Der Klinikarzt 2015; 44(10): 485
DOI: 10.1055/s-0035-1566175
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Kasusistk – Multiple Rezidive Clostridium difficile-assoziierter Diarrhöen (CDADs) nach pseudomembranöser Enterokolitis

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Publication Date:
04 November 2015 (online)

 
 

Im Rahmen der Diagnose einer Clostridium difficile-Infektion (CDI) liefern Enzymimmunoassays (EIA) zum Nachweis der Clostridium-Toxine innerhalb weniger Stunden ein Ergebnis. Angesichts einer Sensitivität zwischen 55 % und mehr als 90 % [ 1 ] ist das Ergebnis jedoch mehr oder weniger häufig falsch-negativ. Bei begründetem Verdacht kann deshalb auch bei negativem Toxintest eine CDI-Therapie erwogen werden. Ein Alter ≥ 80 Jahre erhöht die Mortalität von Patienten mit CDI deutlich (p < 0,001) [ 2 ] . Bei dialysepflichtigen Patienten scheint die Erkrankung ebenfalls mit einer gesteigerten Morbidität und Mortalität assoziiert zu sein [ 3 ] . Da der hier beschriebene Patient somit gleich in doppelter Hinsicht gefährdet war, wurde nach Diagnose einer pseudomembranösen Kolitis mit der antibiotischen Behandlung begonnen, obwohl der Toxintest den CDI-Verdacht nicht bestätigte.

Anamnese

Der 82-jährige Patient stellte sich im Dezember 2012 aufgrund seit Wochen andauernder und häufiger werdender Diarrhöen vor. Weitere Symptome bestanden nicht. An Vorerkrankungen waren bekannt:

  • schwere Herzinsuffizienz (Ejektionsfraktion 35 %)

  • dilatative Kardiomyopathie

  • koronare 3-Gefäß-Erkrankung

  • paroxysmales Vorhofflimmern unter prophylaktischer Therapie mit Phenprocoumon

  • insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2

  • chronische Niereninsuffizienz Stadium III

Der Patient war 13 Tage zuvor aus dem Krankenhaus entlassen worden, wo er antiobiotisch mit Clindamycin und Piperacillin/Tazobactam behandelt wurde. Während dieser Therapie traten Diarrhöen auf, die nach Absetzen der Antibiotika und unter probiotischer Therapie sistierten.


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Aufnahmebefund

Bei Aufnahme zeigte sich ein akutes Nierenversagen mit einer glomerulären Filtrationsrate von 14 ml/min. Es bestand eine Leukozytose (17 100 Leukozyten/µl) bei erhöhtem C-reaktivem Protein (CRP; 11,6 mg/dl), Hyperglykämie (250 mg Glukose/dl) und Hyperurikämie (15 mg Harnsäure/dl). Der Gerinnungsstatus lag unter prophylaktischer Therapie mit Phenprocoumon mit einer International Normalized Ratio (INR) von 3,2 oberhalb des angestrebten therapeutischen Bereichs. Der Patient war in schlechtem Allgemeinzustand, deutlich exsikkiert und wies Unterschenkelödeme auf.


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Weiterführende Diagnostik

Mikrobiologisch ließ sich zunächst kein C. difficile-Toxin A/B nachweisen. Tests auf weitere infektiöse Darmkeime waren ebenfalls negativ. Eine hohe Koloskopie zeigte das Bild einer ausgeprägten pseudomembranösen Enterokolitis (Abb. [ 1 ]).

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Abb. 1 Bild einer pseudomembranösen Enterokolitis.

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Therapie

Aufgrund dessen wurde der Patient auch ohne Nachweis des C. difficile-Toxins antibiotisch mit Metronidazol (4 × tgl. 400 mg) und Vancomycin (4 × 125 mg) behandelt. Hierunter sistierten die Diarrhöen. Eine etwa 3 Wochen nach der Erstuntersuchung erneut durchgeführte hohe Koloskopie ergab einen unauffälligen Befund.

Anschließend entwickelte der Patient erneut anhaltende Diarrhöen. Sein Allgemeinzustand verschlechterte sich deutlich.

Im Februar 2013 konnte erstmals C. difficile-Toxin nachgewiesen werden. Unter erneuter Therapie mit Metronidazol und Vancomycin in genannter Dosierung sistierten die Diarrhöen nicht, sodass ein Therapieversuch mit Rifaximin (off-label) unternommen wurde. Obwohl sich der Allgemeinzustand unter Flüssigkeitssubstitution stabilisierte, wurde kein positiver Effekt auf die Diarrhöen erreicht.

Der stationäre Verlauf verkomplizierte sich weiter durch die Entwicklung einer nosokomialen Pneumonie. Nach Beginn einer antimikrobiellen Therapie mit Piperacillin / Tazobactam kam es zeitnah zu einer Besserung der klinischen Symptomatik und einem Rückgang der Entzündungsparameter. Bei weiter anhaltenden Diarrhöen wurde eine Therapie mit Fidaxomicin (2 × 200 mg tgl.) über 10 Tage durchgeführt, worunter die Diarrhöen letztendlich sistierten. Anschließend war kein C. difficile-Toxin im Stuhl nachweisbar und der Patient konnte Ende Mai 2013 entlassen werden.


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Fazit für die Praxis

Bei komplizierten Verläufen von CDADs sind Alternativen zur Standardtherapie mit Metronidazol und Vancomycin dringend erforderlich.

Im vorliegenden Fallbericht führte Fidaxomicin bei unter Metronidazol und Vancomycin persistierender Diarrhö zur Ausheilung.

Wichtiger noch als die Therapie der C. difficile-assoziierten Diarrhöen muss die Prophylaxe durch eine rationale Antibiotikatherapie sein. Dies macht eine strenge Indikationsstellung zur antibiotischen Therapie unerlässlich.

Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Astellas Pharma GmbH.


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Dr. med. Stefan Langenfeld, Klinik für Geriatrie am St. Marien-Hospital, Köln



 
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Abb. 1 Bild einer pseudomembranösen Enterokolitis.