Schlüsselwörter
Marathon - Triathlon - Vorsorge Breitensport - Wettkampfsport - körperliche Aktivität
Keywords
marathon - triathlon - pre-participation screening - middle-aged athletes - physical activity
Einführung
Die Inzidenz des plötzlichen Herztodes (PHT) in Verbindung mit Sport nimmt mit dem
Alter zu [41]. PHT durch körperliche Anstrengung ist
schon seit dem Altertum bekannt: Ein Soldat namens Pheidippides soll im Alter von
etwa 35 Jahren nach der Schlacht bei Marathon nach Athen gelaufen und gestorben sein
als er die Siegesnachricht überbrachte. Ob er Soldat war oder ein Bote, der vorher
240 km von Athen nach Sparta lief, dann über Marathon nach Athen zurück kam, und was
letztendlich Wahrheit, was Dichtung ist, bleibt unklar [22]. Fakt ist, dass dieser Todesfall als der erste sportbezogene Tod in
die Geschichte eingegangen ist.
Die Wahrscheinlichkeit des PHT in Verbindung mit Sport liegt innerhalb der
Durchschnittsbevölkerung (Frankreich) bei ca. 4,6/1 Mio. Einwohner/Jahr [43]. Der PHT allgemein hat in der industrialisierten Welt
eine Inzidenz von 0,36 bis 1,28/1000/Jahr [50]
].
Körperliche Inaktivität wird bei verschiedenen Erkrankungen als Mitauslöser
angesehen, zum Beispiel beim Diabetes mellitus in 27% der Fälle und bei der
koronaren Herzerkrankung in ca. 30% der Fälle [64].
Körperliche Inaktivität ist in den USA für jährlich mindestens 150 000 aller
Todesfälle verantwortlich [12]. Körperliche Aktivität
hingegen senkt das Gewicht, wirkt sich günstig auf den Diabetes mellitus aus [53] und senkt die kardiale Mortalität [57].
In der Literatur wird eine willkürliche (fließende) Grenze zwischen jungen und alten
Athleten bei 35 Jahren gezogen [8]
[43]
[45]. Obwohl viele positive Einflüsse auf
die Lebenserwartung bekannt sind, führen Berichte über Todesfälle bei
Freizeitsportlern [2] und Artikel über das gesteigerte
Risiko eines PHT durch Sport [43] zu einer gewissen
Verunsicherung. Die mit Marathon [31] und Triathlon
[27] assoziierten Todesfälle und die Todesfälle bei
jungen Athleten (Tab.
[
1
]) verunsichern die
ambitionierten Sportler im Amateur- und Profibereich. Berichte über eine potenzielle
kardiale Schädigung durch Sport [34, 47] und diskutierte
Faktoren, die zur Herzschädigung durch Sport führen können (Abb.
[
1
]), verlangen nach einem adäquaten Screening der
an Sport Interessierten und Aktiven.
Tab. 1
Ursachen der kardial bedingten plötzlichen Todesfälle bei jungen
Sportlern. Angaben in Prozent.
Mögliche Ursachen für plötzlichen Herztod
|
Studie
|
|
Maron 2009 [67]; n=1049
|
Corrado 2003 [8]; n=55
|
Solberg 2010 [68]; n=22
|
Marijon 2011 [43]; n=50
|
hypertrophische Kardiomyopathie
|
36
|
1,8
|
4,3
|
10
|
koronare Herzerkrankung
|
3
|
18
|
48
|
6
|
ARVK
|
4
|
22
|
–
|
4
|
koronare Anomalie
|
24
|
11
|
4,3
|
|
mögliche hypertrophe Kardiomyopathie
|
11,3
|
–
|
–
|
4
|
RIVA–Muskelbrücke
|
2,3
|
3,6
|
–
|
2
|
Myokarditis
|
5,4
|
9
|
22
|
4
|
Aortenruptur/Herzruptur
|
2,2
|
1,8
|
4,3
|
2
|
Aortenstenose/angeb. Vitium
|
2,6
|
–
|
4,3
|
6
|
Mitralklappenprolaps
|
2,4
|
7,3
|
–
|
2
|
dilatative Kardiomyopathie
|
2
|
1,8
|
–
|
4
|
unklar
|
–
|
1,8
|
–
|
36
|
Überleitung/QT/WPW
|
4,1
|
1,8
|
8,7
|
12
|
ARVK: arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie, RIVA:
Ramus interventricularis anterior, Überleitung/QT/WPW:
Channelopathien, Ionen-Kanal-Erkrankungen, Long-QT-Syndrome,
Wolf-Parkinson-White-Syndrom
|
Abb. 1 Mögliche Einflussfaktoren auf die kardialen Strukturen bei der
Problematik Sport und kardiale Schädigung.
