Dialyse aktuell 2014; 18(05): 274-275
DOI: 10.1055/s-0034-1381268
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wissenschaftliche Studie zur Überprüfung der Wirkung von Heißwasserdesinfektionen – Verhinderung einer Biofilmbildung in Ringleitungssystemen für Dialysewasser

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Publication Date:
18 June 2014 (online)

 
 

Das Dialysewasser in den Ringleitungssystemen (Permeat) kann durch zahlreiche chemische oder mikrobiologische Faktoren kontaminiert sein [ 1 ]. Eine suboptimale Qualität des Dialysewassers führt zu einer potenziellen Gefährdung der Patienten. Innerhalb der letzten Jahre konnte eine schrittweise Verbesserung der chemischen und mikrobiologischen Qualität des Dialysewassers durch Fortschritte in der Wasseraufbereitung, der Leitungs- und Desinfektionssysteme sowie durch Verbesserungen nationaler regulatorischer Dialysestandards erzielt werden [ 2 ], [ 3 ].

Mit den aktuellen Routinemethoden können jedoch potenzielle mikrobiologische Besiedelungen der Leitungssysteme nur oberhalb festgelegter Methodenschwellenwerte nachgewiesen werden. Auch sind zahlreiche Bakterienstämme bekannt, welche im oligotrophen Milieu des Dialysewassers zwar überleben können, jedoch häufig auf Standardkulturmedien nicht anzüchtbar sind [ 4 ]. Zusätzliche Anstrengungen sind daher notwendig, um die Möglichkeit zur frühzeitigen Detektion einer mikrobiologischen Kontamination u. a. des Ringleitungssystems zu verbessern.

Moderne Desinfektionssysteme mittels Heißwasserdesinfektion werden heutzutage von vielen Dialyseanbietern angewandt. Je nach Anbieter werden Desinfektionszyklen von ein- bis zu 6-mal pro Woche beschrieben. Dabei sind die diesbezüglichen Empfehlungen im Hinblick auf die Desinfektionsfrequenz pro Woche zur Erhaltung eines sterilen Ringleitungssystems noch unzureichend untersucht. Mittels eines neuartigen, am „Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn“ entwickelten Hygienemonitors wurde daher die Wirkung von 1–3 wöchentlichen Heißwasserdesinfektionen in 3 verschiedenen Dialysezentren untersucht.

Studienmethodik

In 3 Zentren wurden Wasseraufbereitungssysteme des Herstellers DWA benutzt, welche jeweils aus einer Umkehrosmose, einer Dialysewasserringleitung aus PE-Xa und einem Heißdesinfektionssystem mit integrierter Ultrafiltration (Typ: nephro SAFE) bestanden. Als Leerkontrolle diente eine Einrichtung ohne Heißwasserdesinfektionssystem.

Zur Untersuchung wurden sterile Silikonschläuche mittels eines Hygienemonitors (Abb. [ 1 ]) am Ende des Ringleitungssystems angeschlossen. Durch ein Rücklaufventil war ein retrograder Permeatfluss aus dem Schlauchsystem in die Ringleitung z. B. durch Druckschwankungen im System ausgeschlossen. In 4 verschiedenen Ringleitungssystemen in 3 Dialysezentren erfolgten Heißwasserdesinfektionen jeweils gar nicht, einmal, 2-mal oder 3-mal wöchentlich bei einer Temperatur von 83 °C über 1 Stunde. Die prospektive Untersuchung dauerte 8 Monate. Nach je 2, 6 und 8 Monaten wurden Teile des sterilen Silikonschlauches nach einem standardisierten Verfahren auf eine beginnende Biofilmbildung durch das ablaufende Dialysewasser untersucht. Dabei erfolgte eine Bestimmung der koloniebildenden Einheiten (KBE/cm2), der Gesamtzellzahl (GZZ/cm2) sowie eine rasterelektronenmikroskopische (REM) Untersuchung der Schläuche zur Visualisierung potenzieller Biofilmreste auf der Schlauchoberfläche im Rahmen eines standardisierten Prozessverfahrens.

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Abb. 1 Gezeigt wird der Hygienemonitor in geschlossenem (a) sowie offenem Zustand (b) mit Darstellung des Silikonschlauchs sowie der Rückschlagventile. Über den Untersuchungszeitraum wurde ein kontinuierlicher Permeatfluss durch den Schlauch gewährleistet (Abfluss nach rechts im Bild).
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Tab. 1 Übersicht über die Ergebnisse der Bestimmungen von KBE und GZZ nach Zentrum und Untersuchungszeitraum. Dabei gewährleistet eine 2-mal pro Woche durchgeführte HDI mit 83 °C über 1 h ein kontaminationsfreies Schlauchsystem ohne Biofilmbildung (n.n.). Die Leerkontrolle zeigt hingegen einen stetigen Anstieg der KBE sowie der GZZ.

