PPH 2013; 19(05): 280-281
DOI: 10.1055/s-0033-1356781
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Demenz natürlich behandeln – Das können Sie selbst tun/So helfen Sie als Angehöriger

Rezensent(en):
Christoph Müller
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. September 2013 (online)

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(Schlütersche Verlagsanstalt)

Was brauchen Menschen, die als Betroffene oder Angehörige von demenziellen Erkrankungen betroffen sind? Es ist die pragmatische und grundständig orientierte Hilfe, die man diesen Menschen an die Hand geben sollte. Die Biologin und Ernährungswissenschaftlerin Andrea Flemmer bietet diese Unterstützung mit dem vorliegenden Buch „Demenz natürlich behandeln“. Es ist ein großes Spektrum der Möglichkeiten, die Flemmer dem hilfesuchenden Leser anbietet. Dabei verliert sie sich nicht in wissenschaftlichen Darstellungen, sondern gibt konkrete Antworten.

Wo sie populärwissenschaftlich das demenzielle Phänomen erklärt, gibt sie den Menschen mit einer Übersichtstabelle Unterscheidungsmöglichkeiten zwischen den „Hinweisen auf Altersvergesslichkeit“ und „Hinweisen auf Demenz“. Dass sie sich an den aktuellen Forschungsarbeiten orientiert, wird nachvollziehbar, wenn sie sich zur Vererbbarkeit von Demenzen äußert. Sie gibt Entwarnung, dass Demenzen zu den Erbkrankheiten gehören. Es gebe eine Häufung demenzieller Erkrankungen in Familien. Doch kämen immer mehrere Faktoren zusammen. Beispielsweise erläutert sie: „Veranlagungen und Störungen des Gehirnstoffwechsels gemeinsam sorgen dafür, dass man krank wird.“ Ausführlich widmet sie sich der verständlichen Darstellungen primärer und sekundärer Demenzen.

Dass die Biologin und Ernährungswissenschaftlerin Andrea Flemmer eine Brücke schlägt von der Schulmedizin zu alternativen Behandlungsformen, dies ist der Joker, den das Buch quasi in der Hand hält. „Sanfte Therapien für Geist und Körper“ nennt sie die nichtpharmakologischen Therapiemethoden und warnt insbesondere vor einem Missverständnis: „Was für gesunde Ältere eine ideale Methode ist, um die grauen Zellen auf Trab zu bringen und das Gedächtnis zu stärken, bedeutet für Demenzkranke nur Misserfolg und Frustration.“ Auf verschiedene Weise unterstreicht Flemmer die Bedeutung des Alltagsbegriffs.

Dieser Alltagsbegriff wird deutlich an dem Punkt, wo sich Andrea Flemmer quasi am State of the Art orientiert und sie sich zur Entspannung, zur tiergestützten Therapie und zum Humor äußert. An dieser Stelle hätte man sich jedoch noch mehr Praxisbezug und praktische Anleitung gewünscht und nicht nur die Erklärung, dass es oft einem Geri-Clown gelingt, „auch Menschen mit fortgeschrittener Demenz zu unerwarteten Reaktionen zu bewegen“. An einem solchen Punkt versäumt das Buch, Angehörige und auch beruflich Pflegende zur emotionalen Ansprache der Betroffenen anzuregen. Da bleibt Flemmer leider nur mit einer Willenserklärung im Reich des „gewollt, aber nicht gekonnt“. Anders schaut es an der Stelle aus, wo Flemmer sich zur Ernährung und homöopathischen Unterstützungen äußert. Die Erwartungen an den Erfolg von Kräutern und Tees, von Ginkgo und Lichttherapie dürfen natürlich nicht allzu groß sein.

Präventiv unterstreicht Andrea Flemmer: „Knobeln, musizieren und tanzen Sie Ihr Demenzrisiko einfach weg!“ Wenn dies so einfach wäre, bräuchte es Bücher wie „Demenz natürlich behandeln“ nicht. Für psychiatrisch Pflegende ist es in jedem Fall auch ein Gewinn, wenn sie gerontopsychiatrisch unterwegs sind.

Christoph Müller