggressiv kutane B-Zell-Lymphom tritt fast ausschließlich im Bereich der unteren Extremitäten auf (bis 80 %). Selten bestehen Erstmanifestationen am Stamm bei einem Haupterkrankungsalter > 70 Jahre. Frauen sind 3 – 4 × häufiger betroffen als Männer.
Die Therapieoptionen sind systemische Chemotherapien (Gemcitabin, Doxorubicin etc.) sowie Antikörpertherapien mit Rituximab.
Lokaltherapien werden entsprechend dem Wundstadium durchgeführt, gegebenenfalls ergänzt durch Radiotherapie.
Prognostisch bestehen häufige Rezidive, extrakutane Manifestationen treten oft erst nach Jahren auf. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt ca. 50 %.
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Fazit
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Neben der Gruppe der häufigen, ethiologisch klar definierten Wunden existiert eine Vielfalt von weiteren möglichen, zum Teil seltenen Wundursachen. Sie nicht zu berücksichtigen kann von einer deutlich verzögerten Diagnosestellung bis hin zu fatalen Folgen reichen. An erster Stellung steht daher als tragende Säule die Durchführung adäquater Diagnostik bis zur Diagnosestellung.
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Im Zeitalter der modernen Wundtherapie ist die Lokal-Therapie aufgrund der Entwicklung zahlreicher Wundprodukte zu sehr in den Vordergrund gerückt. Erschwerend kommt hinzu, dass auch fehldiagnostizierte Wunden sich häufig in der Behandlung unter moderner Wundtherapie deutlich bessern, d. h., dass eine fibrinös oder nekrotisch belegte Wunde autolytisch, chirurgisch oder fibrinolytisch debridiert werden kann und dann vom Aspekt eine deutliche Befundbesserung imitiert. Diese Befundbesserung wird aber aufgrund einer fehlenden oder falschen Diagnose ein bestimmtes Abheilungs-Stadium nicht überschreiten und somit eine chronische Wunde mit entsprechendem Verbrauch von materiellen und personellen Ressourcen hervorrufen.
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Wundmanager, eine sehr heterogene Berufsgruppe mit sehr unterschiedlichen Qualifikationen, sollten engmaschig mit den zuständigen ärztlichen Fachgruppen (Dermatologen, Diabetologen, Angiologen, Gefäßchirurgen etc.) zusammenarbeiten.
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Jede nicht heilende chronische Wunde sollte daher immer wieder Anlass zur Reevaluation der Diagnose mit histologischer Abklärung geben.
Es ist daher dringlich zu fordern, dass ärztliche und vor allem auch dermatologische Differenzialdiagnostik einen wesentlichen Anteil an der diagnostischen Beurteilung chronischer Wunden erhält.
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Al Ghazal P, Körber A, Klode J et al. Untersuchung neuer Kofaktoren mit bei 49 Patienten mit Pyoderma gangraenosum. JDDG 2012; 10: 251-257
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- 4 Grange F et al. Primary Cutaneous Diffuse Large B-Cell-Lymphoma, Leg Type. Clinicopathologic Features an Prognostic Analysis in 60 Cases. Arch Dermatol 2007; 143: 1144-1150
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- 8 Kodama K et al. Primary cutaneous large B-cell-lymphomas; clinicopathologic features classification und prognostic factors in a large series of patients. Blood 2005; 1006: 2491-2497
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- 10 Miller A, Ruzicka T. Differentialdiagnose des Ulcus cruris. Hautarzt 2001; 52: 593-603
- 11 Reich-Schupke S, Altmeyer P, Kreuter A et al. Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms in einem langjährig bestehenden, therapieresistenten Ulcus cruris venosum. JDDG 2008; 6: 569-572
- 12 Schimpf H, Rass K, Tilgen W. Differenzialdiagnosen des Ulcus cruris. Akt Dermatol 2009; 35: 231-236
- 13 Senff NJ, Hoefnagel JJ, Jansen PN et al. Reclassification of 300 primary cutaneous B-Cell-lymphomas according to the new WHO-EORTC classification for cutaneous lymphomas: comparison with previous classifications and identifications of prognostic markers. J. Clin Oncol 2007; 25 : 1581-1587
- 14 Stein A, Hackert I, Meurer M. Histologie der kutanen Vaskulitiden. Hautarzt 2008; 59: 363-373
- 15 Stücker M, Harke K, Rudolph T et al. Zur Pathogenese des therapieresistenten Ulcus cruris. Hautarzt 2003; 43: 750-755
Korrespondenzadresse
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