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DOI: 10.1055/s-0034-1368296
Prävention nosokomialer Infektionen von der Schleuse zum Aufwachraum
Prevention of Nosocomial Infections from the Intake Area to the Anaesthetic Recovery Room
Publication History
Publication Date:
01 October 2014 (online)
- Einleitung
- Präoperative Maßnahmen zur Reduktion von nosokomialen Infektionen
- Standardhygiene im Rahmen einer Operation
- Baulich-funktionelle Anforderungen für Eingriffe und Operationen
- Besondere Hygienemaßnahmen bei MRE-Patienten oder Patienten mit besonderen Infektionserkrankungen
- Abschlussarbeiten nach OP-Ende
- Schlussfolgerungen
- Literatur
Zusammenfassung
Nosokomiale, d. h. Resultat einer medizinischen Maßnahme, Infektionen können eine primär erfolgreiche Behandlung gefährden und im schlimmsten Fall fatale Folgen für den Patienten haben. In operativen Fächern spielen postoperative Wundinfektionen die größte Rolle unter den nosokomialen Infektionen. Die Situation wird durch das zunehmende Vorkommen von multiresistenten Erregern weiter verschärft. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die kritischen Punkte, die aus infektionspräventiver Sicht im Vorfeld einer Operation bedacht werden sollten, und beschreibt wichtige Punkte von der Einschleusung an über die Standardhygiene, die im Rahmen einer Operation eingehalten werden sollte, bis zur Ausschleusung. Darüber hinaus werden Besonderheiten im Umgang mit Infektionen im OP-Gebiet („septische“ Operationen) sowie mit Patienten, die mit multiresistenten oder hochpathogenen Erregern kolonisiert oder infiziert sind, exemplarisch vorgestellt.
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Abstract
Nosocomial infections, i.e., infections resulting from any medical intervention, can compromise a primarily successful surgery and may even be lethal for the patient. In surgery, surgical site infections play a major role among nosocomial infections. Due to the increasing prevalence of multiresistant pathogens, the situation is getting worse. This article reviews critical points from an infection prevention standpoint that should be taken into account during the preparation of any surgical intervention and describes crucial points starting from the intake area up to and including the anaesthetic recovery room and routine hygiene measures for every surgical intervention. In addition, characteristic procedures for surgical interventions in infected areas of the body (“septic” surgery) as well as for patients who are either colonized or infected with multiresistant or highly-pathogenic pathogens, are exemplarily addressed.
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Einleitung
Nosokomiale, d. h. Resultat einer medizinischen Maßnahme, Infektionen können eine primär erfolgreiche Behandlung gefährden und im schlimmsten Fall fatale Folgen für den Patienten haben. Aus diesem Grund ist die Prävention nosokomialer Infektionen das wichtigste Ziel krankenhaushygienischer Maßnahmen. In operativen Fächern spielen postoperative Wundinfektionen die größte Rolle unter den nosokomialen Infektionen. Darüber hinaus stellt das zunehmende Vorkommen von multiresistenten Erregern (MRE), wie bspw. Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) oder multiresistenten gramnegativen (MRGN) Erregern wie Acinetobacter baumannii oder Klebsiella pneumoniae eine zusätzliche Herausforderung im Umgang mit diesen Patienten dar. Neben den eingeschränkten therapeutischen Optionen dieser Erreger stehen komplizierte Verläufe, eine Verlängerung der Liegedauer und ein deutlicher Mehraufwand von Personal und Ressourcen im Vordergrund und erschweren eine erfolgreiche Behandlung [1], [2].
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die kritischen Punkte, die aus infektionspräventiver Sicht im Vorfeld einer Operation bedacht werden sollten, und beschreibt wichtige Aspekte von der Einschleusung über die Standardhygiene, die im Rahmen einer Operation eingehalten werden sollte, bis zur Ausschleusung. Darüber hinaus werden Besonderheiten im Umgang mit Infektionen im OP-Gebiet („septische“ Operationen) sowie mit Patienten, die mit multiresistenten oder hochpathogenen Erregern kolonisiert oder infiziert sind, thematisiert.