Das Sportlerherz und seine möglichen Komplikationen im Alter
Das Sportlerherz und seine möglichen Komplikationen im Alter
Die kardiale Adaptation an die Belastung ist ein bekanntes Phänomen [24] und wurde vom finnischen Arzt Henschen Ende des 19.
Jahrhunderts erstmals erwähnt [29]. Bei der
physiologischen Veränderung des Sportlerherzens handelt es sich um eine harmonische
Größenzunahme und Myokardhypertrophie eines gesunden Herzens, welche ausschließlich
durch körperliche Aktivität bedingt sind [13].
Diese Vorstellung ist sehr vereinfacht und beruht in erster Linie auf der
Herzmuskelhypertrophie. Problematisch ist, dass die Herzmuskelhypertrophie (und das
„Sportlerherz“) kaum „nur“ durch körperliche Aktivität entsteht. Bei der
sportbedingten Herzhypertrophie spielen weitere Faktoren wie Genetik [26], Art des ausgeübten Sports und belastungsinduzierter
Hochdruck [40] eine wichtige Rolle (Abb.
[
2
]).
Abb. 2 Negativer Einfluss der Belastungshypertonie beim Ausdauerathleten
auf die kardialen Strukturen. Belastungshypertonie führt zur zusätzlichen
Vergrößerung der Herzkammern und zusätzlichen Hypertrophie.
Bei einer 5-fach erhöhten Sterblichkeit der jungen Wettkampfathleten [43] stellen die
myokardiale Hypertrophie und eine mögliche QT-Dispersion ein potenzielles Risiko dar
[28]. 40% der Athleten weisen abnorme
EKG-Veränderungen auf [44]. Dabei werden hauptsächlich
verlängerte QRS-Komplexe, diverse T-Wellen-Veränderungen (Negativierungen) und tiefe
Q-Wellen bis hin zu „bizarren“ EKGs berichtet [48]. Die
Häufigkeit der EKG-Veränderungen ist abhängig von der ethnischen Zugehörigkeit [52], der Art/Intensität des Trainings und der Sportart.
EKG-Veränderungen sollen entsprechend den „Seattle-Kriterien“ [15] oder den europäischen Empfehlungen [9]
[23]
[52]
analysiert werden. QT-Längen ≥ 470 ms brauchen immer eine individuelle
Betrachtungsweise und mindestens anamnestische familiäre oder sogar genetische
Untersuchungen. Veränderungen im Verlauf müssen immer genau nachverfolgt werden. Die
EKG-Veränderungen sind bezüglich ihrer Bedeutung in Abb.
[
3
] als Ampelschema beschrieben.
Abb. 3 12-Kanal-Ruhe-EKG-Ampel. Grünes Licht: unbedenklich; gelbes Licht:
grenzwertig positiver Befund, abnorme/pathologische Befunde möglich; rotes
Licht: sportunabhängige Veränderungen, abklärungsbedürftig. LV = linker
Ventrikel, RV = rechter Ventrikel, RSB = Rechtsschenkelblock,
LSB = Linksschenkelblock, VES = ventrikuläre Extrasystolen (basierend auf [51]
[9]
[22] und eigenen Erfahrungen).
Die Haupt-Komplikationen des „Sportlerherzens“ im Alter sind Vorhofflimmern [7], supraventrikuläre Bradyarrhythmien [1] und nodale Erkrankungen [3].
Es gibt zahlreiche Berichte über Fibrosierungen des linken Ventrikels bei älteren
Ausdauersportlern [60]; die Ursachen hierfür werden noch
diskutiert [63]. Veränderungen an den Herzklappen bei
Sportlern (beschleunigte Zunahme des Stenosegrades der Aortenklappe im Alter),
Ektasie der Aorta und Vergrößerung der Vorhöfe stellen nur einige Veränderungen dar,
die echokardiographisch leicht feststellbar sind. Funktionelle Veränderungen sind
entweder mittels Doppler-Technik oder Strain-Technologie im Verlauf gut zu
untersuchen.
