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DOI: 10.1055/s-0033-1362824
Facharztausbildung Gastroenterologie: Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz
Publication History
Publication Date:
20 October 2014 (online)
Eine Reihe junger Kolleginnen und Kollegen zieht es zur Weiterbildung für den Facharzt Gastroenterologie in die Schweiz. Bereits ein fünftel derjenigen, die in der Gastroenterologie-Facharztweiterbildung in der Schweiz sind, kommt aus Deutschland. Dabei ist es aber von Vorteil die Unterschiede zwischen den Ausbildungssystemen zu kennen.
In der Schweiz wird – wie in Deutschland – als Hauptvoraussetzung für den Facharzt Gastroenterologie eine Weiterbildung von 6 Jahren verlangt. Diese 6 Jahre sind in zwei Abschnitte unterteilt: Für 3 Jahre muss eine Ausbildung in allgemeiner Innerer Medizin (nicht fachspezifische Weiterbildung) an anerkannten Weiterbildungsstätten erfolgen, davon mindestens 1 Jahr an einer Weiterbildungsstätte der Kategorie A, d. h. an einem Universitätsspital oder an einem grossen Lehrspital wie z. B. St. Gallen. Da die Weiterbildungsstellen an diesen Kliniken naturgemäss begrenzt sind, ist bereits hier klar, dass im Allgemeinen das Spital bereits während der Weiterbildung in Innerer Medizin gewechselt werden muss. Die Abhängigkeit von einem Klinikdirektor ist dadurch kleiner, dafür wird eine höhere Mobilität verlangt, als in Deutschland üblich. Dies bedingt aber auch einen breiteren Erfahrungsschatz für den oder die in der Schweiz in der Weiterbildung Befindlichen. Es werden Erfahrungen sowohl in Kliniken der Breitenversorgung wie auch der Spitzenmedizin mit ihren jeweils unterschiedlichen Strukturen und Schwerpunkten gewonnen.
An die 3-jährige nicht fachspezifische Weiterbildung schliesst sich eine 3-jährige fachspezifische Weiterbildung in Gastroenterologie an. Es empfiehlt sich, die Weiterbildung in allgemeiner Innerer Medizin vor der fachspezifischen Weiterbildung zu absolvieren. Das ist ein klarer Unterschied zu Deutschland, wo in der Regel nicht der Facharzt Innere getrennt von der Gastroenterologie vorab absolviert wird.
Folgende Untersuchungen werden in der Schweiz für den Facharzt Gastroenterologie verlangt: 400 Gastroskopien (davon 20 mit endoskopischer Blutstillung oder Varizensklerosierung/-ligatur und 5 mit perkutaner endoskopischer Gastrostomie), 10 Bougierungen / Dilatationen im Gastrointestinaltrakt, 400 vollständige Koloskopien und koloskopische Polypektomien, 150 Anoskopien mit starrem Instrument (davon 25 mit therapeutischem proktologischem Eingriff), 20 Leberbiopsien und 500 abdominale Sonographien (inkl. Untersuchung der abdominalen Gefässe, der Aorta und transplantierter Organe mit den verschiedenen Doppler-Techniken und Anwendung von Echosignalverstärkern / Kontrastmitteln sowie ultraschall-gezielte Biopsien / Drainagen).
Auch in Deutschland gibt es ähnliche Zahlenvorgaben für Untersuchungen. Der grosse Unterschied ist jedoch, dass in Deutschland auch ERCPs und Endosonographien gefordert werden: In Deutschland wird die Mitwirkung bei 50 Endosonographien verlangt, sowie 150 ERCPs, davon 50 therapeutisch einschl. PTCD.
Die Facharztprüfung wird in der Schweiz in drei Teilen durchgeführt: Zum einen erfolgt eine a) schriftliche theoretische Prüfung (100 Multiple Choice-Fragen in 3 Stunden), zum zweiten eine b) schriftliche Interpretation von Dokumenten bildgebender Verfahren (30 Fragen in 1 Stunde, Multiple Choice und Antworten in einem Begriff) und zum dritten eine c) mündlich-praktische Prüfung mit Falldiskussion. In diesem Teil werden auch praktische Fähigkeiten (wie z. B. klinische Untersuchungstechnik) geprüft. Eine Teilnahme an Teil C ist nur nach bestandenem Teil A und B möglich. Ab 2015 wird voraussichtlich die schriftliche europäische Facharztprüfung für Gastroenterologie in der Schweiz eingeführt (die dann Teil A und B ersetzt), der Teil C (mündlicher Teil) bleibt unverändert. In Deutschland wird nur eine mündliche Prüfung gefordert. Die schriftliche Prüfung in der Schweiz ist an den Fragen der amerikanischen Facharztprüfung orientiert. Daher muss zum Teil Wissen erarbeitet werden, das in Europa weitgehend wertlos ist (z. B. welche gastrointestinalen Symptome bei einem Angriff mit biologischen Kampfstoffen bestehen).
Damit sind einige Unterschiede zur Weiterbildung in Deutschland offensichtlich: In Deutschland beträgt die Weiterbildung 72 Monate: 36 Monate in der stationären Basisweiterbildung im Gebiet Innere Medizin, 36 Monate Weiterbildung in Gastroenterologie, davon 6 Monate internistische Intensivmedizin, wobei eben die ersten 36 Monate auch in einer Klinik für Gastroenterologie absolviert werden können, wenn sie die entsprechende Weiterbildungsberechtigung hat. Damit muss man zur Weiterbildung in Deutschland u. U. die Klinik nicht wechseln, in der Schweiz muss man das normalerweise viermal (auch für die Gastroenterologie wird 1 Jahr „A Klinik“ verlangt; aufgrund der knappen Stellen in A Kliniken bedeutet auch dies meist einen Wechsel während der dreijährigen fachspezifischen Weiterbildung). Während in Deutschland 6 Monate Intensivmedizin gefordert werden, ist dies in der Schweiz nicht der Fall. Dafür werden explizit 6 Monate Weiterbildung in der Hepatologie gefordert.
Insgesamt ist der Wissensstandard der Assistentinnen und Assistenten in der Schweiz sehr hoch und der Ausbildungsstand gleichmässig gut. Hier treten in Deutschland grössere Niveau-Unterschiede auf. Durch die Notwendigkeit der Tätigkeit von mindestens zwei Jahren in einer akademischen „A-Klinik“ (1 Jahr fachspezifisch, 1 Jahr nicht fachspezifisch, allgemeine Innere Medizin) kommt es zwangsweise zu einem Kontakt mit akademischer Medizin. Das Interesse an klinischer Forschung bleibt dadurch nicht selten erhalten, so dass in der Schweiz viele niedergelassene Kollegen weiter aktiv (klinische) Forschung betreiben. Durch den (erzwungenen) Wechsel sind die in Weiterbildung befindlichen Kolleginnen und Kollegen unabhängiger als in Deutschland, wo die gesamte Ausbildung oft an einer Klinik möglich ist, was ein viel stärkeres Abhängigkeitsverhältnis bedingt.