Zahnmedizin up2date 2014; 8(2): 167-188
DOI: 10.1055/s-0033-1346895
Kieferorthopädie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kieferorthopädische Therapieoptionen von Nichtanlagen permanenter Zähne

Jan Hourfar
,
Christopher J. Lux
,
Björn Ludwig
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. April 2014 (online)

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Einleitung

Nichtanlagen (Aplasien) permanenter Zähne im stomatognathen System des Menschen sind nicht ungewöhnlich [1]. Sie stellen, mit einer Prävalenz von 1,5–11,3 % [2]–[4], vielmehr die häufigste Malformation im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich dar. Von den Weisheitszähnen abgesehen sind am häufigsten die unteren zweiten Prämolaren, gefolgt von den oberen lateralen Inzisiven, betroffen [2]. Die Aplasie permanenter Eckzähne dagegen ist eher eine Rarität [5]. Neben verschiedenen Fallbeschreibungen wird in einer Studie [6] eine Prävalenz von 0,13 % angegeben. In der Literatur finden sich Hinweise, die eine leichte Bevorzugung des weiblichen Geschlechts demonstrieren konnten [7], Unterkiefer und Oberkiefer sind gleichermaßen betroffen [2]. Nichtanlagen permanenter Zähne können singulär oder multipel auftreten. Sind mehr als 6 Zähne von Nichtanlagen betroffen, wird dies als „Oligodontie“ bezeichnet. Für die Prävalenz einer derartigen Zahnunterzahl findet sich in der Literatur ein Wert von 0,08 % [8]. Aplasien können non-syndromal und im Zusammenhang mit allgemeinen Entwicklungsstörungen (syndromal), beispielsweise der ektodermalen Dysplasie, auftreten. Wenngleich der Entstehungsmechanismus noch nicht vollständig aufgeklärt werden konnte, gelten jedoch – mit der Identifikation zweier Gene (PAX9, MSX1) – hereditäre Ursachen als wichtige (Ko-)Faktoren der Entstehung non-syndromaler Hypodontien [9], [10]. Der mögliche Einfluss genetischer Faktoren bei der Entstehung von Nichtanlagen permanenter Zähne wurde schon in früheren Untersuchungen vermutet und beispielsweise im Rahmen vergleichender Untersuchungen an eineiigen Zwillingen untersucht [11]. So konnte eine schwedische Studie ([12] zit. bei [13]) zeigen, dass Geschwister und Familienangehörige von betroffenen Patienten in über 50 % der Fälle ebenfalls Aplasien präsentierten. Die Möglichkeiten der Kieferorthopädie können Lückenschluss, Lückenöffnung oder auch die Pfeilerverteilung in komplexen Fällen sein. So kann beispielsweise in einem Fall ein fehlender Zahn durch einen eigenen Zahn „biologisch“ ersetzt werden, während in komplexen Fällen multipler Aplasien eine strategisch günstige Pfeilerverteilung eine konsekutive prothetische Versorgung zu erleichtern vermag.