Dialyse aktuell 2015; 19(03): 132-134
DOI: 10.1055/s-0035-1549462
Magazin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Knopflochpunktion – Eine bekannte Punktionsmethode ohne praktische Erfahrung

Further Information

Publication History

Publication Date:
17 April 2015 (online)

 
 

Dieser Artikel beschreibt die erstmalige Anwendung der sogenannten konstanten Punktion als Vorgänger der Knopflochpunktion, die Entwicklung des Begriffs „Buttonhole-Technik“ und den Anwendungsprozess der Knopflochpunktion nach dem aktuellem Stand des Wissens.

Mit der Einführung der Cimino-Brescia-Fistel 1966 wurde die Vielfachpunktion der nativen arteriovenösen Fistel (AV Fistel) erst möglich. Trotz Erfahrungswerte von über 50 Jahren in der Anlage und Punktion von AV-Fisteln haben sich die Langzeitergebnisse bisher nicht verbessert [ 1 ]. Alle Fachgesellschaften empfehlen die Anwendung der Strickleiterpunktion.

In der Praxis kommt es aber in bis zu 70 % der Fälle zur Anwendung der Arealpunktion, wie in einer Erhebung in 2009 von NephroCare gezeigt wurde [ 2 ]. Die Knopflochpunktion ist die einzige Punktionstechnik, die zu keiner dilatativen oder aneurysmatischen Veränderung der Shuntvene führt [ 3 ]. Trotzdem konnte sie sich bisher nicht durchsetzen.

Von der Constant-Site-Punktion zur Knopflochpunktion

Twardowski et al. beschrieben 1977 erstmalig ihre Erfahrungen in der Punktion gleicher Punktionsstellen bei einer nativen AV-Fistel und nannten diese Methode Constant-Site-Technik [ 4 ]. Krönung verwendete 1984 erstmalig den Begriff „buttonhole puncture technique“ (Knopfloch-Punktions-Technik) und beschrieb, dass diese Methode vermutlich die beste Technik darstellt, da sie zu keiner aneurysmatischen Erweiterung oder Stenosenbildung der Shuntvene führt [ 3 ]. Die Knopflochpunktion selbst ist eine Punktionstechnik, die zu jeder Dialyse exakt die gleichen Punktionsstellen nutzt, ähnlich einem Piercing oder dem Einführen eines Ohrrings.

Der Kanülendurchmesser, die Kanülenlänge, der Punktionswinkel und die Punktionsrichtung müssen bei jeder Punktion identisch sein. In der Folge bildet sich innerhalb einer Zeitspanne von ca. 3–4 Wochen ein bindegewebiger Tunnel („track“), der die Funktion einer Führungsschiene für die zukünftigen Punktionen übernimmt [ 5 ]. Vorteile der Knopflochpunktion sind keine aneurysmatischen Veränderungen an der Shuntvene, ein geringerer Punktionsschmerz und eine sichere Punktion bei schwierigem Shunt (Tab. [ 1 ]). Ein bedeutender Nachteil ist das gehäufte Auftreten von Infektionen [ 6 ].

Zoom Image
Tab. 1 Vor- und Nachteile der Knopflochpunktion.

Indikationen für die Knopflochpunktion sind eine kurze Punktionsstrecke, eine gelenküberschreitende Punktionsstrecke und eine schwierige Punktion bei einer funktionstüchtigen AV-Fistel [ 7 ]. Die Knopflochpunktion eignet sich insbesondere bei der Selbstpunktion. Kontraindikationen sind der Prothesenshunt sowie mangelnde Körperhygiene bzw. Compliance des Patienten. Ein manuelles Entfernen des Punktionsschorfs durch Abkratzen führt unweigerlich zu einer Infektion.


#

Gründe für den Einsatz einer Knopflochkanüle

Konventionelle Punktionskanülen für die Hämodialyse besitzen einen Facettenschliff – das bedeutet, dass die Kanülenspitze halbseitig scharf angeschliffen ist und bei der Punktion schneidet (Abb. [ 1 ]). Die Kanülenspitze der Knopflochkanüle ist halbscharf und schneidet damit nicht (Abb. [ 2 ]). Dadurch ist der Vorschiebewiderstand beim Einführen der Kanüle deutlich höher, was unerfahrene Punkteure häufig verunsichert.