Körperliche Inaktivität verursacht bis zu 30% der Fälle Diabetesmellitus oder
koronare Herzerkrankung. Sport kann bei einer Veranlagung zu einer
pathologischen Form des Sportlerherzens führen und im Alter für
Herzrhythmusstörungen/Vorhofflimmern verantwortlich sein. Daneben können
Inflammationen und Belastungshypertonie Ursachen darstellen. Das Ruhe-EKG kann
die ersten Hinweise auf eine evtl. pathologische Situation liefern.
Plötzlicher Herztod im Sport und die Lebenserwartung der Sportler
Plötzlicher Herztod im Sport und die Lebenserwartung der Sportler
Plötzlicher Herztod im Sport
Die Häufigkeit des PHT beim Sport steigt mit dem Alter. In der Gruppe der 15- bis
34-Jährigen liegt die Mortalität bei 2,96/1 Mio./Jahr (95%-Konfidenzintervall
[KI] 2,50–3,42), bei den 35- bis 54-Jährigen bei 6,63/1 Mio./Jahr (95%-KI
5,94–7,31) und bei den 55- bis 75-Jährigen bei 7,51/1 Mio./Jahr (95%-KI
6,60–8,43) [41]. Die älteren Sportler sind ca.
doppelt so häufig betroffen wie die jüngeren und Männer ca. 15- bis 20-mal
häufiger als Frauen [41]. Bei Athleten über 35
Jahren ist der sportbezogene plötzliche Tod meistens kardial bedingt [61].
Der PHT bei Volksläufen tritt insgesamt selten auf (1/129 000 Laufstunden, 95%-KI
1/62 500–1/263 000) [46]. Marijon et al. beschreiben
das allgemeine Risiko des PHT in Verbindung mit Sport je nach Region mit 5,4 bis
16,7/1 Mio./Jahr [43]. Das mittlere Alter der
Betroffenen lag bei 46 ± 15 (11–75) Jahren, 92% starben direkt beim Sport, nur
12,7% hatten vorher Beschwerden und 86,5% waren regulär im Training. Bei der
allgemeinen Bevölkerung liegt das Risiko bei Männern im Bereich von 9,2/1
Mio./Jahr, bei Frauen bei 0,4/1 Mio./Jahr.
Bei Langdistanzläufen in den USA (Halbmarathon/Marathon) starben zwischen 2000
und 2010 von 10,9 Mio. Läufern 59 Personen (Inzidenzrate 0,54/100 000 Teilnehmer
[95%-KI 0,41–0,70]). Die Betroffenen waren im Durchschnitt 42 ± 13 Jahre alt und
überwiegend männlich (51 vs. 8 Frauen) [31]. Die
Inzidenzrate für den PHT lag beim Marathon bei 1,01/100 000 (95%-KI 0,72–1,38)
und beim Halbmarathon bei 0,27/100 000 (95%-KI, 0,17–0,43). Männer waren
häufiger betroffen als Frauen (0,9/100 000; 95%-KI 0,67–1,18 vs. 0,16/100 000;
95%-KI 0,07–0,31) [31]. Die Autoren berichten in
dieser Studie, dass nicht unbedingt eine Plaqueruptur, sondern die Dysbalance
zwischen dem myokardialen Sauerstoffangebot und -verbrauch die Ursache ist [31].
Bei jungen Sportlern trat der PHT mit 9,8/1 Mio./Jahr, bei jungen Nichtsportlern
mit 2,2/1 Mio./Jahr auf. Junge Wettkampfsportler haben folglich ein 5-fach
höheres Risiko als Nicht-Wettkampfsportler [43]. Bei
jungen Athleten in den USA treten pro Jahr 50–75 Todesfälle auf [45].
Diese Tatsachen unterstützen die Ansicht, dass alle Wettkampfsportler unabhängig
vom Alter genauer betrachtet werden sollten, um die Risikopersonen zu
identifizieren. Eine „negative Triggerung“ der bestehenden Disposition kann zum
PHT führen. Möglicherweise spielt hier die individuelle Veranlagung, eine
pathologische Hypertrophie, das persönliche Risikoprofil, eine
Elektrolyt-Verschiebung oder Inflammation eine Rolle (Abb.
[
1
]).
