Transfusionsmedizin 2015; 5(04): 163-164
DOI: 10.1055/s-0034-1398040
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wissen schafft Zukunft

Rainer Blasczyk
Further Information

Publication History

Publication Date:
01 December 2015 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich bin immer wieder erstaunt, wenn mir vor Augen geführt wird, wie vielseitig Transfusionsmedizin ist, wie umfangreich die Schnittstellen zu anderen Fächern sind und wie individualisiert die therapeutischen Konzepte sind. Der Claim zum neuen Logo unserer Fachgesellschaft „Die Gesellschaft für Blut, Zellen und Gewebe“ könnte daher besser nicht sein.

Ich freue mich deswegen ganz besonders, dass wir in dieser Ausgabe auch einen Beitrag zu Gewebe und Gewebebanken aufnehmen konnten. In ihrer Übersicht beschreiben A. Pruß, U. Kalus und J. Schroeter ausführlich den aktuellen Stand und die Herausforderungen des modernen Tissue Bankings. Das Führen von Gewebebanken bedarf einer enormen interdisziplinären Kommunikation und Zusammenarbeit. Eine Vielzahl klinischer Disziplinen wird mit Gewebezubereitungen versorgt und stellt große Herausforderungen auch an die fachübergreifende Richtlinienkompetenz.

Im Jahre 2002 wurde durch die Entdeckung der Abacavir-vermittelten Hypersensitivität der Grundstein für HLA-restringierte Arzneimittelunverträglichkeiten gelegt. Seitdem wurden für eine Vielzahl weiterer Arzneimittel HLA-assoziierte Unverträglichkeiten identifiziert und die Mechanismen zunehmend aufgeklärt. In ihrem CME-Beitrag fassen H. Kunze-Schumacher und C. Bade-Döding den aktuellen Stand zusammen und erläutern detailliert, welche molekularen Grundlagen zur Unverträglichkeit führen. Dieses Gebiet wird zunehmend an Bedeutung gewinnen und als Teilgebiet der Pharmakogenetik zum festen Bestandteil individualisierter Therapien werden.

Bei der Thrombozytenrefraktärität denken wir überwiegend an immunologische Ursachen, insbesondere an Anti-HLA-Antikörper. Dass in vielen Fällen auch nicht-immunologische Ursachen vorliegen können, wird in der spannenden Kasuistik von H. Wandt und K. Schäfer-Eckart deutlich. Allerdings ist bei Vorhandensein einer immunlogischen Ursache ein individualisiertes Vorgehen erforderlich, dass derzeit nur durch einen gut charakterisierten Spenderpool möglich ist. Blood-Pharming von Thrombozyten aus induzierten pluripotenten Stammzellen mit gentechnisch inaktivierter HLA-Expression könnte eine Alternative werden und wird im Forum referiert.

Die neue „Richtlinie zur Herstellung und Anwendung von hämatopoetischen Stammzellzubereitungen“ wird von M. Wiesneth vorgestellt. Hier dürfen wir als Fortschritt verbuchen, dass der Begriff „hämatopoetische Stammzellzubereitungen“ jetzt erstmals alle Stammzellzubereitungen aus peripherem Blut, Nabelschnurblut oder Knochenmark zusammenfasst. Wir können gespannt sein, ob es dem Gesetzgeber gelingen wird, auch eine einheitliche gesetzliche Lösung für Stammzellpräparate auf die Beine zu stellen, da die bislang uneinheitlichen Regelungen im Transfusionsgesetz, Transplantationsgesetz und Arzneimittelgesetz mit kaum nachvollziehbaren Hürden verbunden sind.

Im Praxistipp fasst C. Süsal die vor kurzem verabschiedeten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Immungenetik für die Bestimmung der für die Organallokation entscheidenden nicht-akzeptablen HLA-Antigendifferenzen zusammen. Mit diesen Empfehlungen wird eine Harmonisierung des virtuellen Crossmatchs zur Allokation von Spendernieren an immunisierte Patienten angestrebt, die an verschiedenen Transplantationsstandorten auf der Warteliste stehen.

Ich freue mich, Ihnen eine Ausgabe der Transfusionsmedizin vorlegen zu können, die unserem Claim „Gesellschaft für Blut, Zellen und Gewebe“ in seiner ganzen Vielfalt gerecht wird und die Fruchtbarkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit deutlich macht. Ich bin zwar nicht mehr jung genug, um alles zu wissen, aber ich weiß, Wissen schafft Zukunft und Zusammenarbeit führt zum Erfolg.

In diesem Sinne wird auch unsere nächste Jahrestagung als Joint-Kongress mit der Deutschen Gesellschaft für Immungenetik (DGI) in Nürnberg vom 7. bis zum 10.  September 2016 stattfinden – organisiert durch das Team Erlangen. Wir dürfen uns schon jetzt freuen.

Für das Herausgeberteam