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Präoperative Maßnahmen zur Reduktion von nosokomialen Infektionen
Die Prävention nosokomialer Infektionen beginnt bereits bei der Aufnahme bzw. der Operationsplanung im Vorfeld einer operativen Maßnahme mit der Eigen- oder Fremdanamnese des Patienten. Während offensichtlich putride Wunden oder der klinische Verdacht einer floriden Infektion die infektiösen Patienten leicht erfassen lässt, gilt es jedoch auch Patienten mit nicht offensichtlicher Infektion oder Kolonisation zu erfassen, um eine Eigen- oder Fremdgefährdung auszuschließen.
Hier spielt insbesondere die Anamnese hinsichtlich einer aktuellen oder sanierten MRE-Besiedlung eine Rolle. Zudem bergen auch gewisse Berufsgruppen (medizinisches Personal, Landwirte etc.) oder Lebensumstände (Familienmitglied in langer stationärer Behandlung, Seniorenheimbewohner etc.) die Gefahr einer nicht bekannten MRE-Kolonisation. Daneben sind Patienten, die nach einem Aufenthalt in einem Krankenhaus aus dem Ausland zuverlegt werden, ebenfalls überdurchschnittlich häufig mit MRE besiedelt. Insbesondere Patienten aus dem südlichen Europa bieten eine erschreckend hohe Prävalenz von MRE-Besiedlung (s. hierzu die EARS-net-Datenbank des European Centre for Disease Prevention and Control [ECDC] http://www.ecdc.europa.eu/en/healthtopics/antimicrobial_resistance/database/Pages/database.aspx). Diese Patienten stellen die Notwendigkeit einer prophylaktischen Isolation auf Station und im Operationssaal dar, da insbesondere bei dringlicher Operationsnotwendigkeit die Ergebnisse mikrobiologischer Untersuchungen nicht abgewartet werden können. Bei Risikopatienten ohne klaren Status ist es empfehlenswert, entsprechende Isolationsmaßnahmen in Ambulanz, auf Station und im Operationssaal vorzunehmen. Sofern keine dringliche OP-Indikation besteht, ist es ratsam, entweder die mikrobiologische Diagnostik abzuwarten oder zumindest die Operation am Ende des Elektivprogramms durchzuführen (s. u.).
Unabhängig von Kolonisations- oder Infektionsstatus gilt es, patientenspezifische Faktoren, die eine postoperative Infektion begünstigen können, zu identifizieren und ggfs. zu korrigieren. Als präoperative Risikofaktoren gelten ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, Mangelernährung, Adipositas, Nikotinkonsum und immunsupprimierende Begleitmedikation [3]. Sofern möglich kann durch Modifikation dieser Faktoren das Risiko einer postoperativen Infektion gesenkt werden. Intraoperativ wurden Anämie, Hypoxie sowie Absinken der physiologischen Körpertemperatur als Risikofaktoren identifiziert [4], [5]. Als Grundmaßnahme ist eine allgemeine körperliche Reinlichkeit des Patienten prä- und postoperativ wünschenswert. Im Rahmen von elektiven Operationen kann dies als OP-Voraussetzung angesehen werden. Dies erschwert sich im Rahmen eines Notfalls wie z. B. der Polytraumaversorgung. Über eine über die normale Körperhygiene hinausgehende Reinigung mit Antiseptika gibt es aktuell keine einheitliche Datenlage [6], [7]. Patienten sind angehalten, das Verwenden von Körperlotionen im Operationsgebiet zu unterlassen, da sich hierdurch u. U. die Wirksamkeit der Antiseptika, die zur präoperativen Desinfektion genutzt werden, reduziert. Weiterhin sollten aus hygienischen, aber auch operationssicherheitstechnischen Gründen sämtliche Piercings auch an nicht offensichtlichen Stellen entfernt werden, sowie Nagellack im Bereich der zu operierenden Extremität. Falls eine Rasur des Operationsgebiets notwendig erscheint, sollte diese nach Möglichkeit kurz vor dem geplantem Eingriff im Operationssaal mechanisch stattfinden. Eine Rasur, die länger als 24 Stunden vor dem Eingriff durchgeführt wurde, ist mit einer erhöhten Infektionsrate vergesellschaftet [8]. Die niedrigste Infektionsrate birgt die Verwendung von Enthaarungscremes am Vortag der Operation, jedoch können sich mögliche Hautirritationen ebenfalls negativ auswirken.