Lebenserwartung der Sportler
Die Arbeit von Marijon at al. [42] berichtet über
eine um 41% niedrigere Gesamtmortalität von Profi-Radfahrern im Vergleich zur
allgemeinen Bevölkerung. Auch eine aktuelle Meta-Analyse berichtet über eine
geringere (vor allem kardiovaskuläre) Mortalität von Elitesportlern [54]. Die Lebensweise der Elitesportler und deren
genetische Voraussetzungen können dabei vorteilhafter gewesen sein als die
Variablen in der allgemeinen Bevölkerung. Dafür haben die Sportler häufiger
Rhythmusstörungen [1]
[3]
und Vorhofflimmern [7, 38].
Wie intensiv das lebensverlängernde Training sein soll, ist unklar. Ab 45 Jahren
ist es auf jeden Fall ratsam, für 30–60 Minuten täglich ein moderates
körperliches Training durchzuführen [4]
[47]. Höhere Belastungen (> 41 METs [metabolische
Äquivalente]-Stunden/Tag) bringen keinen sicheren Vorteil bezüglich der
Überlebensrate und haben eventuell sogar negative Auswirkungen [4]. Farahmand et al. fanden heraus, dass die
„langsameren“ Vasa-Lauf-Teilnehmer [18] niedrigere
Mortalitätsraten hatten als die „schnellen“ (standardisierte Mortalitätsrate
[SMR] 0,48 > 240% der Siegerzeit vs. SMR 0,72, 100–120% der Siegerzeit). Dies
spricht für die mäßige Dosierung des ambitionierten Sports.
Die Möglichkeit des PHT in Verbindung mit Sport nimmt im Alter zu. Generell
liegt der PHT im Bereich 5/1 Mio./Jahr, bei 55–75-Jährigen 7,5/1 Mio./Jahr.
Frauen sind 15–20 mal seltener betroffen.
Screening und Vorsorgeuntersuchungen
Screening und Vorsorgeuntersuchungen
In der täglichen Routine stellen die ambitionierten Amateursportler und
Leistungssportler ca. 50% der Patienten einer sportärztlich orientierten
kardiologischen Praxis dar (eigene Angaben). Die Neuentdeckung des Marathons, des
Triathlons und des Sports sind bei den 40-Jährigen nach der ersten Phase des
beruflichen Erfolgs häufig Motivation im Sinne der Selbstfindung und
Abwechslung.
Bei den ambitionierten Alterssportlern wird das klinische Bild von Hypertonie,
Vorhofflimmern [7] und möglicher koronarer Herzerkrankung
[61] dominiert. Bei den übrigen 50% der Amateure
besteht die sportmedizinische Arbeit aus Leistungseinschätzung und
Indikationsstellung für Bewegungsmaßnahmen aufgrund von koronarer Herzerkrankung,
Adipositas, Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie, Erhaltung der körperlichen
Funktionen im Alter und aufgrund des metabolischen Syndroms. Leistungsoptimierung
oder Wettkampfvorbereitung spielen hier eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund
stehen vielmehr die Definition der eigenen Leistungsgrenzen/-bereiche und das
Aussprechen einer Leistungseinschätzung und Trainingsempfehlung.
Bisherige offizielle Empfehlungen
Da sportbezogene Todesfälle im Alter und intensive Wettkämpfe (Master-Turniere)
zunehmen, stellt sich die Frage, ob die bisherigen offiziellen Empfehlungen
zeitgemäß sind [35]. Die Empfehlungen der
Gesellschaften, die in den Publikationen von Maron et al. [45] und Corrado et al. [10] wiedergegeben
werden, sind zum Teil historisch und ökonomisch geprägt. Die bisherigen
offiziellen Konzepte beinhalten die körperliche Untersuchung und die Anamnese
des jungen Sportlers [45] – und bei der italienisch
geprägten Variante zusätzlich ein Ruhe-EKG [8]. Diese
Konzepte mögen für jugendliche Sportler in der Vergangenheit ausgereicht haben,
sind aber für die heutigen Verhältnisse nicht hinreichend. Aufgrund der
allgemeinen Entwicklung wird auch von überzeugten Vertretern der alleinigen
EKG-Diagnostik diese Einstellung aufgegeben [66].