Zoom Image
Abb. 1 Scharfe Kanüle (Facette, Anticoring).
Quelle: Bionic Medizintechnik GmbH
Zoom Image
Abb. 2 Knopflochkanüle.
Quelle: Bionic Medizintechnik GmbH

Zur Ausbildung des Tunnels werden zu Beginn „scharfe Punktionskanülen“ über einen Zeitraum von etwa 9 Punktionen eingesetzt. Nach der Fertigstellung des Tunnels wird auf die halbscharfe Knopflochkanüle gewechselt. Dies vermeidet Schnittverletzungen der Tunnelwand beim Einführen der Kanüle. Knopflochkanülen sind in allen gebräuchlichen Größen von 14 Gauge bis 16 Gauge erhältlich.


#

Anlegen der Knopflochpunktionsstellen und Punktionsprozess

Zum Festlegen der Punktionsstellen ist die AV-Fistel klinisch zu untersuchen. Die Punktionsstellen sollen in intakter Haut, an einer einfach zu punktierenden Stelle, außerhalb von aneurysmatischen Veränderungen bei vorhandenem Patientenkomfort (bequemes Abdrücken, außerhalb der Ellenbeuge) angelegt werden [ 8 ]. Die Anlage von 2–3 Punktionsstellen bei einer 2-Kanülen-Punktion ist ausreichend [ 9 ]. Zur Tunnelbildung werden konventionelle Kanülen eingesetzt.

Der Punktionswinkel ist von der Lage der Vene anhängig, bei tiefen Venen eher steiler, bei oberflächlichen Venen mit einem flacheren Winkel. Für die Tunnelbildung ist es wichtig, dass der Shuntarm zu jeder Punktion gleich gelagert wird. Es wird empfohlen, dass max. 2–3 Personen die Punktionen in der Phase der Tunnelbildung durchführen, um immer den gleichen Winkel einhalten zu können [ 10 ].

Nach ca. 9 Punktionen pro Punktionsstelle ist der Tunnel ausgebildet. Merkmale für einen fertigen bindegewebigen Tunnel sind das Nachlassen des Vorschiebewiderstandes beim Einbringen der Kanüle, ein gutes Abheilen, eine runder werdende Punktionsstelle sowie leichter zu entfernender Schorf vor der Punktion [ 9 ]. Dies ist der Zeitpunkt zum Wechsel auf die Knopflochkanüle. Nach erfolgreicher Punktion mit der Knopflochkanüle kann die Punktion nun von einem größeren Team übernommen werden, welches Kenntnisse über die Knopflochtechnik besitzt.

Erfahrene Punkteure beschreiben, dass die Knopflochkanüle ihren Weg im Tunnel besser findet, indem man die Kanüle hinter den Flügeln am Kanülenschlauch fasst und diese unter drehender Bewegung langsam einführt (Abb. [ 3 ]). Dies reduziert das Risiko von Tunnelwandverletzungen. Diese Technik der Kanülenführung soll so früh wie möglich angewendet werden, also auch schon in der Phase der Tunnelbildung mit scharfen Kanülen.

Zoom Image
Abb. 3 Handhabung der Knopflochkanüle: Die Kanüle wird hinter den Flügeln am Kanülenschlauch gefasst und unter drehender Bewegung langsam in den Tunnel eingeführt.
Quelle: Martin Stuber

#

Schorfentfernung und Shuntdesinfektion: der Schlüssel zur Vermeidung von Infektionen

Vor jeder Punktion muss der Punktionsschorf aseptisch und atraumatisch entfernt werden. Ein vorgeweichter Schorf, z. B. durch Auflegen angefeuchteter Kompressen oder antiseptischer Cremes, ist leichter zu entfernen. Vor der Schorfentfernung ist dieser zu desinfizieren und anschließend aseptisch zu entfernen. Dafür eignen sich sterile Aufziehkanülen, welche eine stumpfe Spitze haben.