Zur OP-Vorbereitung eines Nichtrisikopatienten auf Station oder in der Ambulanz vor Einschleusen in den OP gehört die Entfernung sämtlicher Bekleidungsstücke und das Anlegen keimarmer OP-Bekleidung sowie einer Haube. Auf der OP-Schleuse erhält der nicht intubierte Patient einen Mundschutz vor Umlagerung auf den vorbereiteten OP-Tisch. Das Bett des Patienten wird je nach Sauberkeitsgrad in einem Raum nahe der Schleuse bereitgestellt oder zum Beziehen auf Station verbracht.
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Standardhygiene im Rahmen einer Operation
Für alle Operationen gelten Standardhygienemaßnahmen, die in erster Linie postoperative Wundinfektionen verhindern sollen.
Für die meisten Wundinfektionen ist die Flora des Patienten das Haupterregerreservoir. Während der Operation selbst ist für exogen übertragene Infektionen in erster Linie die körpereigene Flora des Operationspersonals und nicht die unbelebte Umwelt verantwortlich. Hier kommt es u. a. darauf an, dass während einer OP möglichst wenig gesprochen wird, so wenig Mitarbeiter wie möglich anwesend sind, Schutzkleidung richtig eingesetzt wird und eine effektive Händedesinfektion durchgeführt wird. Da bereits kleine Verletzungen und Mikrotraumen eine sichere Desinfektion beeinflussen, hat die Hautpflege positiven Einfluss auf die Händehygiene [9].
Einen weiteren Einfluss auf das Risiko einer postoperativen Wundinfektion spielen die chirurgische Technik, die Führung der Anästhesie und die Dauer der OP. Wichtig ist außerdem ein restriktiver Einsatz von Fremdkörpern. Das Infektionsrisiko steigt mit dem Einsatz von Fremdkörpern, einer schlechten Durchblutung des Gewebes, der Dauer des Eingriffs, sowie der Größe des Wundfelds [3].
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Baulich-funktionelle Anforderungen für Eingriffe und Operationen
Grundlage für die Bewertung und die Festlegung der baulichen und technischen Rahmenbedingungen für Operationen aus krankenhaushygienischer Sicht sind die Mitteilungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut: „Anforderungen der Hygiene beim ambulanten Operieren in Krankenhaus und Praxis, Anhang zur Anlage 5.1 und 4.3.3 der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ [10], die „Empfehlungen für die Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen“ [11], sowie die „Empfehlung Prävention postoperativer Infektionen im Operationsgebiet“ [3]. Entscheidend für die Anforderungen ist demnach die Klassifikation in „Eingriffe“ und „Operationen“. Die meisten Prozeduren, die den Fachbereichen Chirurgie/Orthopädie zugeordnet sind, werden entweder als Operationen oder als operative Eingriffe, bei denen sowohl eine Einteilung als Operation als auch als Eingriff denkbar ist und deshalb die Anforderungen für Operationen erfüllen müssen, eingeteilt. Ausnahmen bilden u. a. perianale Eingriffe oder die meisten Eingriffe im Bereich des Kiefers, die als Eingriffe gelten [10]. Es ist zu beachten, dass diese Zuordnungen, die als Grundlage vorgegeben sind, aus dem Jahr 1997 stammen und seither nicht aktualisiert wurden. Viele Operationsverfahren haben sich allerdings zugunsten deutlich weniger traumatischer Eingriffe gewandelt, bei denen das Infektionsrisiko als geringer eingeschätzt werden kann.
