Der Klinikarzt 2015; 44(S 01): 3
DOI: 10.1055/s-0035-1550618
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Update Antikoagulation 2015

Matthias Leschke
,
Johannes Brachmann
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Publication History

Publication Date:
16 April 2015 (online)

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege, liebe Leserin, lieber Leser,

anlässlich der 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim freuen wir uns, dass wir Ihnen zum vierten Mal ein aktuelles Supplementheft des klinikarzt zur Antikoagulation mit vielen spannenden Themen vorstellen dürfen. Wir haben dieses ehrgeizige Projekt kurzfristig in 4 Monaten realisiert, deshalb dürfen wir zunächst unseren Autoren, aber auch dem Thieme Verlag für diese rasche und kompetente Realisierung danken. Diese rasche Umsetzung garantiert aber auch ein in jeder Hinsicht aktuelles Update zu den wichtigsten Themen der Antikoagulation 2015.

Daniel Dürschmied und Christoph Bode gehen auf die aktuellen Konzepte der dualen Thrombozytenaggregationshemmung und auf ein pathophysiologisch interessantes „bimodales“ Konzept ein, wonach die Atherothrombose durch eine Kombination aus plasmatischer Antikoagulation und Thrombozytenhemmung behandelt wird. Es werden Aspekte, wie die zeitliche Länge der Plättchenhemmung, die Rationale der dualen Plättchenhemmung und neue Substanzen wie Cangrelor und Vorapaxar einschließlich der Tripel-Therapie diskutiert.

Mathias Antz und Mitautoren diskutieren die schwierige Thematik der Antikoagulation im hohen Lebensalter bei Patienten mit Vorhofflimmern, da bei diesen Patienten nicht nur das Thromboembolierisiko, sondern auch das Blutungsrisiko erhöht ist. Sie zeigen, dass bei adäquater Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten oder mit an Alter und Nierenfunktion angepasster Dosis der direkten oralen Antikoagulanzien (DOAKs) der klinische Nutzen einer oralen Antikoagulation höher ist als das Risiko schwerer Komplikationen.

Michal Droppa und Tobias Geisler präsentieren eine aktuelle Übersicht zur tiefen Beinvenenthrombose und der Lungenembolie. Es werden die derzeitigen Therapiekonzepte einschließlich der Behandlung mit den DOAKs und dem klassischen Therapieprinzip der Heparingabe, kombiniert mit den Vitamin-K-Antagonisten, diskutiert. Dabei sind die aktuellen Therapieansätze für die DOAKs von besonderem Interesse.

Auf das komplexe Kapitel „Vorhofflimmern und Arteriosklerose: Monotherapie, duale- oder Tripel-Therapie“ gehen Uwe Zeymer und Ralf Zahn ein. Eine Kombinationstherapie von oraler Antikoagulation und dualer Thrombozytenhemmung (Tripel-Therapie) ist allerdings mit einem erhöhten Risiko für Blutungskomplikationen verbunden. Es gibt eine kleinere Studie (WOEST) zur antithrombotischen Therapie bei diesen Patienten, die eine niedrigere Rate von Blutungen mit einer Kombination eines Vitamin-K-Antagonisten und Clopidogrel im Vergleich zur Tripel-Therapie gezeigt hat. Diese Befunde konnten in Registerdaten bestätigt werden, sodass der Trend zur Vermeidung einer Tripel-Therapie geht. Sie beleuchten auch die Problematik der verkürzten zeitlichen Behandlung einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung nach Stentimplantation und führen an, dass zur Dauertherapie eine alleinige orale Antikoagulation ausreichend ist.

Thorsten Lewalter und Klaus Thiemann zeigen die Problematik stattgehabter Blutungen oder eines relevant erhöhten Blutungsrisikos bei Patienten mit Vorhofflimmern, die eine besondere Risikogruppe für die Durchführung einer oralen Langzeitantikoagulation darstellen. Insbesondere der transvenöse Verschluss des linksatrialen Vorhofohres, als der wichtigsten Thromboemboliequelle bei Vorhofflimmern, bietet hier eine interessante therapeutische Alternative. So ist nach Maßgabe eines breit angelegten Expertenkonsens die Indikation zur Implantation eines Vorhofohrokkluders bei absoluter Kontraindikation gegenüber einer oralen Antikoagulation wie auch bei erhöhtem Blutungsrisiko zu diskutieren.

Dank innovativer Techniken für das ambulante EKG-Langzeitmonitoring gelingt es heute bei über 30 % der Patienten mit ischämischem Schlaganfall Vorhofflimmern nachzuweisen. Bernd Kallmünzer, Martin Köhrmann und Stefan Schwab diskutieren ganz aktuelle Aspekte, wonach paroxysmales Vorhofflimmern – anders als bisher angenommen – ein geringeres Schlaganfallrisiko als permanentes Vorhofflimmern birgt. Unklar ist der Stellenwert sehr kurzer, subklinischer Vorhofflimmerepisoden, die mittels Langzeitmonitoring gehäuft nachgewiesen werden.

Besonders Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz weisen ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern und ischämische Schlaganfälle auf. In diesem Kontext bestehen insbesondere bei Dialysepatienten Vorbehalte hinsichtlich des Einsatzes von oralen Vitamin-K-Antagonisten, da diese über spezielle Mechanismen das ohnehin schon erhöhte Gefäßverkalkungsrisiko dieser niereninsuffizienten Patienten noch deutlich weiter steigern. Darüber hinaus scheinen speziell Patienten mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz von einer Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten aufgrund eines erhöhten Blutungsrisikos nicht zu profitieren. In der Übersicht von Markus Ketteler werden diese aktuellen Aspekte diskutiert.

In einem eigenen Beitrag werden die aktuellen Vorgehensweisen beim perioperativen bzw. periinterventionellen Management der antithrombotischen Therapie diskutiert. Ein Bridging-Regime, das in der Regel mit einem erhöhten Risiko einer assoziierten Gefahr von Thrombosen und Blutungen verbunden ist, wird nur noch bei Patienten mit Kunstprothesen oder einem besonders hohen ischämischen Schlaganfallrisiko oder gerade stattgehabter Thrombose- und Lungenembolie perioperativ vorgenommen. So wird präferenziell die Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten für einen umschriebenen Zeitraum unterbrochen. Insbesondere für die DOAKs wird aufgrund der kurzen Halbwertszeit lediglich eine Therapieunterbrechung in Abhängigkeit der Nierenfunktion ca. 24 bis 48 Stunden vor dem geplanten Eingriff empfohlen.

Wir hoffen, Sie als Leser für die Lektüre dieser Beiträge zu gewinnen und würden uns freuen, wenn Sie für Ihre klinische Praxis wertvolle Anregungen und aktuelle Erkenntnisse gewinnen.

Ihre

Prof. Dr. med. Matthias Leschke,

Esslingen

Prof. Dr. med. Johannes Brachmann,

Coburg