Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2013; 48(9): 546-551
DOI: 10.1055/s-0033-1355235
Fachwissen
Notfallmedizin Topthema: Laienreanimation
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Laienreanimation – Telefonische Anleitung von Laien zur Reanimation

Dispatcher Assisted Resuscitation by Laypersons
Hartwig Marung
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Publikationsdatum:
18. September 2013 (online)

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Zusammenfassung

Die ERC-Leitlinien 2010 enthalten eine eindeutige Empfehlung zugunsten der telefonischen Anleitung des Anrufers bei einem Herzstillstand durch den Leitstellen-Disponenten, der sog. „Telefonreanimation". Dabei handelt es sich um kein neues Verfahren: Bereits 1985 erschienen die ersten Arbeiten aus dem US-amerikanischen Rettungsdienst, in denen positive Effekte auf den Anteil der Laienreanimationen gezeigt werden konnten. Später fand das Konzept auch in Skandinavien zunehmend Verbreitung. Aus Untersuchungen in diesen Ländern ist bekannt, dass dadurch der Anteil von Überlebenden mit guter neurologischer Funktion signifikant gesteigert werden kann. Trotzdem hat sich das Verfahren in Deutschland lange Zeit nicht über Pilotprojekte hinaus etabliert. Nachfolgend werden die positiven Effekte dieses Vorgehens dargestellt, ebenso wie dessen Limitierungen, die zumindest teilweise beeinflussbar sind. Abschließend wird die Bedeutung der Telefonreanimation für die Disponenten und die Einsatzkräfte am Notfallort diskutiert.

Abstract

ERC Guidelines 2010 highlight the importance of dispatcher assisted cardiopulmonary resuscitation. The concept has been in use in emergency medical services in the USA since the mid-Eighties where it accounted for a considerable rise in bystander resuscitation. Subsequently it was implemented in some major Scandinavian cities. Studies from those countries showed that the rate of survivors in good neurological condition can be raised significantly. Yet, this procedure has not been widely established in Germany so far. In this article the positive effects of the approach are illustrated as well as its limitations some of which can be resolved putting in reasonable effort. The relevance of dispatcher assisted CPR for emergency medical dispatchers as well as the emergency medical crews at the scene is then discussed.

Kernaussagen

  • Die Etablierung der Telefonreanimation ist eine zentrale Forderung der ERC-Leitlinien 2010.

  • Das Verfahren ist erprobt und sicher. Gravierende Schäden drohen selbst dann nicht, wenn sich bei Eintreffen der Rettungskräfte herausstellen sollte, dass initial vermutlich kein Herz-Kreislauf-Stillstand vorlag.

  • Reanimationen durch Ersthelfer sind ein entscheidendes Kriterium für verbesserte Überlebensraten. Ihr Anteil lässt sich durch telefonische Anleitung auf mind. 60 % erhöhen, was für Deutschland mehr als eine Verdreifachung bedeuten würde.

  • Auf Deutschland bezogen könnten damit jedes Jahr mehrere tausend zusätzliche Leben gerettet werden.

  • Der Anteil der Überlebenden mit einem ungünstigen neurologischen Outcome nimmt nicht zu.

  • Liegt bei einem bewusstlosen Patienten keine normale Atmung vor, sollte mit der Telefonreanimation begonnen werden.

  • Laut ERC sollte im Rahmen der telefonischen Anleitung auf die sehr zeitintensive Anleitung zur Beatmung verzichtet werden, denn auch für die T-CPR gilt: Hauptsache Thoraxkompression!

  • Eine Beatmung sollte nur dann erfolgen, wenn ein Anrufer diese Maßnahme bereits beherrscht oder von einem primär hypoxischen Herz-Kreislauf-Stillstand auszugehen ist, z. B. bei einem Kind nach Ertrinkungsunfall.

  • Vorraussetzung für die Einführung von Telefonreanimation sind eine ausreichende personelle Besetzung, Schulungen der Disponenten und eine laufende Auswertung der Prozesse und Ergebnisse durch einen ärztlichen Verantwortlichen, in der Regel den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst.

  • Angehörige, die eine Telefonreanimation durchgeführt haben, befinden sich in einem emotionalen Ausnahmezustand und sollten nicht pauschal von der Weiterversorgung ausgeschlossen werden.

Ergänzendes Material