Faszientherapie ist keine manualmedizinische Domäne
Faszientherapie ist keine manualmedizinische Domäne
Abb.: S. Oldenburg
Dr. Thomas Kia, Facharzt für Chirurgie, Notfallmedizin und Osteopathie aus Darmstadt, stellte das
Fasziensystem als ein interaktives Organ vor, das von zahlreichen anderen Körpersystemen
beeinflusst wird. Er machte deutlich, dass die gerade angesagte, oft rein biomechanische
Sichtweise dem komplexen Fasziensystem nicht gerecht wird. Faszien kommunizieren mit
vielen anderen Systemen, zum Beispiel dem Immunsystem und dem Verdauungstrakt. Folglich
haben unsere Ernährung, Umweltgifte und Stress Einfluss auf das Fasziengewebe. Es
hat also in der Regel keinen Sinn, dem Fasziengewebe ganz auf der Struktur- und/oder
Trainingsebene zu begegnen. Eine sinnvolle Faszientherapie erfordert eine multikausale
Diagnostik und eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Beraten ohne Ratschläge
Abb.: S. Oldenburg
Karin Probst aus Ulm bietet Coaching, Training und Beratung an. Sie demonstrierte auf der Bühne,
wie wir professionell und stimmig auftreten und kommunizieren können. Die unterschiedliche
Sprechweise, Gestik und Mimik der Schauspielerin und Theaterpädagogin faszinierte
und fesselte die Zuhörer von Anfang an. Mit Aussagen zum Schmunzeln und Nachdenken
lockerte sie ihren Vortrag auf: „Wenn jemand denkt, er hat Recht, rate ich ihm, einen
Kaffee zu trinken und abzuwarten, bis sich der Irrtum klärt!“ Oder: „Wenn jemand zu
Ihnen sagt ,Sie sind inkompetent‘, fragen Sie einfach nach, was derjenige unter Kompetenz
versteht.“
Beratung sieht Probst als wichtigen Erfolgsfaktor für die therapeutische Arbeit. Sie
wirbt dafür, zu beraten, ohne Ratschläge zu erteilen. Es gehe bei einer kompetenten
Beratung darum, Hilfen für die Selbstwahrnehmung und Reflexion anzubieten.
Frauen legen Wert auf warme Therapieräume
Betriebe suchen Profis – nur Physiowissen reicht nicht
Betriebe suchen Profis – nur Physiowissen reicht nicht
Abb.: S. Oldenburg
Cornelia Schneider hat sich auf Gesundheitsmanagement spezialisiert. Sie erläuterte prägnant und eindrücklich
die sieben Erfolgsfaktoren des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM). Wobei ihr
wichtig ist, die Begriffe BGM, BGF (betriebliche Gesundheitsförderung) und PGF (persönliche
Gesundheitsförderung) klar zu unterscheiden. Physiotherapeuten können in all diesen
Bereichen tätig sein und bringen fachlich beste Voraussetzungen dafür mit. Dennoch
brauche es, um professionell mit Unternehmen in Kontakt zu treten und erfolgreich
zusammenzuarbeiten, eine gezielt gewählte Weiterbildung.
Ziele des eigenen Unternehmens sind entscheidend
Ziele des eigenen Unternehmens sind entscheidend
Abb.: S. Oldenburg
Denkanstöße für Praxisinhaber und leitende Therapeuten gab Michael Preibsch. Er ist Praxisinhaber, Landesvorsitzender von Baden-Württemberg und im Bundesvorstand
von PHYSIO-DEUTSCHLAND. Nach Preibsch sei es effizienter, einen fachlich hoch qualifizierten
Therapeuten Patienten behandeln zu lassen, anstatt ihm Management-Aufgaben zu geben.
Als Vorgesetzter solle man die Stärken seiner Mitarbeiter nutzen und deren Schwächen
kennen. Als Grundsätze wirksamer Teamführung postulierte Preibsch zwei Dinge: Es zählen
die Ergebnisse, nicht die Anzahl der Fortbildungen, die ein Mitarbeiter vorzuweisen
hat. Zudem komme es darauf an, die Unternehmensziele im Blick zu haben und nicht die
eines jeden Einzelnen.