Die FIFA hat in ihren Empfehlungen schon eine Vorreiterrolle übernommen und
empfiehlt eine sehr fundierte Echokardiographie [19]
, basierend auf den Publikationen von Dvorak et al. [16] und Thunenkotter et al. [55]
[56]. Die Organisation der professionellen
Fußballspieler (FifPro) fordert eine Qualitätsverbesserung der medizinischen
Diagnostik bezüglich des plötzlichen kardialen Todes [20]. Entsprechend ist eine Belastungsuntersuchung als Ergänzung zur
Echokardiographie dringend angeraten. Ein Belastungstest liefert nicht nur
Informationen zu einer kardialen Ischämie oder dem Trainingszustand, sondern
auch zur arteriellen Hypertonie während der Belastung, zum Herzfrequenzverlauf
und zum Auftreten von eventuellen Rhythmusstörungen unter der Belastung. Die
Echokardiographie liefert – neben der Beschreibung der kardialen Strukturen
(Ausmaß der Hypertrophie, Aorta, Vorhof, Ventrikel-Dimensionen, Myokardstruktur
und Wanddicken) [25]
[39]
[65] – auch funktionelle
Informationen. Die Doppler-Messungen geben Informationen über
Blutflussgeschwindigkeiten und diastolische Funktion oder über die
Geschwindigkeiten des Myokards (Tissue Doppler Imaging). Die Strain-Technik
liefert segmentale und globale myokardiale Werte/Verlaufskurven der Deformation
innerhalb des Herzzyklus [11]
[38]
[51]. Gemessen am zeitlichen und
finanziellen Aufwand insgesamt [21] stellen die
bisher empfohlenen Maßnahmen ein Minimum dar. In der Literatur werden weitere
und immer aufwendigere Untersuchungsverfahren diskutiert, wie z. B. Electron
Beam Tomography [6], Angio-CT und MRT [17]
[33].
Aktuelle Screening-Vorsorge-Situation im Alltag
Bisherige offizielle Empfehlungen [10]
[45] unterliegen einem Wandel [16]
[17]
[25]
[33]
[35].
Sie müssten sich an den Empfehlungen für die Patienten mit koronarer
Herzerkrankung orientieren [49], aber auch nach den
laufenden Erkenntnissen richten [16]
[55]. Nicht nur der PHT stellt eine Komplikation dar,
sondern auch strukturelle Veränderungen der Herzens (Aorta/Vorhof/Ventrikel) und
die möglichen Herzrhythmusstörungen sind Komplikationsmöglichkeiten.
Vorhofflimmern kann einen aktiven, quasi gesunden, Freizeitsportler in einen
körperlich wenig aktiven Menschen wandeln. Die gesundheitliche Situation eines
ambitionierten Sportlers ist oft sehr komplex und kann bei klinischen Problemen
ein breites interdisziplinäres Gebiet zwischen Immunologie, Kardiologie,
Orthopädie bis hin zur Zahnmedizin und Kieferorthopädie beanspruchen.
Die folgenden Empfehlungen des Screenings stützen sich auf die zitierte Literatur
und auf die 20-jährige Praxis der aktiven Betreuung von Leistungssportlern und
Amateuren sowie auf eigene Sporterfahrungen.
Prinzipiell kann man klinisch vier verschiedene Untersuchungsanlässe
unterscheiden:
-
Screening-Untersuchung (Eingangsuntersuchung)
-
Allgemeine Vorsorge (laufende Kontrollen im Verlauf)
-
Kontrolluntersuchung bei Beschwerden (Leistungsabfall, Luftnot,
Rhythmusstörungen, thorakale Beschwerden, Infekt)
-
Leistungsdiagnostik zwecks Trainingsempfehlung
Aufgrund der möglichen koronaren Herzerkrankung [61],
der Belastungshypertonie [40] und der zusätzlichen
Informationen durch die Echokardiographie [25]
[66] können im Bereich des Breiten- und
Leistungssports ähnliche Maßnahmen empfohlen werden wie für Sportler mit
koronarer Herzerkrankung [49]. Das bedeutet, dass
die Echokardiographie und ein Belastungstest als Basis für eine
Sporttauglichkeitsuntersuchung für Probanden über 35 Jahre angesehen werden
können [25]
[61].
Screening-Untersuchung (Eingangsuntersuchung)
Die Eingangsuntersuchung beinhaltet neben der körperlichen Basisuntersuchung und
Anamnese folgende Untersuchungen: Echokardiographie, Belastungs-EKG,
Lungenfunktionstest und Basisblutuntersuchung (Differenzialblutbild, CRP,
Kreatinin, CK, GPT, GOT, GGT, LDH, LDL-/HDL-Cholesterin, Triglyzeride,
Blutzucker, Eisen, Ferritin, TSH, Elektrophorese). Als erweitertes Modul erfolgt
auch eine Carotis-Duplex-Untersuchung (Bestimmung der Intima-Media-Dicke,
Plaques), um den Arteriosklerose-Status zu ermitteln [62]. Bei auffälligem Ruhe- oder Belastungs-EKG erfolgt eine
Stress-Echokardiographie [37]. Bei der
Echokardiographie werden alle modernen Untersuchungstechniken eingesetzt [36] – einschließlich der Strain-Echokardiographie
[11]
[38]
[51].
Die Echokardiographie erfasst heute nicht nur das Ausmaß der Hypertrophie, die
Größe von Herzkammern und Vorhöfen, die Herzklappenfunktion und die visuelle
Beurteilung der Kontraktionen des rechten/linken Ventrikels. Mittels Tissue
Doppler Imaging und Strain-Technologie werden komplexe Funktionsmessungen im
Bereich beider Kammern und Vorhöfe durchgeführt, die ausführliche
objektivierbare Veränderungen vor allem im Verlauf erfassen können
(Abb.
[
4
]) [38]
[51]. Diese, für den Nicht-Kardiologen
hochkomplexen, echokardiographischen Untersuchungen, sind mittlerweile für den
erfahrenen (Sport-)Kardiologen Routine geworden.
Abb. 4 Langsame Besserung der Deformation des linken Ventrikels (LV)
nach Konversion in den Sinusrhythmus. Oben: Deformation der LV-Segmente
während des Vorhofflimmerns. Mitte: 5 Minuten nach Konversion in den
Sinusrhythmus. Unten: 24 Stunden danach Normalisierung der segmentalen
Deformation nach der Kardioversion.
Grundsätzlich bietet die Spiroergometrie bei Sportlern die Möglichkeit, das
physiologische Leistungsprofil zu dokumentieren (u. a.
Fettverbrennungsschwelle, aerobe Kapazität, anaerobe Schwelle) und die maximale
Sauerstoffaufnahme (VO2max in ml/min/kg) einzuschätzen. Fakultativ
wird die Körperzusammensetzung mittels einer komplexeren Impedanz-Waage
dokumentiert. Bei Breitensportlern und Patienten mit metabolischem Syndrom wird
die Spiroergometrie angewendet, um den Leistungszustand zu überprüfen und eine
aerobe Trainingsgestaltung zu planen [59]. Hier
liegt der Schwerpunkt auf der Fettverbrennung und schonenden Aktivitätsplanung
im aeroben Bereich [30].
Screening mit Strahlendiagnostik (Kardio-CT, Electron Beam Tomography, Angio-CT)
[17] hat sich bisher in der Routine aus
Kostengründen und fehlender Akzeptanz (Strahlenbelastung) bei vorhandenen
Alternativen (Carotis-Duplex/Stress-Echokardiographie/Strain/MRT) nicht
durchgesetzt. Sie spielt aber in der Literatur [6]
[17] und möglicherweise in der Zukunft
eine wichtigere Rolle [14].
Sportmedizinische Belastungsuntersuchungen in Deutschland werden mittlerweile bis
zu 80% auch durch die gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst [32]. Bei einer bestimmten Fragestellung
(Myokarditis/Fibrose) oder bei Verdacht auf arrhythmogene rechtsventrikuläre
Kardiomyopathie (extrem selten) wird eine Cardio-MRT Untersuchung eingesetzt
[5].
Allgemeine Kontrollen
Bei den meist jährlich durchgeführten Kontrollen erfolgen immer eine
Echokardiographie und ein Belastungstest. Besonderen Wert legen wir auf die
Dokumentation der Belastungshypertonie [40]. Eine
Echokardiographie erfolgt hauptsächlich, um die Größe der Kammern/Vorhöfe zu
vergleichen und eventuelle Veränderungen im Bereich der Herzklappen und der Aorta zu
erfassen [65]. Eine Aortenerweiterung [65] mit konsekutiver Aortenklappeninsuffizienz ist bei
Ausdauersportlern nicht selten (2%) [39]. Bei
ambitionierten und Wettkampfsportlern erfolgt außerhalb der Wettkampf-Saison oft
eine Spiroergometrie, um die Trainingsplanung zu überprüfen; bei Leistungssportlern
auch in der Vor-Wettkampfphase.
Kontrolluntersuchung bei Beschwerden
Hier richtet sich die Untersuchung nach der klinischen Situation. Alle neuen
Ruhe-EKG-Veränderungen, Synkopen und Luftnot müssen konsequent
differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Neben der Basisuntersuchung mittels
Echokardiographie (inkl. Doppler, Tissue Doppler Imaging, Strain-Technologie)
und Ruhe-EKG erfolgen alle weiteren Untersuchungen nach klinischem Bedarf
(Stress-Echokardiographie, Langzeit-EKG, Angio-CT, Cardio-MRT bis zur
Koronarangiographie oder elektrophysiologischen Untersuchung).
Eine ausführliche Blutuntersuchung, inklusive der Überprüfung der
Virus-Antikörper (Ebstein-Barr-, Zytomegalie-, Herpes-, Parvo-, Coxsackie-,
Echo-Viren etc.) und der bakteriellen Antikörper (Chlamydia pneumoniae [58], Borrelien) sollte im Falle eines
Leistungsabfalls vorgenommen werden. Negative Befunde der Blutuntersuchung
bedeuten keinen Ausschluss einer Myokarditis. Mit diesem Vorgehen haben wir bis
jetzt keinen Todesfall oder eine unerkannte Myokarditis im Verlauf erfahren.
Leistungsdiagnostik
Die Diagnostik mittels Spiroergometrie ist extrem wichtig bei der
Trainingsplanung und der Leistungsbeurteilung bei aktiven Sportlern [39] sowie bei der Aktivitätsplanung der betroffenen
Patienten [30]. Nur die Spiroergometrie liefert in
der Gesamtheit der Daten eine optimale Beurteilung des Sportlers/des Patienten
bezüglich der Fettverbrennung, der Trainingsbereiche und der
Leistungseinschätzung.
Screening der Amateure und der ambitionierten Sportler beinhaltet 4
Möglichkeiten: Eingangsuntersuchung, allgemeine Vorsorge,
Kontrolluntersuchung bei Beschwerden und reine Leistungsdiagnostik zwecks
Trainingssteuerung. Neben der klinischen Untersuchung und der Anamnese sind
Echokardiographie und Belastungstest die Basisuntersuchungen erweitert durch
die Blutuntersuchungen, Langzeit-EKG und Cardio-MRT. Die Spiroergometrie
ermöglicht eine umfangreiche Einschätzung des Leistungsprofils des
Sportlers/Patienten.
Schlussbemerkung
Die Kosten-Nutzen-Relation einer kombinierten
Belastungs-EKG-/Echokardiographie-Untersuchung oder Spiroergometrie ist gemessen am
Gesamtaufwand der ambitionierten sportlichen Betätigung akzeptabel. Gerade durch die
Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen an den Kosten [32] ist die medizinische Versorgung der Sportler zumindest in Deutschland
gewährleistet. Aber auch in anderen Ländern müssten die etwaigen Screening-Kosten in
Anbetracht der aufwendigen Kosten der Vorbereitung und Teilnahme an Marathon- oder
Triathlon-Wettbewerben eher zu vernachlässigen sein [21].
Sport hat eine große soziale und mediale Bedeutung. Entsprechend hat die Prävention
der plötzlichen sportbezogenen Todesfälle oder eines „negativen kardialen
Remodellings durch Sport“ nicht nur eine individuelle Komponente, sondern auch eine
weitreichende soziale Bedeutung für die körperliche Aktivität der allgemeinen
Bevölkerung [57]. Deswegen sind auch hier weitere
Aufwendungen, Studien und Screenings der Sportler in der industrialisierten Welt
wichtig und finanziell vertretbar.
Konsequenz für Klinik und Praxis
-
Die sportlichen Aktivitäten in der allgemeinen Bevölkerung bis zu
anstrengenden Wettkämpfen im Bereich des Triathlons und Marathons haben
deutlich zugenommen.
-
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der lang andauernden Karriere
der professionellen Sportler bedarf es klarer Empfehlungen zu
Vorsorgeuntersuchungen, um den plötzlichen Herztod in Verbindung mit
Sport zu vermeiden und auch „negatives kardiales Remodelling“ durch
exzessive sportliche Betätigung zu verhindern. Gerade beim
Leistungsabfall des Sportlers ist eine genaue Untersuchung
notwendig.
-
Auch bei der Planung der sportlichen Aktivität oder des Trainings der
Freizeitsportler/Patienten, ist eine
Vorsorgeuntersuchung/Leistungsdiagnostik mit Spiroergometrie
sinnvoll.