Zusammenfassung
Ziel der Studie: Der Beitrag stellt Zahlen zum Schlaganfallgeschehen in Deutschland vor, die auf Krankenkassenroutinedaten der Deutschen BKK basieren und im Kontext anderer vorliegender Studien analysiert werden. Um die Ergebnisse angemessen beurteilen zu können, wird zuvor die Vergleichbarkeit der wichtigsten Quellen von Schlaganfallzahlen in Deutschland – Registerdaten, Krankenkassendaten und DRG-Daten – diskutiert.
Methode: Die Studienkohorte der BKK umfasst alle Versicherten, die 2007 wegen eines Schlaganfalls akut stationär versorgt wurden (n = 4843). Als Referenzstudien werden für den Beobachtungszeitraum vorliegende Daten der GEK, AOK, der Qualitätssicherung Hessen und Bayern, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlaganfallregister (ADSR) sowie der DRG-Abrechnung der Krankenhäuser herangezogen. Der Vergleich der verschiedenen Studientypen wird entlang der jeweiligen Einschluss- und Ausschlusskriterien und der daraus resultierenden Auswirkungen auf die berichteten Prävalenzen vorgenommen. Die BKK-Daten wurden uni- und bivariat analysiert; Mittelwertvergleiche erfolgten mittels t-Test.
Ergebnisse: Verschiedene Einschlusskriterien resp. die unterschiedliche Operationalisierung von „Schlaganfall“ erschweren die Vergleichbarkeit der in Deutschland vorliegenden Datenquellen. Uneinheitlich sind insbesondere die Einbeziehung von TIAs (ICD-10-GM G45), nicht traumatischen intrakraniellen subduralen Blutungen (I62) sowie die Anteile nicht näher bezeichneter Schlaganfälle (I64), ferner die Erfassung von Rezidiven und die Definition von Erstereignissen. Ein Vergleich der BKK-Kohorte mit den Ergebnissen anderer register- bzw. versichertendatenbasierter Studien fördert keine nennenswerten Differenzen hinsichtlich der Verteilung der ätiologischen Hauptgruppen zutage, auffällig ist lediglich der hohe Frauenanteil von Schlaganfallbetroffenen (60,3 %).
Schlussfolgerung: Der Geschlechtereffekt ist auf die Mitgliederstruktur der BKK und hier vor allem auf die Geschlechterverteilung in den höheren Altersgruppen zurückzuführen, in denen der Frauenanteil deutlich überwiegt. Eine Diskussion des Schlaganfallgeschehens in Deutschland muss strukturelle Unterschiede der verschiedenen Datenquellen berücksichtigen. Insbesondere zwei vulnerable Gruppen – TIAs mit hoher Rezidivwahrscheinlichkeit sowie Hochrisikopatienten, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben und bei Ereignis pflegebedürftig sind und überproportional häufig unspezifisch codiert werden – finden tendenziell zu wenig Beachtung. Zukünftige Studiendesigns innerhalb der Versorgungsforschung sollten daher möglichst das gesamte Diagnosespektrum zum Schlaganfall einschließen und differenzierte Analysen möglich machen.
Abstract
Purpose: This article presents epidemiological data regarding stroke frequency in Germany based on nationwide statutory health insurance data (Deutsche BKK) and aims to analyse them in the context of current research. The comparability of the most important resources of stroke frequency data – stroke registers, DRG data and insurance data – is initially discussed in order to assess the presented data adequately.
Methods: The study cohort comes from a population of about 1 000 000 people insured with BKK and consists of all persons who were treated for a stroke in an acute care hospital in 2007 (n = 4,843). Data were subjected to statistical secondary analysis including uni- and bivariate statistics and t tests. Reference studies for the observation period include data from GEK and AOK health insurances, from quality assurances Hessen and Bayern, from the ADSR, and hospital DRG data. The different study types are compared regarding their inclusion/exclusion criteria and the resulting effects on reported prevalences.
Results: Different inclusion criteria and accordingly different operationalisations of "stroke" impede the comparability of existing German data resources regarding stroke. The inclusion of TIA, non-traumatic subdural haemorrhage (I62), and the frequency of unspecified strokes (I64) is especially inconsistent. In addition, recurrent strokes and the definition of first-ever strokes are treated differently. The study cohort reveals no major discrepancies regarding aetiological subgroups compared to previous results, only the percentage of women (60.3 %) seems exceptionally high.
Conclusions: The gender effect is attributed to the BKK member structure, and especially the high proportion of women in the older age groups. Discussion of stroke frequency in Germany needs to take structural differences between study types into account. There are two vulnerable groups that tend to be underrepresented: TIA patients with a high risk of recurrent strokes, and high-risk patients who have already had a stroke and are care-dependent, which are often unspecifically coded. In the future, study designs should include the whole range of stroke coding, thus enabling differentiated analyses.
Schlüsselwörter Schlaganfall - Häufigkeit - Sekundärdaten - Routinedaten - Versorgungsforschung
Key words stroke - frequency - secondary data - routine data - health services research