Angesichts des Kostendrucks, der die internationale Schifffahrt beherrscht, verfolgten die Autoren den Ansatz, einen eventuell wirtschaftlichen Nutzen der Telemedizin auf See nachzuweisen und damit eine Entscheidungshilfe für deren Einsatz zu liefern.
Auch wenn man den Organisatoren des IMHA-Workshops die Mühe unterstellen darf, möglichst viele Beteiligte zusammenzubringen, muss offen bleiben, wie repräsentativ der Teilnehmerkreis und die von ihm eingebrachten oder erschlossenen Daten sind. Aber auch mit vielen Annahmen, Hochrechnungen und Schätzungen dürfte die Expertise für eine Trendanalyse ausgereicht haben. Diese fällt überraschend deutlich aus. Mit Kosten pro Schiff und Jahr in Höhe von 11 821 Euro und Einsparmöglichkeiten in Höhe von 32 750 Euro gelingt ein Plädoyer für die Telemedizin.
Interessant wird der Wirtschaftlichkeitsnachweis auch vor dem Hintergrund, dass mit der Entwicklung telemedizinischer Verfahren die Chance entsteht, einen deutlichen Qualitätssprung im Versorgungsniveau der Seeleute zu erreichen. Die Übertragung von Patientendaten und sogar Bildern zusätzlich zum Dialog mit medizinischem Fachpersonal erhöht die Diagnosesicherheit und erweitert die mögliche Bandbreite therapeutischer Maßnahmen.
Einen ersten Schritt in diese Richtung ist der Fachbereich Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherer [
1
] schon gegangen: Er empfiehlt nicht nur eine Telemedizinausrüstung für die Ersthelfer. Sie sollen auch dafür ausgerüstet und ausgebildet werden, unter Anleitung (rezeptpflichtige) Medikamente zu verabreichen. Dies soll die Erste Hilfe in Offshorewindparks sicherstellen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind hierfür, im Gegensatz zur Seefahrt, allerdings noch nicht vollständig geklärt [
2
].
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass für den Einsatz privater bewaffneter Sicherheitskräfte an Bord deutsch geflaggter Schiffe die Forderung nach einer Versorgungskompetenz für Schuss-, Splitter- und Brandverletzungen auf ärztlichem Niveau vorgeschrieben wird [
3
]. Ohne Telemedizin wird dies kaum zu erreichen sein.
Den Autoren ist zu danken: Ihr Artikel ist ein erster Versuch, die Hürde des Kostenarguments auf dem Weg zur Umsetzung der Maritime Labour Convention 2006 [
4
] zu überwinden.
Klaus Seidenstücker, Tarp
Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin