ergopraxis 2014; 7(11/12): 14-16
DOI: 10.1055/s-0034-1396054
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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13 November 2014 (online)

 

Onkologie – Kraft- und Ausdauertraining in der Reha

Kraft- und Ausdauertraining hat einen positiven Einfluss auf Menschen mit onko logischen Erkrankungen. Es wirkt sich auf ihr psychologisches, physiologisches und soziales Befinden aus und sollte die Grundlage der Rehabilitation bilden. Das fanden Forscher um die Sportwissenschaftlerin Eva Maria Zopf am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln in einer Literaturstudie heraus.

Um evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen für Menschen mit Krebserkrankungen aufstellen zu können, analysierten die Forscher ausschließlich randomisierte kontrollierte Studien. Gegenstand der Arbeiten war ein Ausdauer- oder Krafttraining mit jeweils mehr als 20 Probanden, welche an Brust-, Prostata- oder Darmkrebs erkrankt waren. Aus den Daten leiteten die Forscher ab, dass zur Eingangsdiagnostik eine Spiroergometrie (Atemgasmessung) empfehlenswert ist, da sie die kardiorespiratorische Fitness am genauesten bestimmt. Anschließend sollten die Therapeuten die Trainingsintensität durch einen dynamischen Krafttest ermitteln. Aerobes Ausdauertraining erwies sich in der onkologischen Rehabilitation als effektiv und kann in Form von Ergometertraining, Wandern, Nordic Walking, Laufen, Schwimmen, Skilanglauf etc. mindestens dreimal pro Woche zum Einsatz kommen. Die Belastungsdauer sollte 20 bis 30 Minuten betragen. Darüber hinaus hat sich dynamisches Krafttraining an Kraftgeräten, mit freien Gewichten, Fitnessbändern oder dem eigenen Körpergewicht in Form von Yoga oder Tai Chi bewährt. Das Krafttraining findet optimalerweise ein- bis dreimal pro Woche statt und steigert sich progressiv.

Während die Evidenz vor allem für Frauen mit Brustkrebs und zunehmend auch für Männer mit Prostatakrebs gut ist, ist die Datenlage beispielsweise für Darmkrebs noch unzureichend. Um für die verschiedenen Krebserkrankungen und unterschiedlichen Behandlungsphasen genauere Empfehlungen bezüglich optimaler Bewegungsformen und der Belastung geben zu können, müssen weitere qualitativ hochwertige Studien folgen.

Kave

Rehabilitation 2014; 53: 2–7


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Krebs und Sport – Forschung kommt in die Gänge

Der Begriff „Krebs“ umfasst über 100 Krankheiten, und der Begriff „körperliche Aktivität“ ist nicht eindeutig definiert. Kein Wunder, dass sich die Wissenschaft schwertut, die Zusammenhänge zu erforschen. Man hat aber erkannt, dass sich der psychische und körperliche Zustand der Patienten durch eine Bewegungstherapie deutlich verbessern kann. Wenig belastbaren Patienten, bei denen keine Kontraindikation für Sport vorliegt, verhilft optimalerweise ein Intervalltraining zu wohl dosierter Bewegung.

GS

Dimeo FC. Effects of exercise on cancer-related fatigue. Cancer 2001: 1689–1693, Dimeo FC. Körperliche Aktivität bei Patienten mit neoplastischen Erkrankungen. Dtsch Z Sportmed 2004; 4: 106–107


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Schlaganfall – Die eigentliche Therapie beginnt im Alltag

Nach einem Schlaganfall beschreiben die Betroffenen oftmals, dass die wirkliche Rehabilitation erst zu Hause beginnt. Denn dort stoßen sie auf vielfältige Alltagsprobleme, die es zu bewältigen gilt. Zudem berichten sie von einem Rückfall nach der Entlassung. Dies fanden die drei Bachelorstudentinnen Marjam Miedema, Jorijn Meijer und Florien in‘t Veld an der Hogeschool von Arnhem en Nijmegen in den Niederlanden heraus.

Die Studentinnen wollten erfahren, welche Faktoren einen physischen, kognitiven, sozialen und/oder emotionalen Rückfall nach der Entlassung bei Menschen mit Schlaganfall hervorrufen. Dazu führten sie sechs semistrukturierte Interviews mit Betroffenen (zwei Frauen, vier Männer, die zwischen 45 und 65 Jahre alt waren). Darin erzählten die Teilnehmer, dass sie nach der Entlassung einen Trauerprozess durchlebten. Sie mussten erkennen, was passiert war, die Erkrankung akzeptieren und sich selbst und ihren Körper neu kennenlernen. Sowohl die Klienten als auch ihre pflegenden Angehörigen mussten mit dem Verlust von Funktionen, Selbstvertrauen, sozialen Kontakten, Rollen und Aufgaben umgehen lernen. Motivation und Durchsetzungsvermögen nannten die Befragten als wichtige Faktoren, die die Genesung fördern. Perfektionismus dagegen könne nachteilige Folgen haben und zu Stress führen. Außerdem spielte für sie die Familie eine wichtige Rolle, die sowohl emotionale als auch praktische Unterstützung biete. Kontakt zu anderen Menschen mit einem Schlaganfall beschrieben sie als hilfreich. Die Umgebung begegnete ihnen hingegen oftmals mit Unverständnis. Leicht dahergesagte Dinge wie „Mach das doch mal so, dann klappt das schon“ halfen ihnen nicht im Trauerprozess. Als körperliche Beschwerden nannten die Teilnehmer Ermüdungserscheinungen und Schwierigkeiten in der Reizverarbeitung. Sie erschwerten den Alltag und waren ein möglicher Grund für einen Rückfall. Darüber hinaus kann die stationäre Behandlung zu einer Verschlechterung zu Hause führen. Die Klienten fühlten sich von Ärzten und Therapeuten oftmals nicht richtig wertgeschätzt und bekamen nicht genügend Informationen bzw. nicht zum richtigen Zeitpunkt. Das führte dazu, dass sie mit hohen und unrealistischen Erwartungen nach Hause entlassen wurden. Ihre Emotionen bei der Entlassung reichten von Selbstmitleid, Hoffnung, Langeweile und Trauer über Euphorie und Erleichterung bis hin zu Angst und Unsicherheit. Oftmals sehen Klienten ihre Ankunft zu Hause als Konfrontation und erleben die erste Zeit als Kampf gegen alles und jeden.

Anhand dieser Erkenntnisse empfehlen die Studentinnen, Klienten besser auf die Entlassung vorzubereiten und sie auch danach weiter zu betreuen. Ergotherapeuten können Klienten dabei unterstützen, sich selbst und ihre Grenzen zu Hause neu kennenzulernen. Sie sollten Klienten dann über die Krankheit und deren Folgen informieren, wenn diese dafür bereit sind. Das hilft ihnen dabei, realistischere Erwartungen für die Zeit nach der Entlassung zu entwickeln und mit Müdigkeit und Reizüberflutung zu Hause besser umzugehen.

Saja

WTvE 2014; 2: 35–43


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Trauerprozess – 5 Phasen der seelischen Entwicklung

Elisabeth Kübler-Ross beschreibt fünf Phasen bei schwerkranken Menschen:

  1. Phase: Nichtwahrhabenwollen

  2. Phase: Zorn

  3. Phase: Verhandeln

  4. Phase: Depression

  5. Phase: Zustimmung

Schwerkranke Menschen durchlaufen diese Phasen nicht einfach der Reihe nach. Die Verweildauer und die Reihenfolge variieren individuell. So kann auf die Zustimmung wieder eine tiefe Depression oder Zorn folgen oder auch zeitgleich bestehen.

GS

Kübler-Ross E. Interviews mit Sterbenden. Stuttgart: Kreuz; 1971


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Multiple Sklerose – Partizipation durch die soziale Umgebung

Therapeuten, die die soziale Umgebung in die Therapie einbeziehen, unterstützen die Partizipation von Klienten mit Multipler Sklerose (MS). Ganz im Gegensatz zu Therapeuten, die ihre Intervention nur auf die Anpassung der physischen Umgebung richten. Dies fanden die beiden Bachelorstudentinnen Marleen Koeman und Kirsten Schot an der Hogeschool van Amsterdam in den Niederlanden in einer Literaturstudie (Scoping Review) heraus.

Die Studentinnen analysierten 23 Artikel und erkannten, dass das soziale Umfeld zwei unterschiedliche Rollen hat: Es ist einerseits Empfänger der therapeutischen Unterstützung und andererseits Unterstützer des Klienten. Es wurde deutlich, dass die Kommunikation aller Beteiligten (Klient, Angehörige, Ärzte, Therapeuten) maßgeblich die Partizipation der Klienten beeinflusst. Nur so können sie Ziele und Interventionen abstimmen und Probleme besprechen. Mangelnde Kommunikation kann bei Klienten und ihrem Umfeld Stress verursachen und zum Beispiel einen verringerten Nutzen von Hilfsmitteln nach sich ziehen. Menschen mit MS finden es wichtig, dass ihr Umfeld in die Therapie einbezogen wird, am besten so früh wie möglich. Zum Beispiel, wenn es um das Anschaffen von Hilfsmitteln oder um Selbstmanagement geht. Das gemeinsame Üben von Fertigkeiten mit der sozialen Umgebung erleben die Klienten als positiv. Zudem können Therapeuten Klienten und deren Umgebung bei Übergangsprozessen im Krankheitsverlauf unterstützen, indem sie über verschiedene Interventionsmöglichkeiten wie dem Energiemanagement informieren. Die Rolle der Therapeutin besteht außerdem darin, zu signalisieren, wenn sie gesundheitliche Probleme und Bedürfnisse wahrnimmt, die der Angehörige evtl. nicht zu äußern wagt. So kann sie Stress und Überbelastung vorbeugen. Konkret kann es im Hinblick auf die Partizipation in der Ergotherapie um das Erlernen von Problemlösungsstrategien und den Umgang mit Ermüdungserscheinungen gehen.

Menschen mit MS empfinden es als sehr wertvoll und hilfreich für ihre Partizipation, wenn ihre soziale Umgebung in die Therapie einbezogen ist. Aus den analysierten Studien geht jedoch nicht hervor, wie das in der Praxis konkret aussehen kann. Diese Lücke gilt es mit Best Practice zu füllen.

Saja

WTvE 2014; 2: 4–19


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Soziale Umwelt – Familie, Freunde, Kollegen

Zur sozialen Umwelt zählen im Model of Human Occupation (MOHO) Personengruppen und Betätigungsformen, denen sich der Einzelne verschreibt. Viele Betätigungen finden zusammen mit anderen Menschen in Gruppen statt; das können Familien, Freundeskreise, Sportgruppen oder Kollegen sein. Jede dieser Gruppen entwickelt eine eigene Subkultur, bietet den Mitgliedern Rollen an und beeinflusst das individuelle Rollenverhalten.

Scheepers C, Steding-Albrecht U, Jehn P. Ergotherapie – Vom Behandeln zum Handeln. Stuttgart: Thieme; 2007


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