Z Orthop Unfall 2015; 153(02): 131
DOI: 10.1055/s-0035-1550348
Junges Forum
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Operieren in der Schwangerschaft – Neue Website informiert über Rahmenbedingungen

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Publication Date:
21 April 2015 (online)

 

    Unter www.OPidS.de stellen das Junge Forum der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (JuFo OU) und das Perspektivforum Junge Chirurgie der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie Informationen zum Thema „Operieren in der Schwangerschaft“ zur Verfügung. Neben rechtlichen Grundlagen und Hintergrundinformationen werden auch individuelle Beispiele vorgestellt.

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    Das JuFo OU erhielt 2012 von der Fachgesellschaft den Auftrag ein Positionspapier Familie und Beruf zu erstellen. In Zusammenarbeit mit dem Perspektivforum Junge Chirurgie kristallisierte sich sehr schnell ein gemeinsamer Brennpunkt heraus: Was die Chirurgie von anderen ärztlichen Disziplinen unterscheidet ist die operative Tätigkeit!

    Zwei Drittel der Studienanfänger in der Medizin sind Frauen und bei Berufseinsteigerinnen stellen Ärztinnen inzwischen knapp 60 %. Bereits mehr als 50 % der aktiv chirurgisch tätigen Weiterbildungsassistenten sind weiblich und es muss von geschätzt 1000 bis 1500 schwangeren (Zahn-)Ärztinnen pro Jahr in Deutschland ausgegangen werden.

    Schwangere Ärztinnen in der Chirurgie sind also ein hochaktuelles Thema. Ihr Einsatz im OP-Saal scheitert allerdings meist an der unzeitgemäßen Auslegung der Gesetzestexte von 1952. Dabei schließen weder das Mutterschutzgesetz noch die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz den Umgang mit schneidenden und stechenden Instrumenten und somit einen Einsatz im Operationssaal explizit aus. Seitens der Arbeitgeber finden sich erhebliche Unsicherheiten. Die größten Bedenken bestehen beim Einsatz von Narkosegasen, Röntgenstrahlen und dem Infektionsrisiko.

    Seit Verabschiedung des Mutterschutzgesetzes hat die Medizin jedoch enorme Fortschritte erfahren und so stellt sich die Frage, ob nicht bestimmte Regelungen des Mutterschutzes diesem Fortschritt angepasst werden müssen. Narkosegase können heute in den allermeisten Fällen durch intravenöse oder regionale Narkoseverfahren ersetzt werden. Laut Röntgenverordnung von 2002 ist der Einsatz von Schwangeren zum Erreichen Ihres Ausbildungsziels auch im Kontrollbereich möglich. Durch die Einführung stichsicherer Instrumente und dem Anstieg minimalinvasiver sowie arthroskopischer Verfahren sinkt die Gefahr einer Nadelstichverletzung. Die aktuelle Literatur zeigt, dass bei einem adäquaten Immunstatus der Schwangeren und durch ein präoperatives Screening der Patienten auf HCV und HIV bei elektiven Eingriffen das Infektionsrisiko auf ein medizinisch vertretbares Maß minimiert werden kann.

    Das heute weit verbreitete Vorgehen, die Schwangerschaft so lange wie möglich geheim zu halten, um nicht auf dem „Abstellgleis“ geparkt zu werden, kann nicht die Lösung sein. Denn nur wer seine Schwangerschaft bekannt gibt, kann auch sinnvoll vom Mutterschutz profitieren. Es darf jedoch im Umkehrschluss nicht zu einem zwangsweisen Einsatz im OP-Saal kommen, d. h. die Ärztin muss frei entscheiden können, ob sie während ihrer Schwangerschaft ihrer operativen Tätigkeit weiter nachgehen möchte. Laut einer im Oktober 2014 veröffentlichten deutschlandweiten Erhebung unter Frauenärztinnen und Chirurginnen setzten 88 % der befragten Schwangeren aus eigener Motivation ihre operative Tätigkeit bis zur Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft fort.

    Unter der Federführung von Dr. Maya Niethard (Leiterin der Sektion Familie und Beruf des JuFo OU) und Dr. Stefanie Donner (stellv. Leiterin der Sektion Familie und Beruf des JuFo OU) wurde das Positionspapier „OPidS“ (Operieren in der Schwangerschaft) gemeinsam mit Teilnehmern des Perspektivforums Junge Chirurgie in mehreren Workshops erarbeitet. Durch entsprechende Expertenmeinungen und juristische Beratung spiegelt es die aktuelle Rechts- und Datenlage wieder. Die entsprechende Literatur ist direkt abrufbar. Erste Positivlisten und Empfehlungen unterschiedlicher Fachbereiche liegen vor. Eine übersichtliche Checkliste ermöglicht ein strukturiertes Vorgehen, genauso wie ein Musterbeispiel einer individuellen Gefährdungsbeurteilung. Um die Aktualität der Informationen gewährleisten zu können, sind diese unter www.OPidS.de online abrufbar.

    Das Projekt „OPidS“ wurde im Juni 2014 mit dem FamSurg Sonderpreis – einem Förderprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union (ESF) – ausgezeichnet.

    Ziel des Positionspapiers „Operieren in der Schwangerschaft“ ist es, der mündigen schwangeren Chirurgin ein Mitbestimmungsrecht zu geben, um unter bestmöglichen Schutzmaßnahmen – den Errungenschaften des Mutterschutzgesetzes entsprechend – ihre operative Tätigkeit fortzusetzen und den Arbeitgeber rechtlich abzusichern.

    Das Positionspapier stellt einen Meilenstein für alle zukünftigen Chirurginnen dar, die mit viel Ehrgeiz und persönlichem Engagement den Weg der Chirurgie beschritten haben. Es bietet Lösungsansätze für den bisher oft als problematisch eingestuften Umgang mit schwangeren Chirurginnen im Klinikalltag. Es führt zu einem offeneren Umgang mit dem Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ermöglicht es, einen Knick in der beruflichen Karriere von Chirurginnen zu vermeiden.

    Dr. med. Maya Niethard, Berlin
    Dr. med. Stefanie Donner, Wiesbaden


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