Nach der Schorfentfernung ist die schorffreie Punktionsstelle erneut zu desinfizieren, ehe die Punktionskanüle in den Tunnel eingeführt wird. Im Folgenden finden Sie den kompletten Prozess in Stichworten zusammengefasst:

  • standardisierte Lage des Armes

  • Desinfektion Schorf, Einhalten der Einwirkzeit

  • atraumatische, aseptische Schorfentfernung

  • erneute Desinfektion der schorffreien Punktionsstelle

  • Einführen der Kanüle in den Punktionskanal

  • Fixierung der Kanülen nach Zentrumsstandard


#

Entfernen der Kanüle und Kompression der Knopflochtunnel

Das Entfernen der Kanülen, das Abdrücken der Punktionsstellen sowie die Abdrückzeit unterscheiden sich nicht von der Strickleiterpunktion. Teilweise wird bei der Knopflochpunktion von kürzeren Abdrückzeiten im Vergleich zu Strickleiterpunktion berichtet [ 5 ].


#

Experten für die Knopflochpunktion ausbilden

So einfach, wie die Knopflochpunktion scheint, so schwierig ist deren Anwendung ohne Fachwissen und bei fehlenden praktischen Erfahrungswerten. Studien zeigen positive [ 11 ], [ 12 ] sowie negative Ergebnisse mit dieser Technik [ 13 ]. Es fällt auf, dass die Studienergebnisse aus Einrichtungen mit Erfahrungswerten zur Knopflochpunktion deutlich bessere Ergebnisse erzielen. Die Teilnahme an Seminaren zur Knopflochpunktion und der regelmäßige Austausch von Knopflochexperten sind somit ein wichtiges Element für die Einführung dieser Technik.


#

Zusammenfassung

Es ist anzustreben, dass in allen Dialysezentren einzelne Mitarbeiter über Kenntnisse der Knopflochtechnik verfügen, um fertige Knopflochtunnel z. B. von Gastpatienten punktieren zu können sowie auch eigene Zentrumspatienten im Einzelfall auf die Knopflochtechnik umzustellen. Die Teilnahme an Seminarangeboten zur Knopflochpunktion, Inhouse-Schulungen sowie die Beteiligung an Expertentreffen zur Knopflochpunktion sorgen dafür, dass interessierte Mitarbeiter zu Experten der Knopflochtechnik werden.

Die interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Dialysezugänge e. V. (IAD; www.dialysezugang.de) hat 2014 in Stuttgart ein internationales Expertentreffen zur Knopflochpunktion durchgeführt. Auf der Homepage der IAD ist eine Adressliste dieser Knopflochexperten bzw. Bildungsanbieter veröffentlicht. Eine Hospitation in den Zentren oder Inhouse-Schulungen sind auf Anfrage möglich.

Beate Spindler, Leitung ifw-Regionalbüro Stuttgart


#
#
  • Literatur

  • 1 Mickley V. Fachtagung der Vascular Access-Society, Baden-Baden, 2002.
  • 2 Implementation of a New Cannulation Technique: A Structured Approach. Im Internet: http://www.edtna-erca-ljubljana2011.com Stand: 16.03.2015
  • 3 Krönung G. Plastic deformation of Cimino fistula by repeated puncture. Dial Transplant 1984; 13: 635-638
  • 4 Twardowski Z, Lebek R, Kubara H. [6-year experience with the creation and use of internal arteriovenous fistulae in patients treated with repeated hemodialysis]. [Article in Polish]. Pol Arch Med Wewn 1977; 57: 205-214
  • 5 Ball LK, Treat L, Riffle V et al. A multi-center perspective of the Buttonhole Technique in the Pacific Northwest. Nephrol Nurs J 2007; 34: 234-241
  • 6 Doss S, Schiller B, Moran J. Buttonhole cannulation--an unexpected outcome. Nephrol Nurs J 2008; 35: 417-419
  • 7 Fachverband nephrologischer Berufsgruppen. Gefäßzugang zur Hämodialyse – Empfehlungen der Arbeitsgruppe Pflege (GHEAP). . 2. Aufl. 2012
  • 8 Im Internet: http://www.esrdnetwork18.org/pdfs/QI%20-%20Educ%20Resources%20PP%20Presentations/Buttonhole%20Cannulation%20Technique%201%2007.pdf Stand: 16.03.2015
  • 9 van Loon MM, Govaerts TT, Kessels AG et al. Buttonhole needling of haemodialysis arteriovenous fistulae results in less complications and interventions compared to the rope-ladder technique. Nephrol Dial Transplant 2010; 25: 225-230
  • 10 Murcutt G et al. Die Punktion bei der Hämodialyse: Strickleiter- oder Knopflochtechnik. EDTNA/ERCA Journalclub-Diskussion. J Ren Care 2008; 34
  • 11 Verhallen AM, Kooistra MP, van Jaarsveld BC. Cannulating in haemodialysis: rope-ladder or buttonhole technique? . Nephrol Dial Transplant 2007; 22: 2601-2604
  • 12 Smyth W, Hartig V, Manickam V. Rope-ladder and buttonhole cannulation: differences in a tropical renal service. VAS 8th International Congress, 25.–27.04.2013, Prag (Tschechien)
  • 13 MacRae JM, Ahmed SB, Atkar R, Hemmelgarn BR. A randomized trial comparing buttonhole with rope ladder needling in conventional hemodialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2012; 7: 1632-1638

