Aktuelle Dermatologie 2013; 39(12): 516-518
DOI: 10.1055/s-0033-1358957
Von den Wurzeln unseres Fachs
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vom Umgang mit medizinischen Wachsmoulagen – Leitlinien und Grundsätze der professionellen Konservierung und Restaurierung von Wachsmoulagen

Guidelines and Conventions for the Conservation and Restoration of Wax Moulages
S. Carraro
Moulagenmuseum des Universitätsspitals und der Universität Zürich/Schweiz
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Korrespondenzadresse

Sabina Carraro
Restauratorin (FH)
Moulagenmuseum des Universitätsspitals und der Universität Zürich
Haldenbachstrasse 14
8091 Zürich

Publication History

Publication Date:
12 December 2013 (online)

 

Zusammenfassung

Die Konservierung und Restaurierung von Wachsmoulagen hat in den letzten paar Jahren vermehrte Aufmerksamkeit von Seiten der Konservatoren, der Mediziner und auch der Historiker erfahren. Wachsmoulagen sind sowohl als kultur- und medizinhistorische Objekte als auch als Lehrobjekte schützens- und erhaltenswert.

An vielen Kliniken im deutschsprachigen Raum werden die Bestände inventarisiert. Dabei wird beispielsweise die Anzahl Moulagen ermittelt, ihr Zustand erfasst und die historischen Hintergründe erforscht. Präventive und aktive konservatorische Maßnahmen umfassen Maßnahmen wie die Messung und Kontrolle klimatischer Bedingungen in Depot- und Ausstellungsräumen, einen gut organisierten Leihverkehr oder die Reinigung und Sicherung von verschmutzten oder defekten Moulagen. Restauratorische Maßnahmen an Moulagen sind für viele Sammlungen ein – meist aus Kostengründen – schwierig durchzuführendes Unterfangen. Die komplexe materialtechnische Beschaffenheit einer Wachsmoulage und die damit verbundenen vielfältigen Schadensbilder, die auftreten können, gehören ausnahmslos in die Hände spezialisierter Restauratoren. Jede Sammlung, und sei sie noch so klein, sollte aber nach der bestmöglichen konservatorischen Betreuung streben. Die Ausgangslage ist dabei für jede Institution unterschiedlich.


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Abstract

Wax moulages have been objects of great interest for many decades and have been increasingly studied by conservator-restorers, medical doctors and historians alike in recent years. Because of their particular role as both musem objects and teaching aids, there needs to be consecutive research and preservation for wax moulages.

There exist numerous wax moulage collections – some with thousands of moulages, some with only a few tens – all over the world. Collections and museums in Germany and Switzerland have begun to take steps to research and preserve their moulage collections. Generally, collections are concerned with passive measures like the controlling of relative humidity and temperature levels, pest management, or storage and transport. Active treatment may include cleaning and restoring of broken moulages. However, due to the particular combination of materials wax moulages are made of, their active treatment is much more expensive and can only be performed by specialized conservator-restorers. By controlling the causes of deterioration through preventive conservation, damage to the materials can be reduced significantly and moulage collections can be preserved without involving invasive techniques.


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Die Zürcher Moulagensammlung

Das Zürcher Moulagenmuseum besteht in seiner heutigen Form seit 1993. Die größtenteils ausgezeichnet erhaltene Sammlung hat eine Doppelfunktion: Zum einen lädt sie den Besucher dazu ein, die faszinierenden kultur- und medizinhistorischen Wachsmoulagen als museale Objekte zu betrachten, und zum anderen dient das Museum als Ort der Lehre für die Medizinstudenten. Die Sammlung ist nach den Vorgaben des schweizerischen Lernzielkataloges für Medizinstudenten aufgebaut, verfügt über Computerarbeitsplätze und ist den Studenten frei zugänglich. Im Museumsraum finden Vorlesungen für angehende Dermatologen statt.

