Zusammenfassung
In den letzten Jahren wurde ein erheblicher Anstieg der Inanspruchnahme des
Versorgungssystems aufgrund psychischer Störungen verzeichnet. Aktuelle
Untersuchungen zur Prävalenz psychischer Störungen zeigen, dass die Häufigkeit
psychischer Störungen nicht zuzunehmen scheint. Derzeit können nur Vermutungen
über die Gründe des deutlichen Fallzahlanstiegs bei eher stabiler Prävalenz
psychischer Erkrankungen angestellt werden. Im Bereich der
psychiatrisch-psychosomatisch-psychotherapeutischen Versorgung ist eine
Steigerung der Kapazitäten zu verzeichnen. Trotz zunehmender Kapazitäten
zeichnet sich sowohl im ambulanten wie auch im stationären Versorgungsbereich
eine zunehmende Belastung ab, die darauf hinweist, dass die Nachfrage nach
fachspezifischer Versorgung auch über die zunehmenden Kapazitäten bisher nicht
hinreichend gedeckt werden kann. Ein erheblicher Anteil der Versorgung
psychischer Erkrankungen entfällt auf allgemeinmedizinische und somatische
Fachrichtungen einhergehend mit geringer disziplinenübergreifender und
koordinierter Kooperation. Sektorübergreifende Versorgungsmodelle sind im
Bereich der psychischen Störungen bisher nur in Einzelprojekten realisiert. Es
fehlt an validen Daten, die die Ursachen und vor allem die Konsequenzen dieser
Versorgungssituation offenlegen und Referenzmaßstäbe für eine optimierte, am
Bedarf orientierte Versorgungsplanung liefern. Aus diesem Grunde ist es
unerlässlich, künftig das Qualitätsmanagement in der Versorgung psychischer
Erkrankungen weiter voranzutreiben. Ein Ausbau kooperativer,
disziplinenübergreifender Versorgungsformen erscheint vor allem vor dem
Hintergrund des hohen Anteils somatischer Komorbidität wichtig.
Abstract
For several years, there has been a significant increase of the utilization of
health care due to mental disorders in Germany. Epidemiologic studies dealing
with the prevalence of mental disorders show that the prevalence of mental
disorders haven‘t increased. In consideration of the relative stable prevalence,
currently there are only speculations about the reasons for the increasing
service utilization. The capacity of psychiatric-psychosomatic-psychotherapeutic
health care services is increasing. Despite the fact that capacity is
increasing, in the outpatient and inpatient sector it comes apparent that there
is an increasing burden, indicating that the demand for mental health care is
not met by the capacity of psychiatric-psychosomatic-psychotherapeutic health
care services. Health care provision by general practitioners and somatic
disciplines predominate, going along with low cross-disciplinary and coordinated
cooperation. So far, cooperative, intersectoral care models for mental disorders
have been realized only in individual projects. Valid data are lacking, which
need to reveal the causes and especially the consequences of this situation of
mental health care provision and provide reference standards for an optimized,
need-based care planning. For this reason, it is imperative to advance quality
management for the care of mental disorders. With a view to the high rates of
somatic comorbidity, an expansion of cooperative forms of mental health care
appears essential.
Schlüsselwörter
psychische Störung - Prävalenz - Inanspruchnahme - Versorgung
Keywords
mental disorder - prevalence - utilization - treatment