Klinische Muster der HWS erkennen und behandeln
Ab dem 5. Tag nach Schlaganfall ist eine Prognose möglich
Ab dem 5. Tag nach Schlaganfall ist eine Prognose möglich
Abb.: S. Oldenburg
Den Neuroreha-Tag am Samstag eröffnete Prof. Martin Lotze. Der Neurologe von der Uni Greifswald gab einen Überblick über die Prävalenz, die
Risikofaktoren, Früherkennung, Diagnostik und Therapie in der Akutphase nach Schlaganfall.
An einem Fallbeispiel veranschaulichte er die „Zeitreise“ vom Eintreten des Schlaganfalls
bis zum Beginn der Neuroreha. Erst ab dem fünften Tag könne man die Prognose für den
Rehaverlauf bis zu 82 Prozent richtig einschätzen, zum Beispiel mit Hilfe des PREP
algorithm (Predicting Recovery Potential) oder des SAFE scores (Shoulder Abduction
and Finger Extension; Range 0–10). Das sei hilfreich für die Planung der Interventionen.
Sein Fazit für die Reha: Patienten schnell in eine aktive Position bringen, fokusorientiert
üben, Priming und bilaterale sensorische Stimuli nutzen.
Eigenübungen bei Schlaganfall sind das A und O
Eigenübungen bei Schlaganfall sind das A und O
Abb.: S. Oldenburg
Prof. Dr. Dettmers, Neurologe der Kliniken Schmieder Konstanz, stellte zu Beginn eine provokante Frage:
„Wie viel Einfluss haben physiotherapeutische Interventionen auf die Outcomes der
Rehabilitation nach Schlaganfall?“ Die 80 Prozent, die aus dem Publikum genannt wurden,
widerlegte er ernüchternd mit Studienergebnissen. Es seien im Durchschnitt lediglich
5 bis 10 Prozent. Ein Raunen ging durchs Publikum. Doch Dettmers betonte, dass er
die Arbeit der Physiotherapie sehr schätze und differenzierte: Der größte Prädiktor
nach Schlaganfall sei der neurologische Befund und wie stark der Patient zum Aufnahmezeitpunkt
in seinen ADL eingeschränkt sei. Abhängig davon gebe es Patientengruppen, die mehr
oder weniger auf eine aufgabenorientierte Therapie wie CIMT (Constraint-Induced Movement
Therapy) ansprechen. Untersuchungen zu CIMT zeigen, dass er ein sehr wirksamer Ansatz
sei, der unglaubliche Effekte aufweise, die in Follow-up-Messungen nachgewiesen werden
konnten. Dafür müsse der Patient aber repetitiv, aufgabenorientiert im Alltag üben,
die betroffene Seite bewusst einsetzen und Verantwortung für seine Rehabilitation
übernehmen (Transfer Package). Die Schulung der Patienten sei wichtig, ebenso die
Beratungskompetenzen der Physiotherapeuten.
Strategietraining bei Apraxie wirkungsvoll
Sport in der Neuroreha
Abb.: S. Oldenburg
Prof. Klaus Pfeiffer, Sportwissenschaftler aus Erlangen, zeigte, dass verhaltensbezogene Maßnahmen das
Training erleichtern. Patienten brauchen professionelle Beratung und Steuerung durch
Therapeuten, denn sie müssen nicht nur trainieren wollen, sondern auch wissen, wie
es geht, und Spaß dabei haben. Bewegungstagebücher, BewegungsApps, Fitnesstracker
fördern die Mitarbeit der Patienten und motivieren sie. Der emotionale Faktor darf
nicht zu kurz kommen.
Kongressvideo
Einfach QR-Code mit dem Smartphone scannen und eintauchen in die schöne Stimmung von
physiokongress, ergotag und Messe TheraPro.