Transfusionsmedizin 2015; 5(1): 1-2
DOI: 10.1055/s-0034-1397540
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

panta rhei – Alles fließt und nichts bleibt;
es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln.

Platon
H. Klüter
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Publication Date:
20 February 2015 (online)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Bild der sich stetig ändernden Umgebung passt in jede Zeit und auch in die Medizin. Der „Fluss der Erkenntnis“ bewegt sich stetig weiter. Ruhig und gewaltig nimmt er uns mit und gibt uns Muße zur Betrachtung unserer Umgebung. Manchmal sehen wir mit Sorge Stromschnellen auf uns zukommen.

Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen helfen, uns mit dem Erkenntnisstrom zu bewegen. Sie sind nicht der Ast, an den wir uns klammern, wenn der Strom unter uns vorbeirauscht, sondern sie sind das Boot mit dem wir uns auf ihm fortbewegen. Unsere jeweilige Position bezeichnen wir als „Stand von Wissenschaft und Technik“.

Als ein klinisch interdisziplinäres Fach zielt die Transfusionsmedizin auf die sichere hämotherapeutische Behandlung der Patienten ab. Dabei wurden in jüngster Zeit die Interventionsschwellen für die Transfusion allgemein restriktiver gefasst. Die Basis hierfür ist eine umfängliche und schnelle Verfügbarkeit von Blutpräparaten. Bei der Versorgung von Patienten mit einer Thrombozytopenie erleben wir derzeit einen Paradigmenwechsel. Nicht mehr die vorbeugende, prophylaktische Thrombozytengabe, die sich an Transfusionstriggern orientiert, sondern die klinischen Zeichen der Thrombozytopenie, also Blutungszeichen rücken in den Fokus der Betrachtung. Im Beitrag von Hannes Wandt et al. werden die unterschiedlichen Indikationen für die Gabe von Thrombozytenkonzentraten erörtert und angepasste Therapieempfehlungen unterbreitet. Auch den Autoren ist bewusst, dass sich die Behandler auf einen neuen Abschnitt des Erkenntnisflusses begeben. Deshalb ist Ausschau zu halten nach Unwägbarkeiten und Risiken. Fest steht aber schon jetzt, dass auch dieser Paradigmenwechsel hin zu einer therapeutischen Indikationsstellung von der weiterhin hohen Bereitschaft vieler Blutspender und Blutspenderinnen abhängt. Denn erst durch diese allgemeine Spendebereitschaft ist ein Einsatz von Thrombozytenkonzentraten mit jeweils kurzer Vorlaufzeit möglich.

Es wird die Aufgabe der Transfusionsmedizin sein, dieses neue Versorgungskonzept den Blutspendewilligen einerseits und den klinischen Partner andererseits zu vermitteln. Der alleinige Blick auf den Patienten reicht hier nicht aus. Notfalls müssen bei einer therapeutischen Indikationsstellung schnell kompatible Thrombozytenpräparate in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen. Die Vorhaltung von Präparaten fördert somit nicht den Blutverbrauch, sondern sie erlaubt im Gegenteil ihren restriktiven Einsatz. Wie man bedarfsorientiert die Haltbarkeit und Nutzungsdauer der Thrombozytenkonzentrate mit modernen Labormethoden qualitätsorientiert verlängern kann, wird von Karin Janetzko und Michael Schmidt im Praxistipp beschrieben.

Zu den grundlegenden Basismaßnahmen der Notfallbehandlung und einer intensivmedizinischen Therapie zählt, durch Flüssigkeitssubstitution das zirkulierende Blutvolumen aufrechtzuerhalten. Kristalloide und kolloidale Volumenersatzstoffe stehen hierfür zur Verfügung. Im CME-Fortbildungsbeitrag dieser Ausgabe gehen Matthias Heringlake et al. auf das Für und Wider beim Einsatz der verschiedenen Infusionslösungen zur Volumentherapie unter Berücksichtigung physiologischer und pathophysiologischer Aspekte sowie vor dem Hintergrund aktueller Studien und Empfehlungen ein. Dass hier der Erkenntnisstrom durch eine unruhige Periode fließt und gerade eine Vielzahl neuer Studien und Bewertungen publiziert werden, macht den Beitrag umso lesenswerter. Die Autoren bemühen sich um klare Empfehlungen für die Praxis. Diese schließen die aktuellen Verwendungsoptionen für Hydroxyethylstärke (HAES) wie auch für Humanalbumin als natürliches Kolloid ein.

Alles fließt! Lassen wir uns darauf ein, den Strom der Erkenntnis weiter zu erkunden. Wir warten gespannt auf Ihre Kommentare.

Viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe.

Ihr