Nach dieser Unterscheidung zwischen Eingriffen und Operationen richten sich die baulich-funktionellen Anforderungen an die Operations- bzw. Eingriffsräume.
Operationsabteilungen erfordern ein entsprechendes Nebenraumprogramm mit Personalschleuse, Mitarbeiter-Aufenthaltsraum, unreiner/reiner Arbeitsraum, Entsorgungs-Übergabe-Raum, einen Raum für Putzmittel und einen Patientenübergaberaum oder -fläche. Grundsätzlich ist zu beachten, dass alle Decken, Wandflächen und Fußböden glatt, fugendicht, abwaschbar und desinfektionsmittelbeständig ausgeführt werden. Die Fußböden müssen zusätzlich flüssigkeitsdicht sein. Die Oberflächen der betrieblichen Einbauten (z. B. Türen, Regalsysteme, Lampen usw.) sowie der Geräte sollen so beschaffen sein, dass es zu möglichst wenigen Beschmutzungen kommt und sie problemlos gereinigt und desinfiziert werden können. Sämtliche Einbauten sollen deckenbündig ausgeführt werden und müssen umlaufend versiegelt werden. Es dürfen keine unkontrollierbaren Hohlräume oder schwer zugänglichen Flächen entstehen. Die Decken sind fugendicht zu den Räumen auszuführen, um einer Sedimentation von Partikeln oder Keimen vorzubeugen [11].
Für als Eingriffe klassifizierte Behandlungen gelten weniger Vorgaben. Erforderlich sind hierbei ein Eingriffsraum, ein Personalumkleideraum, eine Fläche, die für die Lagerung, Entsorgung und Aufbereitung von Geräten und Verbrauchsmaterialien genutzt wird, sowie ggf. Umkleide- und Ruheräume für Patienten. Eine raumlufttechnische Anlage ist nicht grundsätzlich gefordert [11].
Bei der Durchführung von fraglich als Operation oder Eingriff klassifizierten Prozeduren ist neben der Art des Eingriffs auch das individuelle Risiko des Patienten zu beachten, um abzuschätzen, ob eine Durchführung in einem Eingriffsraum möglich oder in einem Operationsraum erforderlich ist. Für Patienten, die ein erhöhtes Risiko für Komplikationen haben, wie bspw. Patienten mit einem schlecht eingestellten Diabetes mellitus, mit einem schlecht eingestellten Hypertonus, mit einer relevanten Lungenfunktionsstörung, mit einer Gerinnungsstörung oder mit einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz, mit einer pAVK oder bei Vorliegen einer Immunsuppression, sollte eine Behandlung in einer Operationsabteilung erfolgen. Die strenge Indikationsstellung bei Vorliegen individueller Risikofaktoren ist sinnvoll und erforderlich und sollte in dem geschilderten Rahmen durchgeführt und für jeden Eingriff dokumentiert werden. Zudem ist eine kontinuierliche Überwachung des Vorkommens postoperativer Komplikationen angeraten, um frühzeitig Probleme zu erkennen und dann die Indikationsstellung zu überdenken.
Neben der Einteilung in Eingriffe und Operationen werden Operationen in der RKI-Empfehlung zu Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen zudem noch nach dem Kontaminationsgrad unterschieden.
