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DOI: 10.1055/s-0034-1382771
Durch dick und dünn
Publication History
Publication Date:
03 June 2014 (online)
Liebe Leserin,
Mit jemandem durch dick und dünn zu gehen, bedeutet einen guten Freund zu haben, für jemanden da zu sein – egal was kommt. Es bedeutet aber auch zu wissen, dass der andere es genauso sieht und zu einem hält. Für viele von uns sicherlich eine Selbstverständlichkeit, denn wozu sind Freunde sonst da?
Die Frage ist, wie es in Wirklichkeit aussieht: Stehen wir denen zu Seite, die gerade eine „dünne“ oder „dicke“ Phase ihres Lebens bestreiten? Essgestörte Patientinnen oder Patienten sehen wir als Ärztinnen in vielen Fachbereichen, doch sprechen wir sie darauf auch an? Geht es uns etwas an oder sind wir der Meinung, dass die Frage nach dem Gewicht eine zu persönliche und eine Esstörung eher eine vorübergehende Bagatellerkrankung ist? Ich muss mich selbst fragen, ob ich bei Muskelschmerzen oder der Diagnose einer Osteoporose an Essstörungen denke. Ist das Krankheitsbild in unseren Köpfen überhaupt präsent? Wer kennt es nicht, mit der eigenen Figur unzufrieden zu sein oder ungezügelt zu essen und es danach zu bereuen? Viele versuchen hin und wieder, mit Diäten abzunehmen oder fangen an, exzessiv Sport zu treiben. Sind wir denn alle essgestört? Oder empfinden wir dieses Verhalten mittlerweile als normal?
Um die Diagnose einer Essstörung im Klinikalltag besser stellen zu können, geben uns die Kolleginnen Leehr, Giel und Keifenheim in ihrem Artikel eine alltagsbrauchbare Diagnostik an die Hand. Wir tragen bei diesem heiklen Thema Verantwortung, denn die Betroffenen erkennen oft keinen Krankheitwert. Sie fühlen sich nicht dick, wie Herr Kaiser es beschreibt, oder empfinden ein tolles Gefühl bei der Kontrolle über sich und ihren Körper, wie es Frau Pape in ihrem Buch darlegt. Die Patientinnen und Patienten stehen der Therapie ambivalent gegenüber – ein Grund mehr für uns, sie in dünnen oder dicken Zeiten zu unterstützen und ihnen Hilfe anzubieten. Im Trubel unseres medizinischen Alltags ist dies bestimmt keine leichte Aufgabe. Doch gerade das frühzeitige Erkennen und Behandeln entscheidet über zukünftige Lebensqualität und Gesundheit. Es ist erschreckend, dass der stabilste Risikofaktor für eine Essstörung das weibliche Geschlecht ist. Es trifft unsere Jugend, vielleicht sogar unsere eigenen Töchter.
Ich würde mich freuen, wenn wir Ihnen mit unserem aktuellen Heft Hilfe im Umgang mit dieser heiklen Thematik bieten können. Lassen Sie uns mit unseren Patientinnen und Patienten durch dick und dünn gehen!
Mit kollegialen Grüßen
Ihre Herausgeberin
Dr. Sandra Breyer
Herausgeberinnen
Dr. med. Sandra Breyer
Dr. med. Astrid Bühren
Dr. med. Anja Haas
Prof. Dr. med. Doris Henne-Bruns
Prof. Dr. med. Marion Kiechle
Expertinnenpanel
Prof. Dr. rer. physiol. Dr. h. c. Ulrike Beisiegel
Dr. phil. Mechthild Determann
Dr. phil. Susanne Dettmer
Prof. Dr. med. Annette Hasenburg
Dr. med. Evelyn Hemper
Prof. Dr. med. Gabriela Möslein
Stefanie Pranschke-Schade
Prof. Dr. med. Vera Regitz-Zagrosek
Prof. Dr. med. Anke Rohde
Prof. Dr. med. Ingrid Schreer
Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger