Laryngorhinootologie 2015; 94(11): 752-758
DOI: 10.1055/s-0034-1396857
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Elektromyografische Analyse der Halsmuskulatur bei simulierter Heckkollision an gesunden Probanden

Electromyographic Analysis of Neck Muscles at a Simulated Rear-end Impact in Healthy Subjects
A. Raven
1   HNO-Klinik, Universitätsklinikum Jena, Jena
,
G. F. Volk
1   HNO-Klinik, Universitätsklinikum Jena, Jena
,
J. Stadler
1   HNO-Klinik, Universitätsklinikum Jena, Jena
,
R. Graßme
2   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, FB Motorik, Pathophysiologie und Biomechanik, Universitätsklinikum Jena, Jena
3   Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe, Geschäftsbereich Prävention, Erfurt
,
C. Anders
2   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, FB Motorik, Pathophysiologie und Biomechanik, Universitätsklinikum Jena, Jena
,
O. Guntinas-Lichius
1   HNO-Klinik, Universitätsklinikum Jena, Jena
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

eingereicht 04 September 2014

akzeptiert 09 December 2014

Publication Date:
17 July 2015 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Trotz der Einführung von Sicherheitsgurten und Kopfstützen ereignen sich weiterhin schwere Halswirbelsäulen (HWS)-Verletzungen bei Verkehrsunfällen. In dieser Untersuchung wurde an gesunden Probanden überprüft, ob es anthropometrische Faktoren oder muskuläre Eigenschaften gibt, welche die Reflexzeiten während einer Heckkollision beeinflussen können.

Methoden: Bei 32 männlichen Probanden wurden anthropometrische Daten und die Maximalkraft der Halsmuskulatur bestimmt. Anschließend wurden die Probanden einer simulierten Heckkollision mit einer Geschwindigkeit von 2 km/h ausgesetzt. Der Aufprall wurde dem Probanden beim ersten Testdurchlauf vorher nicht angekündigt. Die Situation wurde mehrmals wiederholt, um den Effekt der Vorwarnung zu testen. Während der Untersuchung wurde die Muskelaktivität von Hals- und Schultermuskulatur mittels Oberflächen-Elektromyografie (EMG) abgeleitet.

Ergebnisse: Es bestand eine hohe Korrelation zwischen der Reflexzeit der vorderen Halsmuskulatur und der Kraft dieser Muskelgruppe (r=−0,75; r²=0,57). Außerdem stellte sich die Nackenlänge als individueller Einflussparameter auf die Reflexzeit dar (r=−0,67; r²=0,45). Als ein weiterer Einflussfaktor auf die muskuläre Reaktion während einer Kollision zeigte sich die Vorwarnung. So sind die Reflexzeiten der Probanden signifikant kürzer (p<0,05), wenn bekannt war, dass es zu einem Aufprall kommen wird oder wenn sich die Probanden aktiv auf die Kollision einstellen konnten.

Schlussfolgerung: Hohe Kraftwerte der vorderen Halsmuskulatur haben präventive Wertigkeit für die Reduktion beschleunigungsinduzierter Verletzungen. Der Einsatz und die Weiterentwicklung von Frühwarnsystemen in Pkws sollte unterstützt werden.

Abstract

Background: Despite the introduction of safety belts and head restraints, severe neck injuries still occur in traffic accidents. Whether there are anthropometric factors or muscular properties, that affect the reflex times during a rear-end collision, and if they have predictive value for the expected trauma, should be reviewed in this investigation.

Methods: In 32 male volunteers anthropometric data and the maximal strength of their cervical musculature were measured. Thereafter, the volunteers were subjected to a simulated rear-end collision with a speed of 2 km/h. The impending crash was not announced to the subjects during the first test run. The situation was repeated several times to test the effect of warning. During the investigation, the muscle activity of neck and shoulder muscles was derived with surface electromyography (EMG).

Results: There was a strong correlation between the reflex time of the anterior neck muscles and the strength of that muscle group (r=−0.75; r²=0.57). In addition, the neck length correlated to the reflex time (r=−0.67; r²=0.45). The warning provided for the volunteers influences the EMG as well. The reflex times of the subjects were shorter (p Alle statistischen Berechnungen wurden mit IBM SPSS Statistics (Version 18; IBM Inc., Armonk, USA), sowie dem Programm Excel, (Microsoft, Redmond, USA) vorgenommen. Die Reflexzeiten wurden den anthropometrischen Daten, sowie der Muskelkraft gegenübergestellt und nach Pearson korreliert. Als eine angemessene Korrelation wurde das Quadrat des Korrelationskoeffizienten bei Werten r²>0,4 festgelegt. Außerdem wurden die Mediane der Reflexzeiten, der verschiedenen Kollisionssituationen miteinander verglichen. Das Signifikanz-Niveau wurde auf p<0,05 festgelegt. 0.05), when they knew about the impending collision.

Conclusion: A high force capacity of anterior neck muscles has preventive value to reduce the consequences of whiplash accidents. The use and development of early warning systems in cars should be supported.