Die Einteilung differenziert hier zwischen:
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Operationen in nicht kontaminierter Region (Gr. I): z. B. Gelenk- und Knochenoperationen, arthroskopischen Eingriffe, Weichteiloperationen an Rumpf und Extremitäten ohne Kontakt zu besiedelten Organen und Geweben, Herz- und Gefäßoperationen, neurochirurgische Operationen,
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sauberkontaminierte Operationen (Gr.II): z. B. Eingriffe am oberen Gastrointestinaltrakt, am Respirationstrakt, am Urogenitaltrakt, gynäkologische Eingriffe, Eingriffe am Oropharynx
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Operationen in kontaminierter Region (Gr. III): z. B. offene Frakturen, kontaminierte Haut- und Weichteildefekte, Eingriffe am unteren Gastrointestinaltrakt, und
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Operationen in manifest infizierter Region (Gr. IV): z. B. operative Maßnahmen bei Abszessen, Phlegmonen, Fisteln, Osteomyelitiden, massiv kontaminierte Wunden oder alle Operationen bei Patienten, die mit multiresistenten Keimen (MRE) besiedelt oder infiziert sind [11].
Eine Unterscheidung zwischen sog. „septischen“ und „aseptischen“ Operationen ist hierdurch nicht gegeben und aus hygienischen Gesichtspunkten nicht erforderlich.
Empfohlen wird auch nicht, diese räumlich voneinander zu trennen oder hinsichtlich des Personalaufwands anzupassen: „Die hygienischen Anforderungen an die baulich-funktionelle Gestaltung von Operationsabteilungen richten sich nach der jeweiligen Aufgabenstellung. Durch eine adäquate Raumplanung wird eine sinnvolle Ablauforganisation erleichtert und sichergestellt, dass bei allen Operationen (unabhängig von ihrer fachlichen Zuordnung und ihrem Kontaminationsgrad) hygienisch einwandfreies Arbeiten und Berücksichtigung der jeweiligen medizintechnischen Ausrüstung und des Personalaufwands möglich ist. Alle Räume müssen ihren Funktionen entsprechen. Einzelne OP-Einheiten bzw. OP-Abteilungen für bestimmte operative Disziplinen bzw. für Operationen bestimmten Kontaminationsgrads vorzuhalten, kann unter hygienischen, unter ausstattungstechnischen oder unter organisatorischen Aspekten zweckmäßig sein (Kat. IB) [11].“
Somit ist eine Trennung nur dann sinnvoll, wenn ein organisatorischer Nutzen zu erwarten ist. Im Allgemeinen können Operationen verschiedener Kontaminationsgrade und Fachrichtungen im selben Raum und unter denselben Hygienemaßnahmen durchgeführt werden.
Auch eine Ruhezeit muss nach septischen oder kontaminierten Eingriffen nicht eingehalten werden.
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Besondere Hygienemaßnahmen bei MRE-Patienten oder Patienten mit besonderen Infektionserkrankungen
Auch wenn im Allgemeinen Operationen verschiedener Kontaminationsgrade oder Operationen in infizierten Bereichen unter denselben Hygienemaßnahmen durchgeführt werden können, sind in vielen Häusern zusätzliche Maßnahmen im Umgang mit Patienten, die mit MRE kolonisiert oder infiziert sind, implementiert. Diese sind im Sinne einer zusätzlichen Barriere im Multibarrierensystem der Hygiene zu sehen, um sicherzustellen, dass die MRE oder bspw. Mycobacterium tuberculosis als spezifischer Infektionserreger nicht übertragen werden.
In Abhängigkeit von den lokalen Gegebenheiten (s. o.) sind zusätzliche Desinfektionsmaßnahmen oder der Einsatz eines Außenspringers ebenso zu empfehlen wie Änderungen im Organisationsablauf, z. B. die Verlegung von Operationen in besonders ausgestattete OP-Säle oder ans Ende des Tagesprogramms.
