Transfusionsmedizin 2014; 4(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-0033-1362385
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen.

H. Klüter
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Publication Date:
25 March 2014 (online)

Antoine de Saint-Exupéry

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der Transfusionsmedizin zielt unser tägliches Tun auf die Sicherstellung der Blutversorgung und damit auf die sichere hämotherapeutische Behandlung der Patienten ab. Fast immer werden die für eine konkrete Behandlung benötigten Blutkomponenten aus dem vorhandenen Bestand des Blutdepots genommen.
Auch die Einladung zur Blutspende erfolgt in aller Regel nicht im Hinblick auf die Versorgung eines bestimmten Patienten, sondern sie dient der Sicherung eines zu erwartenden Bedarfs in der nächsten Zukunft. Dass unsere Blutspenderinnen und Blutspender bereit sind, für einen Ihnen unbekannten und zum Zeitpunkt der Spende in aller Regel noch nicht feststehenden Patienten zu spenden, ist keineswegs selbstverständlich. Diese Bereitschaft basiert auf dem allgemeinen Vertrauen in die Arbeit der Blutspendeeinrichtungen und der Erwartung eines schonenden Umgangs mit der Ressource Blut. Für die Behandlung unserer Patienten ist diese Spendebereitschaft von unschätzbarem Wert. Denn erst dadurch ist ein gezielter Einsatz von Erythrozyten- oder Thrombozytenkonzentraten mit kurzer Vorlaufs-zeit möglich. Auf Basis dieser umfänglichen und schnellen Verfügbarkeit von Blutpräparaten wurden in jüngster Zeit die Interventionsschwellen für die Transfusion restriktiver gefasst. Die allgemeine Bereitschaft zur Blutspende und eine ausreichende Vorhaltung von Präparaten in den Depots fördern also nicht den Blutverbrauch, sondern sie erlauben im Gegenteil ihren restriktiven Einsatz.

Regelmäßige Spender sind für die Blutversorgung von zentraler Bedeutung, denn sie leisten im Laufe ihrer jahrzehntelangen Spenderkarriere zahlreiche Spenden, gelten im Fall eines erhöhten Blutbedarfs als leicht zu motivieren und weisen darüber hinaus ein deutlich geringeres Infektionsrisiko als Erst- oder Gelegenheitsspender auf. Auf die Motivation zur Blutspende und Wege zur dauerhaften Bindung der Spender geht Christian Weidmann in seinem Beitrag ein. Die Spenderbindung ist wegen des demografischen Wandels eine der Herausforderungen der Blutspendeeinrichtungen, um auch in Zukunft den Bedarf an sicheren Blutpräparaten decken zu können.

Patienten, die sich einem medizinischen Eingriff unterziehen, sollten auf diesen bestmöglich vorbereitet sein. So banal diese Erkenntnis anmutet, sie ist die Grundlage des „Patient Blood Managements“. Diesem widmet sich der CME-Beitrag von Peter Schlenke. Das Konzept beruht auf drei Säulen: der präoperativen Anämiebehandlung zur Optimierung des Erythrozytenvolumens, der Vermeidung oder Verringerung eines intraoperativen Blutverlusts und einem restriktiven Einsatz von Bluttransfusionen. Erkennbar handelt es sich auf allen drei Gebieten um anerkannte Prinzipien ärztlichen Handelns. Demzufolge kann es auch keinen Widerspruch gegen dieses Konzept geben. Die rationale Hämotherapie ist vielmehr eine „geborene“ Teilmenge des Konzeptes. Da der Hämotherapie aber zwangsläufig die jederzeitige Verfügbarkeit von Blutspenden zugrunde liegt, wird der besondere Anspruch dieses Konzepts deutlich: „Patient Blood Management“ ist eine interdisziplinäre Aufgabe von Hausärzten, Operateuren, Intensiv- und Transfusionsmediziner. Zwischen diesen Disziplinen entstehen gerade an vielen Orten im „Patient Blood Management“ gemeinsame Projekte. Sie machen deutlich: Präoperative Anämiebehandlung des Patienten einerseits und der Aufruf zur Blutspende für die rationale Hämotherapie andererseits sind keine Widersprüche, sondern es sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Gestalten wir also gemeinsam mit unseren Kollegen aus den benachbarten Fachdisziplinen diese Zukunft der Hämotherapie. Vielleicht gelingt es uns dann am Ende auch noch, einen treffenden deutschen Begriff für dieses verantwortungs-volle gemeinsame Handeln zu finden. Vorschläge werden entgegengenommen!

Viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe!

Ihr