Die Aufbewahrungsbedingungen der Zürcher Wachsmoulagen waren nicht immer optimal, und damit teilte die Sammlung das Schicksal vieler anderer Bestände. Oft standen in Zürich lediglich Kellerräume zur Verfügung, die in der Regel zu eng und zu feucht waren. Das Risiko, dass die Moulagen Schaden nahmen, war hoch und die Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun, oft gering.

Die Depotsituation der Zürcher Moulagensammlung kann seit Anfang 2013 erstmals als optimal bezeichnet werden.

Ein Blick in den Depotraum, in dem die nicht im Museum ausgestellten Zürcher Moulagen bis Ende Dezember 2012 lagerten, zeigt die schwierigen klimatischen und räumlichen Verhältnisse, unter denen die Moulagen aufbewahrt wurden ( [Abb. 1]). Deren Lagerung war aus Platzgründen fast nur hängend möglich, das Raumklima war zu feucht und der Schutz vor Staub oder Insekten unzureichend. In den neuen Depoträumen ergeben Raumtemperatur- und Luftfeuchtigkeitsmessungen nun befriedigende Werte, der Staub- und Insektenschutz ist gewährleistet und ein Arbeitsplatz vorhanden. Hinzu kommt, dass die liegende Aufbewahrung für die Moulagen sehr viel schonender ist als eine hängende ([Abb. 2]).

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Abb. 1 Das ehemalige Depot des Zürcher Moulagenmuseums (Foto: S. Carraro).
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Abb. 2 Das heutige Depot des Zürcher Moulagenmuseums (Foto: S. Carraro).

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Konservierungsprojekte und Fachgruppen

Zwei umfangreiche Konservierungsprojekte haben sich in den letzten fünf Jahren dem Thema der Wachsmoulagen angenommen: Das eine ist das Dresdner Projekt, welches 2010 mit der Publikation Körper in Wachs abgeschlossen wurde [1]. Das zweite fand zwischen Anfang 2011 und Ende 2012 am Moulagenmuseum Zürich statt und wurde von der Hochschule der Künste Bern (HKB) [2] und dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK) unterstützt [3]. Zwecks besserer Vernetzung und der Durchführung gemeinsamer Projekte wurde im März dieses Jahres in Berlin der Arbeitskreis Moulagen gegründet, dessen erste wissenschaftliche Tagung 2014 in Hamburg stattfinden wird.

Für die Sammlung in Zürich bedeutete das Forschungsprojekt eine umfassende Inventarisierung der gesamten 1800 Moulagen. Dazu gehörten – nebst der fotografischen Erfassung der Moulagen – eine Zustandsanalyse und die Kartierung allfälliger Schäden. Klimamessungen in sämtlichen Räumlichkeiten des Depots und des Museums wurden ermittelt, ein Lagerungskonzept erstellt und ausgeführt, schriftliche und bildliche Archivdokumente geordnet und entsprechende Datenbanken erstellt. Es wurden Materialanalysen von Wachsmoulagen-Masse durchgeführt, um die überlieferten Rezepturen zur Zürcher Herstellungstechnik auf einer wissenschaftlichen Basis abzustützen. Die Ergebnisse sind vielfältig und aufschlussreich und der Gewinn für die Sammlung ist immens.[1]


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Grundsätze präventiver und aktiver Konservierung und Restaurierung von Wachsmoulagen

Welche Grundsätze für den Schutz und die Erhaltung von Moulagen ergeben sich nun aus den gesammelten Daten?

Das Hauptaugenmerk im Umgang mit diesen wertvollen Objekten sollte stets auf der Konservierung liegen. Denn bevor eine Moulage restauriert werden kann, müssen sämtliche Aspekte der präventiven wie auch der aktiven Konservierung beachtet und umgesetzt worden sein. Erst wenn die Lesbarkeit einer Moulage aufgrund von Schäden nicht mehr gewährleistet ist, müssen aktive konservatorische und auch restauratorische Eingriffe in Betracht gezogen werden.