Darüber hinaus können bei bestimmten hochpathogenen Infektionserregern, wie bspw. M. tuberculosis als Erreger der Tuberkulose, auch zusätzliche Maßnahmen für den Personalschutz erforderlich werden. Als Beispiel für ein derartiges Vorgehen sind im Folgenden die Hygienemaßnahmen bei Operationen von MRE-Patienten und Patienten mit einem knöchernen tuberkulösen Prozess, wie wir sie an unserem Universitätsklinikum festgelegt haben, beschrieben. Für MRE-Patienten ist das oberste Ziel, diese Patienten möglichst im Vorfeld der Operation, wenn möglich sogar schon prästationär, zu identifizieren. Die exakte Kenntnis über den MRE-Status ermöglicht es dann, das Vorgehen im Rahmen der stationären Behandlung im Allgemeinen und im Rahmen der Operation im Besonderen bereits im Vorfeld planen zu können. Hierzu werden bspw. Screening-Untersuchungen auf MRSA/MRE durchgeführt und in der Anamnese nach möglichen Risikofaktoren für eine Besiedlung mit anderen MRE, wie z. B. ein stationärer Aufenthalt in einem anderen Krankenhaus, gefragt. Sollten bereits mikrobiologische Befunde vorliegen, sind diese mit hinzuzuziehen. Grundsätzlich empfehlen wir, Patienten mit MRE in einem bestimmten dafür vorgesehenen OP zu behandeln. In Einzelfällen kann von diesem Vorgehen abgewichen werden; dies gilt, wenn eine akute lebensbedrohliche Situation vorliegt, die den Transport des Patienten in diesen OP unmöglich macht, oder wenn die für die Operation notwendigen Geräte nicht in diesem OP vorhanden sind und nicht dorthin verbracht werden können. Die Ein- und Ausschleusung der Patienten erfolgt nicht über die zentrale Bettenschleuse, sondern direkt vom Bett auf den OP-Tisch, um Kontaminationen in diesem, für jede OP-Abteilung zentralen Bereich, zu verhindern. Gegenstände, die sich in dem Bereich, wo die Umlagerung stattfindet, befinden, werden möglichst vorher entfernt oder abgedeckt ([Abb. 1]). Die anästhesiologische Einleitung erfolgt bei diesen Patienten ebenso wie die Ausleitung im OP-Saal selbst; durch die direkte Verlegung der Patienten nach der Operation zurück auf die Station sollen Übertragungen im Aufwachraum verhindert werden. Anästhesiologische Regionalverfahren werden bei Patienten mit unklarem oder nachgewiesenem Kolonisationsstatus des entsprechenden Gebiets vermieden. Darüber hinaus gibt es, um zu gewährleisten, dass das Personal während der Operation den OP-Saal nicht verlassen muss, bei Operationen von MRE-Patienten einen Außenspringer, der alle angeforderten nicht vorhersehbaren Ver- und Gebrauchsgüter besorgt. Zusätzlich werden im Vorfeld der Operation sämtliche bewegliche Gegenstände aus dem OP-Saal entfernt ([Abb. 2]) und der OP-Saal mit Hinweisschildern versehen ([Abb. 3]), um zu gewährleisten, dass nur die notwendigen Mitarbeiter Zutritt erhalten. Ein Betreten weiterer Mitarbeiter ist nicht gestattet; muss ein Mitglied des OP-Teams während der Operation den Saal verlassen, gilt ebenso wie für alle nach Beendigung der Operation, dass vor Verlassen des OP-Saals die Schutzkleidung (Kittel, Handschuhe, OP-Schuhe, Haube und Mundschutz) abgelegt wird und mit entsprechender Einmalschutzkleidung die Personalumkleide aufgesucht werden muss ([Abb. 4]). Die abschließende Desinfektion erfolgt durch speziell geschultes Reinigungspersonal, das eine gründliche Desinfektion aller patientennahen Flächen (z. B. OP-Tisch, OP-Lampe), alle sichtbar kontaminierten Flächen und Geräte außerhalb des patientennahen Umfelds sowie des kompletten Fußbodens durchführt. Diese beginnt in der Ausleitung, danach werden zunächst der Vorraum und die Einleitung sowie am Ende der OP-Saal desinfiziert. Nach Abtrocknen des Desinfektionsmittels kann der OP wieder begangen werden; nur bei massiven Kontaminationen oder bei amtlich angeordneten Desinfektionen (nach §§ 17/18 IfSG) muss eine Einwirkzeit in Abhängigkeit vom verwendeten Desinfektionsmittel und der eingesetzten Desinfektionsmittelkonzentration eingehalten werden.