  • Literatur

  • 1 Mickley V. Fachtagung der Vascular Access-Society, Baden-Baden, 2002.
  • 2 Implementation of a New Cannulation Technique: A Structured Approach. Im Internet: http://www.edtna-erca-ljubljana2011.com Stand: 16.03.2015
  • 3 Krönung G. Plastic deformation of Cimino fistula by repeated puncture. Dial Transplant 1984; 13: 635-638
  • 4 Twardowski Z, Lebek R, Kubara H. [6-year experience with the creation and use of internal arteriovenous fistulae in patients treated with repeated hemodialysis]. [Article in Polish]. Pol Arch Med Wewn 1977; 57: 205-214
  • 5 Ball LK, Treat L, Riffle V et al. A multi-center perspective of the Buttonhole Technique in the Pacific Northwest. Nephrol Nurs J 2007; 34: 234-241
  • 6 Doss S, Schiller B, Moran J. Buttonhole cannulation--an unexpected outcome. Nephrol Nurs J 2008; 35: 417-419
  • 7 Fachverband nephrologischer Berufsgruppen. Gefäßzugang zur Hämodialyse – Empfehlungen der Arbeitsgruppe Pflege (GHEAP). . 2. Aufl. 2012
  • 8 Im Internet: http://www.esrdnetwork18.org/pdfs/QI%20-%20Educ%20Resources%20PP%20Presentations/Buttonhole%20Cannulation%20Technique%201%2007.pdf Stand: 16.03.2015
  • 9 van Loon MM, Govaerts TT, Kessels AG et al. Buttonhole needling of haemodialysis arteriovenous fistulae results in less complications and interventions compared to the rope-ladder technique. Nephrol Dial Transplant 2010; 25: 225-230
  • 10 Murcutt G et al. Die Punktion bei der Hämodialyse: Strickleiter- oder Knopflochtechnik. EDTNA/ERCA Journalclub-Diskussion. J Ren Care 2008; 34
  • 11 Verhallen AM, Kooistra MP, van Jaarsveld BC. Cannulating in haemodialysis: rope-ladder or buttonhole technique? . Nephrol Dial Transplant 2007; 22: 2601-2604
  • 12 Smyth W, Hartig V, Manickam V. Rope-ladder and buttonhole cannulation: differences in a tropical renal service. VAS 8th International Congress, 25.–27.04.2013, Prag (Tschechien)
  • 13 MacRae JM, Ahmed SB, Atkar R, Hemmelgarn BR. A randomized trial comparing buttonhole with rope ladder needling in conventional hemodialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2012; 7: 1632-1638

 
Zoom Image
Tab. 1 Vor- und Nachteile der Knopflochpunktion.
Zoom Image
Abb. 1 Scharfe Kanüle (Facette, Anticoring).
Quelle: Bionic Medizintechnik GmbH
Zoom Image
Abb. 2 Knopflochkanüle.
Quelle: Bionic Medizintechnik GmbH
Zoom Image
Abb. 3 Handhabung der Knopflochkanüle: Die Kanüle wird hinter den Flügeln am Kanülenschlauch gefasst und unter drehender Bewegung langsam in den Tunnel eingeführt.
Quelle: Martin Stuber