Die präventive Konservierung umfasst in Kürze die folgenden Punkte:

Eine möglichst schonende Lagerung der Moulagen, eine geeignete Beleuchtung und die Kontrolle des Klimas in Ausstellungs- und Depoträumen sowie Vitrinen, der Schutz vor mechanischer Belastung, Staub, Schadstoffen und Insekten. Weitere Schwerpunkte liegen auf der präzisen Formulierung der Leihkonditionen und der damit verbundenen Verträge, der Versicherung der Moulagen und nicht zuletzt deren fachgerechter Verpackung vor einem allfälligen Transport.

Die Verpackung einer Moulage sollte ausnahmslos mit Materialien erfolgen, die keine schädigenden Folgen für das Objekt haben können.

Kunststoffkisten, PE-Schaumstoff, PE-Folien und -Luftpolsterfolien, PE-Vliese und säurefreies Seidenpapier sind hierbei geeignete Verpackungs- und Lagerungsmaterialien.

Herkömmliche Pappschachteln, Materialien wie Zeitungspapier, Textilien, Schaumgummi, Holzwolle oder ähnliches sind für diese Zwecke absolut ungeeignet und schaden den empfindlichen Wachsobjekten in vielerlei Hinsicht.

Die aktive Konservierung umfasst eigentliche Eingriffe an den Moulagen, welche die Sicherung und Bewahrung des Materials und somit den unmittelbaren Erhalt des Objektes zum Ziel haben. Zu den typischen Schadensbildern, die mithilfe aktiver Konservierung und allenfalls mit restauratorischen Maßnahmen behoben werden können, gehören beispielsweise Risse und Brüche im Wachs, Verschmutzungen aller Art, Ausblühungen auf der Wachsoberfläche, ein Haftungsverlust der Moulage auf dem Brett, der Verlust der textilen Einfassung und auch verschiedene Folgeschäden früherer Restaurierungen ([Abb. 3] u. [Abb. 4]). Dieses Vergleichsbeispiel einer nicht fachgerecht restaurierten Moulage illustriert eindrücklich den durch die Bearbeitung entstandenen Verlust ihrer Lesbarkeit, der die Moulage in der Folge für die Lehre unbrauchbar macht.

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Abb. 3 Moulage 316, Zürcher Sammlung, vor der Restaurierung. Hergestellt 1924 (Archivfoto Zürcher Moulagensammlung).
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Abb. 4 Moulage 316, Zürcher Sammlung, nach der Restaurierung von 1992 (Foto: S. Carraro).

Eine Restaurierung hat denn auch unbedingt ein Ausnahmefall zu bleiben. Die damit verbundenen Schadensrisiken für die Wachsmoulagen sind ungleich viel höher einzustufen als bei präventiven und aktiven konservatorischen Eingriffen. Diese sind in der Regel auch mit weniger Kosten verbunden als eine Restaurierung. Restaurierungen an Wachsmoulagen sollten nur dann durchgeführt werden, wenn präventive und aktive konservatorische Maßnahmen zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt haben.

Die Restaurierung einer Wachsmoulage sollte grundsätzlich nur von Restauratoren ausgeführt werden, die sich auf diesem Gebiet spezialisiert haben und die den Austausch mit Medizinern und wissenschaftlichen Analytikern aktiv pflegen.


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Interessenkonflikt

Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Die Publikation zu den Forschungsergebnissen befindet sich zurzeit in Arbeit.



Korrespondenzadresse

Sabina Carraro
Restauratorin (FH)
Moulagenmuseum des Universitätsspitals und der Universität Zürich
Haldenbachstrasse 14
8091 Zürich


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Abb. 1 Das ehemalige Depot des Zürcher Moulagenmuseums (Foto: S. Carraro).
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Abb. 2 Das heutige Depot des Zürcher Moulagenmuseums (Foto: S. Carraro).
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Abb. 3 Moulage 316, Zürcher Sammlung, vor der Restaurierung. Hergestellt 1924 (Archivfoto Zürcher Moulagensammlung).
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Abb. 4 Moulage 316, Zürcher Sammlung, nach der Restaurierung von 1992 (Foto: S. Carraro).