Derartige einrichtungsspezifische Maßnahmen sollten entsprechend im Hygieneplan der Einrichtung eingebettet sein und gerade, wenn es innerhalb einer Einrichtung mehrere unterschiedliche Operationsabteilungen gibt, gut mit dem zuständigen Krankenhaushygieniker und den Nutzern, d. h. den Operateuren und der Anästhesie, abgestimmt sein, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen.
So kann es bspw. je nach lokaler MRSA-Prävalenz durchaus sinnvoll sein, nicht nur bekannte bzw. bestätigte MRSA-Patienten, sondern auch Patienten mit einem hochgradigen Verdacht auf eine MRSA-Besiedelung/Infektion entsprechend wie MRSA-positive Patienten zu behandeln [12]. Gleiches gilt auch für andere MRE; hier ist es allerdings aufgrund der bisher nur lückenhaft vorhandenen Datenlage zu diesen Erregern sehr schwierig, generelle Empfehlungen zu geben. Das RKI hat hierzu bereits umfangreiche Empfehlungen veröffentlicht, jedoch ist es jeder Einrichtung überlassen, eine Risikokategorisierung für die verschiedenen Bereiche vorzunehmen, in deren Abhängigkeit dann die Hygienemaßnahmen für MRE umzusetzen sind [2].
Die Tuberkulose zählt zwar in Mitteleuropa eher zu den seltenen Infektionserkrankungen, aber gerade in größeren Einrichtungen werden immer wieder Patienten behandelt, die eine akute Infektion mit M. tuberculosis haben. In orthopädisch-unfallchirurgisch ausgerichteten Abteilungen fallen diese Patienten mit destruktiven knöchernen Prozessen auf, die häufig erst differenzialdiagnostisch von nicht infektiösen Geschehen abgegrenzt werden müssen. Nicht selten wird erst intraoperativ die Verdachtsdiagnose eines tuberkulösen Prozesses gestellt; in diesem Fall steht das Operationsteam vor der akuten Herausforderung, eine Verschleppung der Erreger und die Übertragung auf das Personal zu verhindern [13], [14]. Während in der Situation der Operation häufig die Übertragung per Schmierinfektion verhindert werden muss und möglichst ohne starke Aerosolbildung die Operation beendet werden sollte, um das Übertragungsrisiko auf das Personal zu minimieren, stehen postoperativ weitere Fragen zur Klärung an. So sollte umgehend abgeklärt werden, ob auch eine pulmonale Beteiligung vorliegt, die eine Streuung auch außerhalb des Operationssitus leicht möglich macht. Hier ist die mikrobiologische Untersuchung von an 3 unterschiedlichen Tagen gewonnenen Sputa mittels Mikroskopie und anschließender Kultivierung ein essenzieller Schritt, um im negativen Falle (mikroskopisch kein Nachweis von säurefesten Stäbchen in der Ziehl-Neelsen-Färbung) davon ausgehen zu können, dass es sich nicht um eine offene Lungentuberkulose, sondern um eine geschlossene Lungentuberkulose (oder gar keinen Befall der Lunge) handelt [15]. Damit ist im Normalfall nur von einer sehr geringen bis gar nicht vorhandenen Ansteckungsfähigkeit auszugehen und, außer bei invasiven Maßnahmen (hierzu zählen v. a. Manipulationen an den Atemwegen), die Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen ausreichend. In diesem Fall kann lediglich von dem eigentlichen OP-Bereich (Wunde, Wundsekret z. B. aus Drainagen) eine Schmierinfektion ausgehen, sodass postoperativ hier besondere Schutzmaßnahmen einzuhalten sind, bis die Wunde sicher abgeheilt ist. Darüber hinaus ist