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Ergebnisse

Die Untersuchung ergab bei fehlender Desinfektion eine rasche Kontamination mit progedienter Biofilmbildung durch das Dialysewasser des alten kontaminierten Ringleitungssystems (Standort A). Eine nur einmal pro Woche durchgeführte Heißwasserdesinfektion mit 83 °C über 1 h zeigte in der REM-Untersuchung den Nachweis von mikrobiologischen Partikelresten sowie potenziell überlebensfähigen Mikroorganismen im Sinne einer beginnenden Biofilmbildung. Hierbei blieb die Keimbelastung in den mikrobiologischen Untersuchungen unterhalb der Nachweisgrenze (Standort B). Ab 2 Desinfektionen pro Woche wurden nur noch Partikel bzw. Matrixreste nachgewiesen (Standorte C und D) (Abb. [ 2 ]).

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Abb. 2 Dargestellt sind REM-Aufnahmen bei 0, 1, 2 sowie 3 Desinfektionszyklen (a–d) pro Woche mit 83 °C über 1 h. Nach 2 Desinfektionen pro Woche können keine potenziell überlebensfähigen Mikroorganismen nachgewiesen werden.
REM = Raster-Elektronen-Mikroskop

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Fazit

Die hier vorgestellte prospektive, wissenschaftliche Untersuchung mittels eines neuartigen Hygienemonitors hat gezeigt, dass durch eine einmalige Heißwasserspülung für 1 h bei 83 °C innerhalb einer Woche eine Ansiedlung von Mikroorganismen in einem anfänglich sterilen Silikonschlauch unter der Nachweisgrenze gehalten werden kann. Die REM-Aufnahmen der untersuchten Silikonschlauchoberflächen zeigen ab 2 Spülungen pro Woche kein signifikantes Vorkommen von potenziell überlebensfähigen Mikroorganismen auf der Oberfläche. Ab 3 Heißwasserspülungen pro Woche konnten auch keine amorphen Partikelreste mehr auf der Schlauchoberfläche nachgewiesen werden.

Dr. Frank-Peter Tillmann, Emsdetten
Christian Meyer, Emsdetten
Dr. Ralf Schreiber, Coesfeld
Dr. Tiziano Rossodivita, Ahaus
Dr. rer. nat. Jürgen Gebel, Bonn

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Dialyse Wasser Aufbereitungsanlagen GmbH & Co. KG, Ubstadt-Weiher

FPT, RS und TR sind Gesellschafter der „Dialysegesellschaft Dr. Korte und Kollegen GbR“. CM ist Leiter der Technik der „Dialysegesellschaft Dr. Korte und Kollege GbR“. JG ist Abteilungsleiter Desinfektion bei dem „Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, Universität Bonn“.


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  • Literatur

  • 1 Damasiewicz MJ, Polkinghome KR, Kerr PG. Water quality in conventional and home haemodialysis. Nat Rev Nephrol 2012; 8: 725-734
  • 2 Bolasco P, Contu A, Meloni P et al. The evolution of technological strategies in the prevention of dialysis water pollution: sixteen years’ experience. Blood Purif 2012; 34: 238-245
  • 3 Nystrand R. Microbiology of water and fluids for hemodialysis. J Chin Med Assoc 2008; 71: 223-229
  • 4 Gomila M, Jascó J, Gil J et al. A molecular microbial ecology approach to studying hemodialysis water and fluid. Kidney Int 2006; 70: 1567-1576

  • Literatur

  • 1 Damasiewicz MJ, Polkinghome KR, Kerr PG. Water quality in conventional and home haemodialysis. Nat Rev Nephrol 2012; 8: 725-734
  • 2 Bolasco P, Contu A, Meloni P et al. The evolution of technological strategies in the prevention of dialysis water pollution: sixteen years’ experience. Blood Purif 2012; 34: 238-245
  • 3 Nystrand R. Microbiology of water and fluids for hemodialysis. J Chin Med Assoc 2008; 71: 223-229
  • 4 Gomila M, Jascó J, Gil J et al. A molecular microbial ecology approach to studying hemodialysis water and fluid. Kidney Int 2006; 70: 1567-1576

 
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Abb. 1 Gezeigt wird der Hygienemonitor in geschlossenem (a) sowie offenem Zustand (b) mit Darstellung des Silikonschlauchs sowie der Rückschlagventile. Über den Untersuchungszeitraum wurde ein kontinuierlicher Permeatfluss durch den Schlauch gewährleistet (Abfluss nach rechts im Bild).
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Tab. 1 Übersicht über die Ergebnisse der Bestimmungen von KBE und GZZ nach Zentrum und Untersuchungszeitraum. Dabei gewährleistet eine 2-mal pro Woche durchgeführte HDI mit 83 °C über 1 h ein kontaminationsfreies Schlauchsystem ohne Biofilmbildung (n.n.). Die Leerkontrolle zeigt hingegen einen stetigen Anstieg der KBE sowie der GZZ.
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Abb. 2 Dargestellt sind REM-Aufnahmen bei 0, 1, 2 sowie 3 Desinfektionszyklen (a–d) pro Woche mit 83 °C über 1 h. Nach 2 Desinfektionen pro Woche können keine potenziell überlebensfähigen Mikroorganismen nachgewiesen werden.
REM = Raster-Elektronen-Mikroskop