Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2014; 49(5): 298-306
DOI: 10.1055/s-0034-1376447
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Invasive Notfalltechniken – Entlastung des Pleuraraumes

Invasive emergency techniques – decompression of the pleura
Thorsten Hess
,
Peer Gunnar Knacke
,
Markus Stuhr
,
Florian Reifferscheid
,
Thoralf Kerner
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 May 2014 (online)

Zusammenfassung

Der Einsatz invasiver Techniken am Notfallort – z.B. die Koniotomie, die Thoraxdrainage, die intraossäre Punktion oder in seltenen Fällen die Notamputation – ist bei bestehender Indikation alternativlos und für jeden Notarzt gleichermaßen eine große Herausforderung. Personelle, zeitliche und örtliche Rahmenbedingungen sind häufig ungünstig. Selbst bei regelmäßiger Teilnahme am Notarztdienst bleiben Ultima-Ratio-Maßnahmen am Notfallort, insbesondere im Rahmen pädiatrischer Notfälle, eine Seltenheit. Neben der theoretischen Ausbildung sind praxisorientierte Kurskonzepte erforderlich, um eine hohe Qualität dieser Maßnahmen zu erreichen. Dieser Artikel stellt die Entlastung des Pleuraraumes hinsichtlich Indikation, Durchführung, Problemen und Risiken bei der Anwendung an Erwachsenen und Kindern vor. Er ist der zweite Teil einer Serie von insgesamt vier Artikeln zum Thema „Invasive Notfalltechniken“.

Abstract

On-scene invasive emergency procedures, such as cricothyroidotomy, chest drain, intraosseous puncture or even on-field-amputation, are often unavoidable, when indicated, and present a major challenge for the emergency physician. Personal, temporal or local conditions are often unsuitable. Even with regular intervention by the emergency medical service, “last resort” measures occur very infrequently, particularly in relation to paediatric emergencies. Beside a theoretical education, practice-oriented course concepts are necessary to achieve a high quality of these measures. This article presents the use of decompression of the pleura on adults and children, with reference to indication, implementation, problems and risks. It is the second part of a series of four articles on the subject of invasive emergency techniques.

Kernaussagen

  • Die Entlastung des Pleuraraumes ist präklinisch indiziert bei klinisch vermutetem oder diagnostiziertem Spannungspneumothorax. Ein vital stabiler Patient (z. B. mit einem Thoraxtrauma) profitiert wahrscheinlich nicht von einer präklinischen Thoraxdrainage.

  • Ein schweres Thoraxtrauma wird allerdings nur in ca. 50 % aller Fälle korrekt erkannt. Präklinisch unerkannte Spannungspneumothoraces gelten dabei als eine der Haupttodesursachen beim Polytrauma.

  • Eine engmaschige, repetitive Kontrolle von Vitalparametern (z. B. EKG, Blutdruck, SpO2 und Auskultation) muss immer vorgenommen werden – v. a. hinsichtlich einer möglichen Progredienz eines Pneumothorax.

  • Bei der Anlage einer Thoraxdrainage unterscheidet man die offen-chirurgische und die Punktionstechnik. Beim liegenden Patienten kann beim Spannungspneumothorax der ventrale Zugang erwogen werden, der laterale Zugangsweg wird in der Literatur insgesamt bevorzugt – vermutlich aufgrund der zunehmenden Breitenausbildung in Traumaversorgungskonzepten, z. B. nach ATLS®.

  • Die Komplikationsraten bei prä- und innerklinisch etablierten Thoraxdrainagen sind gering, in der Literatur nahezu identisch. Fehllagen sind beim ventralen Zugang eher selten.

  • Der Notarzt sollte die Anlage einer präklinischen Thoraxdrainage mit den ihm jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln sicher beherrschen.

Ergänzendes Material