eine umfangreiche Desinfektion des OPs empfehlenswert, um die Reservoirbildung dieser hochpathogenen und sehr umweltresistenten Erreger zu verhindern. Je nach Situation und Kontaminationsgrad ist in Abstimmung mit dem zuständigen Krankenhaushygieniker eine Flächendesinfektion gemäß §§ 17/18 IfSG einzuleiten. Ist bereits im Vorfeld einer geplanten Operation von einer Tuberkuloseinfektion auszugehen, sollte, um die Kontamination der Umgebung und den anschließenden Desinfektionsaufwand zu reduzieren, alle nicht erforderlichen Gegenstände/Geräte aus dem OP entfernt werden und bspw. Schränke, die während der Operation nicht geöffnet werden müssen, unbedingt geschlossen gehalten werden, da eine Desinfektion von außen dann als ausreichend angesehen wird und keine ansonsten möglicherweise kontaminierten Schrankinhalte, die aufgrund ihrer Verpackung nicht desinfizierbar sind, entsorgt werden müssten.
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Abschlussarbeiten nach OP-Ende
Grundsätzlich sollte nach jeder Operation eine Desinfektion der patientennahen Flächen sowie aller sichtbar kontaminierten Flächen und Fußböden erfolgen.
Um den Desinfektionsaufwand zu reduzieren, sollte vor jeder Operation kritisch hinterfragt werden, welche Instrumentarien/Wagen/mobile Schränke etc. wirklich erforderlich sind. Nur diese sollten im OP-Saal verbleiben, alle anderen sollten vor der Operation entfernt werden, um sie vor möglichen Kontaminationen und damit zusätzlichem Desinfektionsaufwand zu schützen. Dieses Vorgehen macht sich insbesondere bezahlt, wenn sich bspw. postoperativ herausstellt, dass der Patient mit einem MRE besiedelt war oder eine Tuberkulose hatte, wo ggf. umfangreiche weitere Desinfektionsmaßnahmen erforderlich sein können. Im Regelfall kann der OP-Saal wieder benutzt werden, sobald das Desinfektionsmittel abgetrocknet ist. Eine Zwischenreinigung muss zudem für die Armaturen der Waschzonen, sowie in den Nebenräumen bei sichtbarer Verschmutzung erfolgen. Nach Betriebsende erfolgt eine desinfizierende Reinigung der gesamten OP-Abteilung [11]. Sollte es während der OP zur Durchfeuchtung der OP-Bereichskleidung gekommen sein, ist es angeraten, im OP-Saal einen frischen Kittel überzuziehen und dann in der Umkleide neue Bereichskleidung anzulegen.
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Schlussfolgerungen
Bereits bei der OP-Indikationsstellung und Anamnese können die Weichen für angepasste Hygienemaßnahmen zur Prävention nosokomialer Infektionen gestellt werden.
Das frühzeitige Erkennen von Infektionsrisiken anhand spezieller Risikofaktoren und die Identifizierung von Trägern besonders pathogener oder multiresistenter Erreger ermöglichen eine reibungslose Integration von Operationen an diesen Patienten in den OP-Alltag, da bereits im Vorfeld organisatorische und therapeutische Entscheidungen über spezielle Hygienemaßnahmen getroffen werden können.
Von der Einschleusung bis zum Aufwachraum stehen die Verschleppung von Keimen im OP-Trakt sowie der Personalschutz im Vordergrund. Wichtige Eckdaten der hygienischen Maßnahmen sollten im Hygieneplan eingebettet und, durch regelmäßige Schulungen des Personals unterstützt, gelebt werden.
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